Spitze
Scharfkantiger Trockenbau im Militärhistorischen Museum der Bundeswehr in Dresden

Die Spitze des von Daniel Libeskind vor die historische Fassade des Militärhistorischen Museums der Bundeswehr in Dresden gesetzten Keils zeigt auf die im Zweiten Weltkrieg zerstörte Stadt. Im Inneren erweist sich der scharfkantige Trockenbau als Fortführung dieser zerstörerischen Geste und als handwerkliche Spitzenleistung, mit der die Baierl & Demmelhuber Innenausbau GmbH aus Töging als Sieger aus der Rigips Trophy ‘11 hervorging.


Das im Herbst vergangenen Jahres in Dresden eröffnete Militärhistorische Museum der Bundeswehr ist ein in vielerlei Hinsicht herausragendes Gebäude. Daher haben wir in bauhandwerk
1-2.2012 bereits ausführlich über den aus Metalllamellen vor die historische Fassade gesetzten, transparenten Keil und dessen Weiterführung im Inneren aus Sichtbeton berichtet. Was wir damals unerwähnt


gelassen haben, war der trockene Innenausbau. Das holen wir nun aus aktuellen Anlass nach, denn die Baier & Demmelhuber Innenaubau GmbH hat für ihre hervorragenden handwerklichen Leistungen im Militärhistorischem Museum die Rigips Trophy ‘11 gewonnen.  


Keilförmiger Neubau durchdringt historischen Bestand

Nach siebenjähriger Umbauzeit zeigt das Militärhistorische Museum der Bundeswehr seit Oktober 2011 über 10 500 Exponate aus mehreren Jahrhunderten Armeegeschichte. Konzeptionell bietet es zwei Zugänge zur Militärgeschichte, die sich architektonisch und durch die Ausstellungsgestaltung unterscheiden: Während im Neubau thematische Querschnitte gezeigt werden, ermöglicht der Altbau einen chronologischen Rundgang.

Nach Entwürfen des Architekten Daniel Libeskind entstand mit der Neugestaltung ein weiterer symbolträchtiger Museumsbau in Deutschland. Der neue keilförmige Baukörper durchdringt im Inneren immer wieder den massiven Altbau und eröffnet dem Besucher auf zahlreichen Ebenen faszinierende Perspektiven und Ausblicke. Die Spitze des Keils eröffnet in 30 m Höhe einen spektakulären Blick über Dresden und ragt nicht ohne Grund in eine ganz bestimmte Richtung: Sie weist genau auf jene Stelle, an der in der Nacht vom 13. Februar 1945 die ersten Bomben der Alliierten abgeworfen wurden. Daniel Libeskind schuf damit zugleich ein Mahnmal, das nachfolgende Generationen an die dramatischen Folgen des von Deutschland ausgelösten Zweiten Weltkrieges erinnert.

 

Die Herausforderung der Schräge

Auch die Wände folgen im Neubau den keilförmigen Schrägen. Sie stehen damit in klarem Kontrast zu dem horizontal ausgerichteten Säulen- und Raumraster des Altbaus. Der umbaute Raum im Neubau entstand aus positiv und negativ geneigten Stahlbetonwänden. Für eine unsichtbare Installation der kompletten technischen Gebäudeausrüstung wurden vollflächig beplankte Vorsatzschalen geplant, die die teilweise bis zu 25 m hohen Stahlbetonwände mit ihren unterschiedlichen Neigungswinkeln ummanteln (bis auf die Sichtbetonwände). Die Unterkonstruktion der Schalen musste die aus deren Neigungen resultierenden, teils immensen Hebelkräfte kompensieren. Dabei sollte sie so leicht wie möglich sein, da die Geschossdecken aus statischen Gründen nicht zusätzlich belastet werden sollten. Die Statik sah zunächst eine Unterkonstruktion aus Stahl vor. Nachdem sich die Herstellung und Montage einer solchen Stahlkonstruktion aber als sehr aufwändig erwiesen hatte, wurde nach einer Alternative gesucht. Eine filigrane und zuverlässige Lösung fanden Bauherr und Architekt schließlich in einer Konstruktion aus Trockenbauprofilen und Systemkomponenten von Rigips.

„Trockenbaukonstruktionen basieren typischerweise allerdings auf lotrecht stehenden Wänden und waagerecht montierten Decken. Im Fall des keilförmigen Baus des Militärhistorischen Museums konnten wir daher nicht auf standardisierte Lösungen zurückgreifen“, erläutert Josef Stummvoll, der verantwortliche Projektleiter von Baierl & Demmelhuber aus Töging. Die realisierte Lösung erforderte das handwerkliche Geschick der Trockenbaumonteure von Baierl & Demmelhuber, die für die Konstruktionen auf ausgewählte Systeme von Rigips zurückgriffen. „Mithilfe genauer statischer Berechnungen über die wirkenden Vertikalkräfte wurde eine Lösung entwickelt, die sich aus den Rigips-Systemen 3.21.00 für rückverankerte Wandbekleidungen und 4.05.71 für Montagedecken mit CW-Profilen zusammensetzte. Da die CW-50-06-Profile gegenüber den CD-Profilen eine höhere Steifigkeit aufweisen, konnte der Abstand für die Rückverankerungen an den Wandschrägen auf maximal 2000 mm vergrößert werden. Für die Beplankung wurde eine doppelte Lage der Rigips Bauplatten RB 12,5 mm montiert“, so Josef Stummvoll weiter.

