Natürliche, unbedenkliche Werkstoffe
Aufgrund gestiegener Sensibilität gegenüber Schadstoffen in den eigenen vier Wänden müssen Handwerker wissen: Was ist drin, in den Baumaterialien, die verarbeitet werden? In der Restaurierung stellt sich diese Frage kaum, da damals wie heute meist mit natürlichen Baustoffen gearbeitet wird.
Will der Handwerker dem Wunsch des Kunden nach wohngesunden Baustoffen entsprechen, sollte er nur mit Produkten arbeiten, die aus natürlichen, nachwachsenden Rohstoff bestehen und deren Herstellung sowie Verarbeitung mit wenig Belastung für Mensch und Umwelt einhergeht. Noch besser eignen sich anwendungstechnisch erprobte, gesundheitsfördernde Stoffe, die der vielzitierten Wohngesundheit förderlich sind, ausreichend gegen schädliche Umwelteinflüsse schützen und darüber hinaus biologisch abbaubar sind. Zudem sollten sich diese Produkte natürlich auch bei akzeptablen Kosten handwerklich gut verarbeiten lassen und – nicht zu vergessen – optisch auch dem heutigen Wohngeschmack entsprechen.
Bewährte Werkstoffe in neuer Form
Die Vorteile bewährter unbedenklicher Baustoffe aus Ton für Dach, Wand, Decke und Boden werden vom Handwerk bereits vielfach genutzt. Das gilt auch für nachwachsende Holzarten. Natürliche Dämmmaterialen wie Stroh-, Kork- und Holzwolle, Holzmehl-, oder Holzfaserleichtplatten, mineralische Putze und Farben, Wachse, Öle sowie Kombinationen daraus werden allerdings noch zu wenig eingesetzt. Das gilt auch für die Vielfalt der Produkte aus Kalk. Die zahlreichen Möglichkeiten beim der Verarbeitung von Lehm – nicht nur am Denkmal, sondern auch beim Neubau und im Altbaubestand – werden angesichts der Vorteile noch in zu geringem Maße wahrgenommen.
Trotz der bekannten Skandale vergangener Jahrzehnte sind Asbest, Lindan, Lösungsmittel, Schwermetalle und andere Gifte am Bau weiterhin ein Thema. Der Handwerker wird besonders im Altbau mit diesen schlimmen Schadstoffen noch vielfach konfrontiert. Demgegenüber steht jedoch dem Handwerk heute eine ansehnliche Menge unbedenklicher, zeitweilig in Vergessenheit geratener, aber bewährter Werkstoffe in neuer Form und für verbesserte Verarbeitungstechniken wieder zur Verfügung. Ein Glossar mit einer Auswahl natürlicher Materialen lässt sich online auf www.bauhandwerk.de einsehen.
Für den Handwerker ist es nicht gerade einfach, stets den Überblick bei der Auswahl möglicher Arbeitsmittel zu behalten, da immer neue Baustoffe und Techniken den Markt geradezu überschwemmen. Dabei handelt es sich vorwiegend um Ausbaumaterial. Neben brauchbaren Neuheiten sind aber auch heute noch viele bedenkliche Angebote auf dem Markt, getarnt mit erfundenen Prädikatsiegeln und Gutachten angeblich unabhängiger Institute. Logos, Labels und Zertifikate auf der Grundlage nicht durchschaubarer Kriterien müssen als unseriös eingestuft werden. Materialien namhafter Hersteller mit Langzeiterfahrung und anerkannten Prüfsiegeln sollte im Zweifel immer der Vorzug gegeben werden.
Lehm, Tonziegel, Kalksandsteine, Porenbeton
Auf eine umfassende Darstellung aller natürlichen und unbedenklichen Werkstoffe mit allen Detailangaben muss im eingeschränkten Rahmen dieses Beitrags verzichtet werden. Unverzichtbare technische Merkblätter, Produktbeschreibungen und Verarbeitungsvorschriften stellen die Hersteller dem Handwerker auf Anfrage in der Regel gern zur Verfügung.
Lehm ist der Ökobaustoff schlechthin. Er ist ungiftig und reguliert die Luftfeuchtigkeit, speichert Wärme und spart Energie. Er bündelt Schadstoffe und wird in Putz, Steinen und armierten Platten eingesetzt. Stampflehm ist die Urform aller Schalungstechniken. Lehm wird in vielen Mörtel-, Putz- und farbig effektvollen Edelputzarten geliefert. Er benötigt nur etwa ein Prozent der Kosten, die zur Herstellung von Ziegeln und Stahlbeton anfallen und ist weltweit überall vorhanden. Wenige Millimeter Lehmedelputz bewirken bei schöner Optik schon eine Menge für gutes Raumklima. Selbst Gipskartonplatten sind als Untergrund geeignet. Auch eine gesetzlich geforderte Dämmung kann innen ausgeführt werden, ohne wertvolle Stuck- oder Fachwerkfassaden zu zerstören.
