Mit Übung und Wissen zur perfekten Fuge
Anschlussfugen aus Silikon, zum Beispiel zwischen Wand- und Bodenfliesen, müssen dicht und trotzdem in der Lage sein, Bauteilbewegungen aufzunehmen. Zugleich sollen sie möglichst schön und gleichmäßig aussehen. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, braucht es viel Übung und das nötige Knowhow.
Oft beobachte ich in meinen Fugenseminaren nach dem theoretischen Teil, dass sich die Teilnehmer bei den praktischen Übungen mit der Fugenerstellung schwertun und mit dem Ergebnis unzufrieden sind. Woran liegt es, dass man auf YouTube oder anderen Plattformen dutzende von Silikonfugen-Arbeiten findet und trotzdem nicht das gleiche Ergebnis erreicht, wie im Video dargestellt?
Der zweite Schritt vor dem ersten
Der wichtigste Grund dafür, dass einem Fugen einfach nicht gelingen wollen, ist, dass man im Film den zweiten Schritt vor dem ersten sieht, der erste aber gar nicht erklärt wird. Wenn Sie eine Fuge im Bad, in der Küche oder woanders erstellen, sollten Sie folgende Punkte als erstes beachten:
1. Welche Hilfsmittel und Werkzeuge benötige ich?
2. Wo wird der Dichtstoff eingesetzt, und handelt es sich um eine schmale oder breite Fuge?
3. Welchen Dichtstoff soll ich verwenden? Wichtiger Hinweis: Es gibt keine Dichtstoffe für alle Situationen, aber es gibt für jede Situation einen passenden Dichtstoff.
4. Welche Form soll der Dichtstoff nach der Verarbeitung haben, Hohlkehle oder 45 Grad?
5. Wie bekomme ich eine glatte saubere Oberfläche?
Entspannt arbeiten
Ich möchte nun im Einzelnen die Punkte erläutern anhand eines Monteurs, der eine Küche aufstellt und das Ergebnis des Ganzen ist: Eine schöne und dichte Fuge im Anschlussbereich. Das gleiche gilt natürlich auch bei der Verlegung von Fliesen oder in anderen Gewerken, die solche Anschlussfugen herstellen müssen.
Vor den genannten Punkten ist es wichtig, dass Sie entspannt sind. Dies entpuppt sich oft als das Grundproblem. Denn wenn man den ganzen Tag lang mit einer Arbeit beschäftigt war, zum Beispiel einer Küchenmontage, kann es passieren, dass eigentlich schon Feierabend ist, das Projekt aber inklusive der Abdichtung unbedingt am selben Tag noch fertig werden muss. Dadurch entsteht Hektik, die sich zwangsläufig auf Ihre Fugenarbeit auswirkt. Das Ergebnis sind dann unzufriedene Kunden und noch längeres Verweilen vor Ort.
Hilfreich ist stattdessen, nach der Beendigung des ersten und aufwendigsten Arbeitsabschnitts trotz des Zeitdrucks eine kurze Pause einzulegen, sich hinzusetzen, einmal entspannt durchzuatmen und sich innerlich auf die kommende, ganz andere Aufgabe des Verfugens vorzubereiten. Holen Sie dann Ihre Utensilien zur Erstellung einer Fuge. Ihr Handwerkzeug sollte bestehen aus:
Kartuschenpresse, Cuttermesser (hier das Metallelement an der Spitze abkleben, um an weißen Fliesen schwarze Abriebstriche zu vermeiden), Wolllappen, Reiniger, Klebeband, Abziehwerkzeug, verschiedene Hinterfüllschnüre, verschiedene Düsen.
Vorarbeiten
Habe ich gut vorgearbeitet und die Fuge ist relativ schmal (5 mm) muss man nicht abkleben. Wenn man sich unsicher fühlt, ist ein Abkleben aber immer schneller und ergebnisfreundlicher, als den frischen Dichtstoff wieder entfernen zu müssen.
Dann muss ich wissen, welche Untergründe vorliegen (Holz, Kunststoff, Glas, Metall), um danach den geeigneten Dichtstoff auszuwählen, der sich mit den zu verbindenden Untergründen verträgt (kein verfärben oder erweichen) und eine stabile Haftverbindung eingeht. Bedenken Sie, dass Silikon unter anderem aus Silan, Vernetzer, Farbstoffen, Füllstoffen, Weichmacher und gegebenfalls fungiziden Zusätzen besteht und dass dieses Gemisch auf einen anderen Materialmix trifft. Die Bestandteile sollten untereinander keine negativen Wechselwirkungen haben.
