Oberflächenqualitäten im Trockenbau
Ob die geforderte Qualität der Oberfläche einer Trockenbauwand (Q1 bis Q4) frei von Mängeln erreicht wurde, zeigt sich im Streiflicht. Sauber ausgeführt sind die Flächen ein wirklicher „Hingucker“ und ein Aushängeschild für die Handwerkskunst.
Der Trend zu hochwertigen Oberflächen bietet dem Fachunternehmer die Chance, sein Können unter Beweis zu stellen und sich so einen guten Namen zu erarbeiten. Wer als Betrieb die Erstellung von Trockenbauflächen in komplexen Beleuchtungssituationen anbietet, muss daher wissen: Eine Q2-Standardverspachtelung reicht bei großen Fensterflächen und komplexen Beleuchtungssituationen bei weitem nicht aus. Hier ist mit Streiflicht aus allen Richtungen zu rechnen und der Kunde akzeptiert bei solch gehobenen Anforderungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine sichtbaren Fugenabzeichnungen, die bei einer Q2-Ausführung sehr wahrscheinlich zu Tage treten werden. Eine Q2-Ausführung mit zwei Spachtelgängen (Füllen der Stoßfugen, Überspachteln der Befestigungsmittel sowie ein breiteres Ausspachteln der Fugen) ist nur für mittel und grob strukturierte Wandbekleidungen (Raufasertapeten) und matte füllende Anstriche, die strukturiert aufgetragen werden (zum Beispiel mit einer langfaserigen Lammfellrolle) oder für Oberputze mit Korngröße > 1 mm geeignet. Fugenabzeichnungen bei Streiflicht sind hier nicht auszuschließen und sogar wahrscheinlich.
Q3 – Hohe Qualität wird immer öfter nachgefragt
Da große verglaste Flächen und indirekte Beleuchtungen bei Architekten sehr beliebt sind, werden an die Verspachtelung der Trockenbauflächen höhere Qualitätsansprüche gestellt. Haben Bauherren bis vor einigen Jahren eine Q3- oder gar Q4-Verspachtelung eher selten nachgefragt, verschiebt sich heute der geforderte Spachtelstandard immer mehr in Richtung Q3-Verspachtelung.
Betrachten wir als Beispiel die Filialen eines Modehauses. Die ausgestellten Modestücke werden durch unzählige Scheinwerfer so ins rechte Licht gerückt, dass Streiflicht aus allen Richtungen auf die Deckenflächen fällt. Modehäuser versuchen dem Kunden eine „perfekte Wohlfühlatmosphäre“ zu bieten, um die dargebotenen Kleidungsstücke perfekt erscheinen zu lassen. Je perfekter alles wirkt, desto mehr wird verkauft. Es geht in diesem Fall also nicht nur um Ästhetik. Sichtbare Fugen werden dort somit meist nicht akzeptiert.
Das Mittel der Wahl für eine Trockenbaudecke wäre in einem solchen Fall mindestens eine Q3-Verspachtelung, um Fugenabzeichnungen weitgehend zu vermeiden. Eine Q3-Verspachtelung beinhaltet über Q2 hinausgehend ein nochmaliges breiteres Ausziehen der Fugen sowie ein vollflächiges dünnes Abspachteln der gesamten Gipskartonoberfläche zum Verschluss der Kartonporen. Ziel des vollflächigen Abspachtelns ist das Vereinheitlichen des Saugvermögens von gespachtelter Fuge und Gipskartonplattenoberfläche, denn ein herkömmliches Spachtelmaterial saugt deutlich mehr Farbe auf als Karton. Bei komplexen Beleuchtungssituationen würde man ohne das vollflächige Überziehen der gesamten Oberfläche mit Spachtelmaterial die Struktur- und Dickenunterschiede im Farbauftrag als Fugenabzeichnung wahrnehmen. Q3-Oberflächen sind daher zwingend notwendig für feinstrukturierte Wandbekleidungen (Glasvliestapeten), matte, nicht strukturierte Anstriche oder Beschichtungen (zum Beispiel mit einer kurzfaserigen Mohair-Rolle aufgebrachte Dispersionsfarbe) oder Oberputze mit einer Korngröße < 1 mm. Fugenabzeichnungen bei Streiflicht sind hier zwar weitgehend, aber trotzdem nicht völlig auszuschließen.