Tonziegel für Dach oder Wand bedürfen hier keines Kommentars über ihre Vorteile. Aber auch KS-Kalksandsteine sind mit ihrem guten Feuchtigkeits- und Temperaturausgleich bei hohem Schallschutz empfehlenswert. Bei Porenbetonstein mit wenig Zementzusatz werden die höheren Kosten für Fertigung und Aluminiumzusatz durch die sehr guten Wärmedämmeigenschaften aufgewogen.
Holz – der unverzichtbare Baustoff
Holz ist in seiner Vielfalt zum unverzichtbaren Baustoff beim modernen Hausbau geworden. Über 90 Prozent aller Fertighäuser bestehen aus Holzverbundkonstruktionen. Massive Holzbaukonstruktionen sind statisch hoch belastbar. Sachgerechte Auswahl, baulich richtige Konstruktion und langlebiger Schutz gegen Umwelteinflüsse sind dabei vom Handwerker gefordert. Holzwerkstoffe verschiedenster Art sind eine bewährte Ergänzung, innen genauso wie außen. Zu nennen sind Profilbretter, Sperrholz, Spanplatten sowie OSB- und MDF-Platten als Ergänzung zur Ständerbauweise. Leider sind immer noch Produkte mit schädlichem Formaldehyd oder anderen Schadstoffen auf dem Markt. Verantwortungsvolle Hersteller halten dagegen aber Grenzwerte ein.
Aus Holzabfällen hergestellte Holzweichfaserplatten eignen sich hervorragend für die Innendämmung. Sie sind durch holzeigne Harze als Bindemittel ohne Schadstoffe fest verfilzt. Die Platten zeichnen sich durch hohe Wasserdampfdurchlässigkeit, Wärmespeicherung und guten Schallschutz aus. Sie sind sogar umweltfreundlich kompostierbar.
Kork als Wand- und Bodenbelag mit widerstandsfähiger Oberflächeveredelung wird neben Massivparkett und Bodendielen wieder hoch geschätzt. Als Granulat verwendet und ohne bedenkliche Schadstoffe zeichnet sich Kork auch durch hohe Wärme- und Schallschutzwerte aus.
Mineralisches und pflanzliches Dämmmaterial
Natürliches Dämmmaterial kann mineralischen- oder pflanzlichen Ursprungs sein. Perlite ist beispielsweise mineralisches poröses Vulkangestein. Es brennt und verrottet nicht und ist ungeziefersicher bei sehr hohen Dämmwerten. Mit Asphalt beschichtet ist dieses grobkörnige Material sogar für den Außeneinsatz geeignet. Stroh, Flachs, Schilf und Hanf können vielfach als Dämmung oder – zum Beispiel in Leichtbauplatten – als Armierung eingesetzt werden.
Holzwollleichtbauplatten mit hohem Zement- und Magnesiumzusatz und geringer Wärmedämmung sind weniger empfehlenswert. Das gilt auch für die Schafwolledämmung sowie für Papier- und Zellulosedämmung mit ihren schädlichen Zusätzen gegen Ungeziefer und für ausreichenden Brandschutz.
Farben, Putze und Beläge
Farben, Putze, Boden- und Wandbeläge, natürlich und ökologisch unbedenklich, sind die beste Ergänzung der hier vorgestellten Baustoffe. Vielgestaltige Wand- und Fassadenfarben auf Silikatbasis sind seit über 100 Jahren kaum zu übertreffen. Leinölfarben und natürliche Öle und Wachse haben sich lange auf Holz-
untergründen bewährt.
Auch modifizierte natürliche Kalk-, Leim- und Lehmfarben genießen ebenfalls wieder hohe Wertschätzung. Und auch das gute alte Linoleum wird zunehmend wieder im öffentlichen und privaten Bereich eingesetzt. Das gilt genauso für natürliche Kokos- und Sisalbodenbeläge. Bei Heimtextilien hat die Kundschaft zu Leinen, Wolle und Seide zurückgefunden.
Autor
Hans Jürgen Ronicke ist Malermeister, Innenarchitekt WKS, Restaurator im Handwerk und freier Autor der Zeitschrift bauhandwerk. Er lebt und arbeitet in Wittenberg.
Die zahlreichen Vorteile des Baustoffes Lehm werden in zu geringem Maße wahrgenommen
Aus Holzabfällen hergestellte Holzweichfaserplatten lassen sind sogar kompostieren
Glossar: Natürliche Werkstoffe
Als pdf zum Download finden Sie hier ein Glossar mit einer Auswahl natürlicher Werkstoffe und ihrer Verwendung, zusammengestellt von bauhandwerk-Autor Hans Jürgen Ronicke.