Holzzerstörende Organismen wie Pilze und Insekten auf der Baustelle erkennen und bewerten

Holzzerstörende Organismen wie Pilze und Insekten erfüllen in der Natur eine wichtige Recycling-Aufgabe, gelangen sie jedoch in Gebäude, können sie die Bausubstanz schädigen. In einem zweiteiligen Beitrag erklären wir, wie man die Schädlinge identifiziert und Gegenmaßnahmen ergreift. Teil 1: Pilze.

So wie seit Jahrmillionen Holz gebildet wird, zerstören Pilze und Insekten dieses. Der natürliche Kreislauf der Holzverwertung bietet einerseits den holzzerstörenden Organismen die Nahrungsgrundlage und andererseits verhindert er, dass wir im Holz „ersticken“.

Seit einigen 10 000 Jahren errichten Menschen Bauwerke aus Holz. Belege für deren Zerstörung und der Versuch dieses zu verhindern reichen bis etwa 6500 Jahre zurück. Während dieser Zeit haben sich wenige holzzerstörende Insekten und Pilze auf das in Gebäuden verbaute Werkholz spezialisiert. Heute rechnet man mit etwa 100 Pilzen und Insekten, die im Gebäudebestand vorkommen und eine praktische Bedeutung besitzen. Allerdings gibt es hinsichtlich der Häufigkeit und des Zerstörungspotentials sehr große Unterschiede. Aus diesem Grund muss die Schadensbeurteilung einem Fachmann beziehunsgweise Sachkundigen für Holzschutz überlassen werden. Denn nicht jede Fäulnis am Holz erfordert den Rückschnitt des Bauteils und nicht jedes Insektenschlupfloch macht eine Bekämpfung notwendig.

Verbreitungswege der Pilze

Bei den Pilzen handelt es sich um eine eigenständige Gruppe. Diese gehören weder zu den Pflanzen (Flora) noch zu den Tieren (Fauna). Bleibt man bei der lateinischen Gruppenbezeichnung, kann man die Pilze „Funga“ nennen. Diese Terminologie hat sich allerdings bis heute nicht etabliert. Alle Pilze, die in Gebäuden vorkommen können und das Holz zerstören, verbreiten sich auf zwei Arten. Zum einen – und dies ist der häufigste Verbreitungsweg – über Sporen. Hierbei handelt es sich um mikroskopisch kleine, kuglige oder bohnenförmige Gebilde von einigen µm Durchmesser. Zum anderen kann durch das Verschleppen infizierter Materialien ein neuer Pilzschaden entstehen.

Egal auf welcher Weise sich der Pilz verbreitet, er benötigt für sein weiteres Wachstum Wasser. Daneben müssen für ihn günstige Temperaturen und ein geeignetes Substrat (zum Beispiel Holz, Papier, Pappe) vorliegen. Aus dem Substrat werden enzymatisch Hauptbestandteile des Holzes (Zellulose und/oder Lignin) abgebaut. Erst einige Monate nach Beginn der Infektion kann sich der Pilz im Holz so weit entwickeln und etablieren, dass auch von Laien eine Fäulnis (morsches Holz) zu erkennen ist. Dabei unterscheidet man eine Weiß- und eine Braunfäule.

Letzteres kommt in Gebäuden häufiger vor. Die Intensität der Fäulnis varriert, je nach Pilzart, Einwirkdauer, Holzart, Feuchte und Temperatur sehr stark. Das heißt also, eine Fäulnis ohne Pilze gibt es nicht. Anders ausgedrückt: Nur das Wasser allein ist nicht die Ursache, dass Holz fault. Es ist immer ein Pilz mit beteiligt.

Identifikationsmerkmale

Anhand von Myzel und Fruchtkörper können Pilze makroskopisch identifiziert werden. In der Regel können dies erfahrene Sachverständige für Holzschutz im Gebäude vornehmen. Sind die Merkmale nicht eindeutig, wird die Pilzbestimmung im Labor durch Mykologen vorgenommen. Dafür müssen dann, unter Beisein von Holzschutzfachleuten, repräsentative und geeignete Proben entnommen und an das entsprechende Labor geschickt werden. Ein Laie sollte dies nicht durchführen, da es sonst zu Fehlinterpretationen kommen kann. Artspezifisch sind das Myzel und die Fruchtkörper vielfältig gestaltet. Das Myzel kann aus einzelnen Strängen, watteartigen Belägen, hautartigen Überzügen oder dicken Krusten bestehen. Die Fruchtkörper können mehrere Zentimeter dick und kompakt oder unter einem Millimeter dünn und labil sein. Daneben können gehirnartige, warzenartige, porige und blättrige (Lamellen) Strukturen in unterschiedlichen Ausdehnungen vorkommen. Die Farbvarianz am Myzel und den Fruchtkörpern ist ebenfalls sehr groß. Dabei muss man auch berücksichtigen, dass sich die Farbe bei ein und demselben Pilz während seiner Entwicklung auch ändern kann.