 

Arbeiten in bis zu 25 m Höhe
mit höchstem handwerklichen Anspruch

Die Einbauhöhen lagen teilweise bei bis zu 25 m und erforderten besondere Montagegerüste und Teleskop-Hebebühnen. Dies führte allerdings zu einem stark eingeschränkten Arbeitsbereich. Die Gesamtfläche konnte nur in einzelnen Teilflächen bearbeitet werden, hatte jedoch höchsten Anforderungen zu genügen: So mussten die nötigen Gebäudebauteil- und Dehnfugen aufgenommen werden. Hinzu kamen Fugen, Kanten, Verschneidungen, Anschlüsse und Stöße, die in hoher Präzision ausgeführt werden sollten, um die dramatische Architektur deutlich herauszustellen. Ein aufwändiges Spiel aus künstlichem Licht, Tageslicht und indirekter Beleuchtung stellte zusätzliche Ansprüche an streiflichtfreie Oberflächen, die mindestens in Q 4 ausgeführt werden sollten. Nach der Grundverspachtelung erfolgten – abgestimmt auf die jeweiligen Montage- und Oberflächensysteme – bis zu fünf weitere Verspachtelungsgänge und Zwischenschliffe, händisch ausgeführt. „Dies hat die Monteure, Spachtler und Oberflächentechniker zusätzlich vor hohe Herausforderungen gestellt“, berichtet der Projektleiter. „Sie mussten sich für dieses Projekt eine individuelle und angepasste Arbeits- und Montagetechnik aneignen.“

Je nach erforderlichem Installationszwischenraum wurde bis zu einer Ausladung der Wandschräge von 75 mm mit dem Rigips-Justierschwingbügel gearbeitet. Für breitere Installationszwischenräume mit mehr als 75 mm Ausladung wurden spezielle U-förmige Kantteile aus 1 mm dickem Stahlblech verarbeitet, die in der Schlosserei von Baierl & Demmelhuber gefertigt wurden.

 

Verformungsfreie und sichere Befestigung
auch für größere Lasten

Um sicherzugehen, dass die CW-Profile sich aufgrund der einwirkenden Lasten an den schrägen Wänden nicht verformen und die Befestigungen ausreißen, wurden vor Montagebeginn Auszugsversuche durchgeführt. So wurde das Verformungsverhalten des Profils in Abhängigkeit vom verwendeten Dübel und dem vorhandenen Untergrund direkt vor Ort geprüft. Den verwendeten Keilnagel (Hilti DBZ 6/4,5) drehten die Handwerker zentrisch in das CW-Profil ein – mit Erfolg: Auch bei einer Zugkraft von 0,5 kN wurden keinerlei Verformungen sichtbar.

Besonders großvolumige Lüftungskanäle erforderten in Teilbereichen der Wände Ausladungen von bis zu 600 mm. Angesichts der dort zu erwartenden Kräfteverhältnisse war zu befürchten, dass sich die verwendeten U-Kantteile ausbeulen, so dass hier die Konstruktion von Baierl & Demmelhuber nochmals angepasst wurde: Die U-Kantteile ersetzten die Monteure in diesen Bereichen gegen vor Ort gefertigte Kastenträger aus 0,5 mm dicken Stahlblechtafeln und die CD-Profile gegen UW-50-Profile. „Um auch hier eine Verformung der Konstruktion ausschließen zu können, haben wir vor Ort kurzerhand Belastungsprüfungen vorgenommen“, berichtet Josef Stummvoll. „Selbst bei einer Beplankung mit sieben Lagen Bauplatten konnten keinerlei sicht- oder messbare Verformungen festgestellt werden. Mit dem Versuch konnte also eine mehr als dreifach höhere Sicherheit als erforderlich nachgewiesen werden.“ Zusätzlich wurden die Vorsatzschalen horizontal gegen ein Verschieben mithilfe von Diagonalstreben aus UW-50-Profilen gesichert.

 

Nachbildung der Kreuzgewölbe

Da der Neubau den Bestand durchdringt, mussten historische Bauteile weichen. Daher brauchte man eine präzisen Übergang zwischen Alt und Neu. Dort, wo die schrägen Wände durch den Altbau schneiden, wurden die angeschnittenen Gewölbe in Trockenbauweise rekonstruiert. Soweit möglich wurde die Unterkonstruktion in den hauseigenen Werkstätten vorgefertigt. Eine handwerkliche Herausforderung lag in der Anpassung der Unterkonstruktion an die historischen, nicht vollkommen symmetrisch platzierten Stützen. Die Deckenkonstruktion musste sowohl im Biegeradius als auch in der Spannweite vor Ort genau angepasst werden. Dabei verliefen die Bezugspunkte über alle Gebäudeebenen schräg und durchzogen die Kreuzgewölbe unregelmäßig. So ergaben sich viele Anschluss- und Verschnittdetails. Hinzu kam eine
10 cm breite Schattenfuge, die den Altbau mit seinen Gewölben klar vom Neubau trennt.

 

Autoren


Martin Büsch ist Leiter Kommunikation und Marketing, Karin Melder, Projektmanagerin für Messen, Events und Promotion bei der Saint-Gobain Rigips GmbH in Düsseldorf.

Die teilweise bis zu 25 m hohen Stahlbetonwände wurden vollflächig mit einer Vorsatzschale beplankt

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