Damit der Dichtstoff überhaupt eine Haftung zum Untergrund aufbauen kann, muss dieser von Ihrem Herstellungsschmutz, vom Schmutz Ihrer Handflächen oder losen Teilen wie Staub befreit werden. Dazu benötigt man einen Reiniger, der auf den Untergrund abgestimmt ist oder ein Universalprodukt wie Aceton. Auch Isopropanol hat sich bewährt. Nicht verwendet werden dürfen Nitroverdünner oder Reinigungsbenzin. Diese sind ölhaltig und hinterlassen einen Ölfilm, der die Verbindung des Dichtstoffs zum Untergrund massiv beeinträchtigt.
Für die Reinigung benötigt man außerdem einen nicht farbigen und groben Schlingen-Lappen, zum Beispiel weiße alte Handtücher. Papier von der Rolle ist nicht zu empfehlen, da dieses den Schmutz eher verschmiert als ihn aufzunehmen.
Wichtig: Lappen werden mit der Zeit schmutzig und können dann keinen neuen Schmutz mehr aufnehmen, sondern verteilen diesen nur auf den Haftflächen. Deshalb die Lappen regelmäßig wechseln.
Beim Reinigen ist es sinnvoll, die Haftflächen zu säubern. Flächen außerhalb der Haftfläche sind für die Haftung des Dichtstoffs uninteressant. Hier stelle ich sehr häufig fest, dass explizit die Haftflächen schmutzig sind, während die Umgebung gesäubert ist.
Sie reinigen von links nach rechts und umgekehrt, um den Schmutz zu lösen. Der letzte Reinigungsschritt ist das Aufdrücken des sauberen Lappens und das Ziehen in eine Richtung, damit der Schmutz aufgenommen werden kann und nicht wieder zurückgeschoben wird. Bitte nicht zu viel Reinigungsmittel auf den Lappen geben, weniger ist oft mehr!
Dichtstoff ausbringen
Jetzt ist die Haftfläche sauber, und Sie prüfen, ob die Fuge mehr als 3 mm hat. Dann wäre es ratsam, eine Hinterfüllschnur einzubauen, damit der Dichtstoff eine Geometrie bekommt, die ihm eine Bewegungsaufnahme ermöglicht und damit er beim Glätten nicht im Untergrund absackt. Ist ein saugender, staubiger, sandiger oder schwieriger Untergrund vorhanden, müssen die Haftflächen mit einem Primer behandelt werden, damit der Dichtstoff auf einen festen Untergrund trifft und nicht auf losen Sandkörnchen aufliegt. Jetzt schneiden Sie den passenden Dichtstoff und die Kartuschentülle auf. Sie können diese schräg (45 Grad) oder nach ihrem Gusto abschneiden. Die Breite der Düsenöffnung richtet sich nach der Fuge die entstehen soll. Zum Beispiel bei 4 mm Fugenbreite sollte der Düsenquerschnitt 6 mm betragen, damit die Düse über die offenen Fugen gleiten kann und nicht hineinfällt. Wird die Tülle zu breit aufgeschnitten, verliert die Fuge unnötig an Optik.
Bevor Sie anfangen, sollten Sie einen Karton nehmen und ein paar Bahnen mit Ihrer Presse und Kartusche ziehen, um sich auf die Bewegungen des Fugens einzustimmen, denn diese Arbeit unterscheidet sich von den bisher getätigten Bewegungsabläufen Ihres Gewerkes enorm.
Jetzt überlegen Sie, wie Sie spritzen wollen und legen dazu die Düse vollflächig auf, so dass kein Spalt zwischen Karton und der Düse ist. Egal wie Sie Ihre Düse abgeschnitten haben, die Düsenöffnung muss vollständig aufliegen!
Wie man die Pistole hält oder welche man verwendet, kann man von dem eigenen Wunsch nach Bequemlichkeit abhängig machen, daher sollte man ruhig verschiedene Pistolen ausprobieren und sich für die entscheiden, mit der man ein gutes Handling hat. Wenn die Düse aufliegt, können Sie am Kartuschen-Hebel ziehen und merken dann, wie sich der Dichtstoff aus der Kartusche den Weg durch die Düse zum Untergrund bahnt. Kurz danach trifft er auf den Karton, und das ist der Moment, in dem oft die Kontrolle verloren geht. Sie fangen an, schnell zu ziehen und langsam zu fahren oder umgekehrt. Das Ergebnis nervt Sie!
Daher versuchen Sie, auf dem Karton zu testen, was passiert, wenn Sie die Düse in verschiedene Richtungen öffnen oder was je nach Zuggeschwindigkeit im Verhältnis zur Druckstärke Ihres Kartuschen-Hebels passiert.