Aus diesem Grund können bei der nachfolgenden Vorstellung der am häufigsten vorkommenden Pilze nur die typischen Merkmale beschrieben werden.

Echter Hausschwamm  [Serpula lacrymans]

Der Echte Hausschwamm nimmt unter den holzzerstörenden Pilzen eine Sonderstellung ein. Aus diesem Grund ist er in zwei Bundesländern (Sachsen und Thüringen) entsprechend der Landesbauordnung meldepflichtig. Dieser Pilz kann, wenn er sich einmal im Wachstum befindet, auch trockenes Laub- und Nadelholz befallen. Durch sein Strangmyzel leitet er über mehrere Meter Wasser (andere Pilze können dies in ähnlicher Art und Weise) bis an das trockene Holz und bereitet es für den Abbau vor. Er erzeugt am Holz eine Braunfäule mit meist großkubischem Würfelbruch. Ein sicheres Erkennungsmerkmal ist dies jedoch nicht. Deutlicher kann man den Echten Hausschwamm an seinen rostbraunen Fruchtkörpern mit den weißen, wulstigen Zuwachsrand erkennen. Diese Fruchtkörper erzeugen in ihrer gefalteten, gehirnartigen Oberflächenstruktur sehr viele Sporen, die sich auf horizontalen Flächen als rotbrauner Staub ablagern. Das Myzel (Pilzgeflecht) ist anfangs weiß, später silbergrau gefärbt und überdeckt den Untergrund in der Regel vollflächig. Dabei wird zuerst eine watteartige, flauschige Struktur gebildet. Später entstehen dann hautartige Gebilde, in denen oft einzelne Stränge sichtbar sind.

Die Farbe ist oft hell bis schmutziggrau, in Ausnahmefällen auch braun gefärbt. Das Myzel lässt sich stets leicht vom Untergrund ablösen und ist beim Echten Hausschwamm nicht auf die Holzsubstanz angewiesen. Es kann meterweit vom Holz entfernt im Mauerwerk wachsen. Dabei werden kleinste Hohlräume, Risse und Kapillarporen genutzt. Diese Fähigkeit, sich unerkannt im Mauerwerk und unter dem Putz auszubreiten, macht seine sachkundige Bekämpfung besonders schwierig.

Brauner Keller- oder Warzenschwamm [Coniophora puteana]

Dieser Pilz bildet feines, anfangs weißliches, später braunes und im Alter dunkel- bis schwarzbraunes Oberflächenmyzel. Die Stränge liegen dem Substrat meist fest an und bilden wurzelähnliche Formen. Besonders auffällig sind diese Myzelstrukturen an hellen Putzoberflächen oder gekalktem Kellermauerwerk. Demgegenüber sind Myzele auf  Holzoberflächen eher unscheinbar und werden aufgrund des fehlenden Kontrastes oft übersehen. Das Myzel ist in der Lage, große Mauerwerksoberflächen bis zu mehreren Quadratmetern zu überwachsen. Konnte sich der Pilz beispielsweise von einem hölzernen Kellerregal ausbreiten, so kann er von dort auch durch Mauerwerkswände und durch die Kellerdecke in das Erdgeschoss wachsen. Der Fruchtkörper besitzt eine hellbraune bis dunkelolivbraune Färbung und ist nur wenige Millimeter dick. Der Zuwachsrand ist gelblichweiß bis gelblichbraun. Der Fruchtkörper liegt dem Substrat ebenfalls fest an, und es können warzenförmige Erhebungen zwischen 1 und 5 mm Durchmesser gebildet werden. Unter Umständen schimmern die Warzen perlmuttartig. Dieser Pilz erzeugt durch Zelluloseabbau eine Braunfäule am Laub- und Nadelholz. Der Würfelbruch ist oft sehr fein. Die optimalen Holzfeuchten liegen zwischen 50 und 60 Prozent. Aus diesem Grund tritt er oft an hölzernen Fußbodenaufbauten im nicht unterkellerten Erdgeschoss, im Keller und an intensiven Durchfeuchtungsstellen im Dach auf.

Weißer Breitsporiger Porenschwamm [Antrodia vaillantii]

Er ist einer von vielen Vertretern der Porenschwämme und zählt, wie der Braune Kellerschwamm, zu den Nassfäulepilzen. Das heißt, er benötigt für sein Wachstum eine Holzfeuchte oberhalb des Fasersättigungsbereichs (35 bis 50 Prozent). Seine Fruchtkörper bilden eine flache, weiße und porenbildende feste Schicht.

Das Myzel liegt dem Substrat fest an und kann ohne Zerstörung nicht oder schwer abgezogen werden. Seine Struktur ist feder- oder eilblumenartig. Fruchtkörper wie auch Myzel bleiben im Alter in der Regel (von Verschmutzungen abgesehen) schneeweiß.

Ähnlich wie der Braune Keller- oder Warzenschwamm können die Myzele auch an und im Mauerwerk wachsen. Der Pilz erzeugt eine typische Braunfäule und befällt Laub- und Nadelholz.