Q4 – Perfekte Oberflächen für das beste Ergebnis
Möchte man Fugenabzeichnungen praktisch ganz vermeiden – also weitestgehend ausschließen – muss man Oberflächen in Q4-Qualität herstellen. Dazu wird aufbauend auf Q2 eine mindestens 1 mm dicke Spachtelschicht aufgetragen. Q4-Oberflächen sind geeignet für glatte oder strukturierte glänzende Wandbekleidungen (zum Beispiel Metall- oder Vinyltapeten), Lasuren oder Anstriche beziehungsweise Beschichtungen bis zu mittlerem Glanz sowie für Stuccolustro oder andere hochwertige Glätte-Techniken.
Bei aller Sorgfalt: Absolut ebene und schattenfreie Oberflächen sind handwerklich nicht herstellbar. Bei Q4-Oberflächen werden unerwünschte Effekte wie beispielsweise wechselnde Schattierungen oder minimale örtliche Markierungen zwar weitestgehend vermieden, lassen sich aber nicht völlig ausschließen, da die Lichteinflüsse durch Glasfronten je nach Tages- und Jahreszeit stark variieren. Die für die spätere Nutzung vorgesehenen Lichtverhältnisse bei künstlicher Beleuchtung müssen bei der Herstellung einer Q4-Oberfläche zum Zeitpunkt der Spachtelarbeiten bereits vorhanden oder bekannt sein. Ein nachträgliches seitliches Ableuchten der Wände, etwa mit einem Halogenstrahler, ist nicht zulässig!
Typischer Anwendungsfall für eine Q4-Verspachtelung in Verbindung mit einer glatten Endbeschichtung wäre ein Gebäude mit geschossübergreifender Glasfront, wie man sie in Dachgeschoss-Giebelwänden oder in Treppenhäusern findet. In einem solchen Fall wird der Bauherr sehr wahrscheinlich keine Fugenab-zeichnungen akzeptieren. Ideal geeignet ist hier eine verarbeitungsfertige Gipsspachtelmasse wie zum
Beispiel „Knauf Fill & Finish Light“, die Untergrundunebenheiten optimal füllt und spiegelglatte Oberflächen erzeugt.
Hohe Qualität bei schneller Verarbeitung
Mit diesem Spachtel-Know-how im Hintergrund hat der Fachunternehmer einen deutlichen Wettbewerbsvorsprung. Zwar kostet effizientes Material einige Cent mehr je Quadratmeter, jedoch werden aufgrund von deutlich schnellerer Verarbeitung mehrere Euro je Quadratmeter eingespart. Das Wichtigste jedoch ist ein begeisterter Bauherr: Die Baustelle ist deutlich schneller fertig, die Oberflächenqualität ist meisterhaft und Fugenabzeichnungen gehören der Vergangenheit an.
Werden Anregungen zur Fugentechnik benötigt oder gibt es Unklarheiten, stehen Knauf Vorführmeister mit ihren Spachtelmobilen jedem Fachunternehmer kostenfrei mit Rat und Tat zur Seite und kommen mit Know-how, praktischen Tipps, Material und Werkzeug direkt auf die Baustelle. Der Trend hin zu Q3- und Q4-Oberflächen und das dazugehörige Spachtel-Know-How eröffnen dem Fachunternehmer die lukrative Chance, gezielt Q3- und Q4-Oberflächen zu verkaufen.
Die höheren Materialkosten – von nichts kommt nichts – werden durch die deutliche Arbeitsersparnis um ein Vielfaches kompensiert. Bestes Argument für eine hochwertige Verspachtelung ist das Anlegen einer Musterfläche. Zwar ist jede Musterfläche mit einem gewissen Aufwand verbunden, jedoch wird der Fachunternehmer als transparenter und kompetenter Fachbetrieb wahrgenommen, der sich vom Wettbewerb positiv abhebt. Die Erfahrung zeigt: In der Mehrzahl der Fälle „begreift“ der Bauherr anhand der Musterfläche schnell, dass es sich lohnt einen adäquaten Preis für eine hochwertige Verspachtelung zu bezahlen.
Autorin
Petra Stöcklein leitet das Team Marktmanagement Trockenbau bei der Knauf Gips KG in Iphofen.
Bei aller Sorgfalt: Absolut ebene und schattenfreie Oberflächen
sind handwerklich nicht herstellbar!