Sie werden nach ein paar Zügen feststellen, wie Sie die Düse aufdrücken müssen um ein gutes Ergebnis zu bekommen. Dies behalten Sie auch bei, wenn es in die Ecken geht, waagrecht wie senkrecht. Die Düse wird mit ihrer Öffnung aufgedrückt, aber ohne sie zu verbiegen.
Viele machen den Fehler, bei senkrechten Fugen die Düse von der Ecke wegzuhalten statt sie fest aufzusetzen. Dadurch gelangt zwar auch ein Dichtstoff-Strang oberflächlich auf die Fuge, wenn das Material aber nicht in die Ecke gepresst wurde und dadurch nicht in den Fugenhohlraum gelangt ist, gehen beim Abziehen 70 Prozent der Masse als Abfall verloren und die verbleibenden 30 Prozent können die belastenden Bauteilbewegungen nur über einen kurzen Zeitraum aufnehmen.
Vom Zusehen allein werden Sie eher keine guten Fugen erzeugen, da Ihnen die Befehlskette von der Schaltzentrale im Kopf zu Ihren Muskeln fehlt. Übung machte den Meister! Wenn Sie sich an die korrekte Ausführung zunächst am Karton herantasten und später an einem Holzwinkel üben, wird diese notwendige Verknüpfung zwischen Hand und Auge gebildet und abgespeichert. Perfekte, automatisierte Abläufe benötigen 1500 Wiederholungen bis diese konditioniert sind und man nicht mehr nachdenken muss.
Zum Verfugen legen Sie die Düse auf und ziehen am Hebel der Pistole. Wenn der Dichtstoff austritt, fahren Sie gleichmäßig an der Fuge entlang. Dabei immer aus Ecken herausarbeiten, da der Hohlraum einer Ecke zwei- bis dreimal größer ist als der der Geraden.
Fuge glätten
Befindet sich der ausgebrachte Dichtstoff in der Fuge, können Sie mit dem Abziehen beginnen. Nach der Wahl der Geometrie wird das Abziehwerkzeug ausgesucht und vor dem Abziehen die Fuge mit Glättemittel benetzt. Kein Spülmittel verwenden, da dieses von der Industrie nicht als Hilfsmittel zugelassen ist. Spülmittel enthält nämlich Zusätze wie Farb- und Duftstoffe, die die Fugen oder angrenzende Wände verfärben oder die Weichmacher des Silikons angreifen können.
Eine weitere Möglichkeit ist es, das Abziehwerkzeug mit Glättemittel zu benetzen und die Fuge trocken abzuziehen. Dies funktioniert aufgrund meiner Erfahrung nur in wenigen Situationen.
Auch das Abziehen sollte man vorher am Winkel üben, damit man das Abziehwerkzeug gut und sicher hält und nicht die Umgebungsfläche verschmiert. Ratsam ist es, den überschüssigen Dichtstoff beim Abziehen nach kurzer Strecke zu entsorgen (in Papier oder in eine leere Kartusche).
Hier empfiehlt sich „learning bei doing“. Schauen sie selbst was passiert, wenn Sie das Werkzeug so oder anders halten und abziehen.
In der Regel heißt es abziehen und nicht abschieben. Abschieben kann in manchen Situationen dennoch sehr hilfreich sein. Abschließend nehmen Sie die Finger und streichen ohne Druck über den Dichtstoff. Dieser Arbeitsschritt benötigt sehr viel Übung, da er das Finish darstellt. Ob Sie einen oder alle Finger bei geöffneter Hand nehmen bleibt Ihnen überlassen.
Üben Sie dies, indem Sie einen Dichtstoff auf einen Karton aufbringen, den Dichtstoff benetzen und versuchen sie dann, diesen zu verformen und zu glätten. Durch Beobachtung Ihres Handelns werden Sie erkennen, welche Schritte für Ihr Vorhaben wichtig sind, damit die Fuge glatt wird.
Meine Empfehlung
Je aufmerksamer und konzentrierter Sie den Dichtstoff auf den Fugenhohlraum spritzen, desto weniger Arbeit haben Sie mit dem Abziehen und eventuellen Korrekturen. Üben Sie zuhause oder in Ihrem Betrieb und nicht beim Kunden. Beim Kunden erstellen Sie eine Fuge, die Sie durch Übung erlernt haben.
AutorLesetipps
Bei Fugen an Bade- und Duschwannen gelten nach der Abdichtungsnorm DIN 18534 besondere Anforderungen.
Wer nur sehr selten Silikonfugen auszuführen hat, dem hilft unter Umständen ein pfiffiger Düsenvorsatz.