Eichenporling oder Ausgebreiteter Hausporling [Donkioporia expansa]

Dieser zu den Weißfäuleerregern gehörige Pilz befällt Laub- und Nadelholz gleichermaßen. Das Holz erscheint dann hell-faserig und ist elastisch. Da beide Hauptbestandteile vom Holz abgebaut werden, ist es zudem sehr leicht. Der Pilz benötigt für sein Wachstum eine langanhaltende Durchfeuchtung. Oft ist er im Traufbereich an Balkenköpfen, Fußpfetten und Mauerlatten anzutreffen. Auch an Fachwerkgebäuden aus Eichenholz findet am ihn sehr häufig.

Die Fruchtkörper sind wenige Zentimeter dick und bestehen aus enganliegenden Röhren (Poren). Es werden auch mehrere Schichten von Fruchtkörpern gefunden, die im Laufe der Zeit übereinander gewachsen sind. Dann können Fruchtkörperdicken von bis zu 10 cm gemessen werden. Junge Fruchtkörper sind zäh-elastisch, ältere korkig-holzig. Die polystyrolähnliche Myzelmasse besitzt eine schneeweiße Färbung und liegt dem Substrat als dickes Polster fest an. An der Myzeloberfläche befindet sich ein hautähnlicher, hell- bis dunkelbraun gefärbter Belag. Dieser ist oft gefaltet und erinnert an eine braune „Elefantenhaut“. Stränge werden nicht gebildet.

Ein typisches (müssen nicht immer vorliegen) Erkennungsmerkmal sind so genannte Guttationsflecken auf der Myzel- und Fruchtkörperoberseite. Hierbei handelt es sich um überschüssiges Wasser, das der Pilz aufgrund des Stoffwechsels ausscheidet und nach dem Abtrocken schwarze Flecken hinterlässt.

Tannen- oder Zaunblättling [Gloeophyllum spp.]

Dieser Pilz bildet konsol- oder leistenförmige Fruchtkörper mit Lamellen an der Unterseite aus. Die Fruchtkörper wachsen oft entlang von Fugen oder Holzrissen. Die Oberseite ist braun bis dunkelbraun gefärbt. Bei Lichtmangel können die Pilze geweih- bis strauchartige, unförmige zottige Gebilde oder knollige Strukturen bilden, die man „Dunkelfruchtkörper“ nennt.

Da die Pilze zu den „Substratpilzen“ gehören, wächst und entwickelt sich das Myzel hauptsächlich im Holzinneren. Erst wenn Fruchtkörper gebildet werden, wird ein Befall erkannt.

Durch die von den Pilzen erzeugte Innenfäule (Braunfäule) kann man davon ausgehen, dass sehr große Teile des Holzes bereits zerstört wurden. Er befällt ausschließlich Nadelholz.

Muschelkrempling [Paxillus panuoides]

Hierbei handelt es sich um einen sehr feuchteliebenden Nassfäulepilz. Die höchste Abbaurate am Holz wird bei Holzfeuchten um 60 Prozent erreicht. Dabei erzeugt der Pilz eine intensive Braunfäule.

Die Fruchtkörper besitzen eine zungen-, ohren- oder muschel- (Namensgebung) förmige Gestalt. Diese wachsen aus Fugen und Trockenrissen der Hölzer heraus. Dabei können einzelne oder in Gruppen auftretende Gebilde vorkommen. Deren Größe kann 1 bis über 10 cm betragen. Junge Fruchtkörper entstehen oft an Ausläufern von Strängen, an deren Enden sich kleine kuglige Gebilde befinden. Sehr früh (Fruchtkörperdurchmesser einige Millimeter) bilden diese sich in Form von Näpfen aus. Im Inneren erkennt man bereits Ansätze der Lamellenstruktur. An der Basis der Fruchtkörper sowie im Myzel tritt oft eine violette Verfärbung auf. Ausgewachsene Fruchtkörper besitzen eine ockerfarbene bis hellbraune Farbe, und der Rand ist zu den Lamellen hin „umgekrempelt“.

Die wurzelartig verzweigten Stränge liegen dem Substrat (fast ausschließlich auf Holz, sehr selten auf Mauerwerk) locker an und sind anfangs weißlich bis lehmgelb, später braun bis ockerfarben. Die Dicke der Stränge wird 2 mm kaum überschreiten, eher Bindfadendicke. Im Alter können diese mit dem Echten Hausschwamm verwechselt werden.

Lesetipps

Weitere Informationen zum Beispiel über Gegenmaßnahmen gemäß DIN 68800-4:2012-02 „Holzschutz – Teil 4: Bekämpfungs- und Sanierungsmaßnahmen gegen holzzerstörende Pilze und Insekten“ finden Sie in dem Beitrag Holzschädlinge wirksam bekämpfen.

In dem Beitrag Holz zerstörende Pilze in Deckenkonstruktionen geht es vor allem um die juristische Bewertung von verdecktem Pilzbefall beim Hausverkauf.


Autor

Dipl.-Ing. Ekkehard Flohr ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Holz- und Bautenschutz und Geschäftsführer eines Ingenieurbüros in Dessau.

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