Stichsäge von Mafell im Praxistest
Stichsägen sind sehr universell einsetzbare Elektrowerkzeuge, die von den verschiedensten Gewerken für zahlreiche Arbeiten genutzt werden. Oft kommen sie auch dort zum Einsatz, wo eigentlich eine Kreissäge oder eine Fräse die Maschine der Wahl wäre. Wir haben die neue Stichsäge P1cc von Mafell in der Tischlerei Ströer getestet.
Als mich der Maschinenkoffer mit der neuen Mafell P1cc erreichte, fiel mir als erstes ein markiger Satz der Reklamestrategen ins Auge, nach welchem die Stichsäge nämlich „Das neue Maß für Präzision und Kraft“ darstellen sollte. Starke Worte, die mich nachdrücklich motivierten, wenn nicht gar herausforderten. So erinnerte ich mich meiner als Schreiner absolvierten Berufsjahre und machte mich kritischen Blicks ans Werk, dankenswerterweise und mit großem Engagement unterstützt vom Inhaber der Tischlerwerkstätten Ströer in Harsewinkel, Benno Ströer, sowie dessen geduldigem Werkstattleiter, Martin Schulmann.
Um es gleich vorwegzunehmen, die Schwaben haben nicht übertrieben: Mit einer Leistungsaufnahme von stattlichen 900 W ist die P1cc ein wahrer Muskelprotz und die stärkste aller Maschinen im beobachteten Marktsegment (siehe Tabelle oben). Auch die angegebene maximale Schnitttiefe von 140 mm in Holz – eine in der Praxis sonst zu vernachlässigende Kennzahl – scheint rekordverdächtig.
Schon bei den ersten Handhabungen fällt die hervorragende Verarbeitung auf. Dass die bullige Säge laut Herstellerangaben mit 2,5 kg das gleiche Gewicht auf die Waage bringen soll wie ihre Mitbewerber, überrascht zunächst. Die Auflösung dieses scheinbaren Widerspruchs erklärt sich durch einen Blick ins Gehäuse, wo die neuen Cuprex-Motoren ihre Arbeit verrichten. Deren Technologie, die in den Modellbezeichnungen durch ein kleines „c“ angezeigt wird, kommt inzwischen auch in Mafells leistungsstarken Zimmereimaschinen zum Einsatz. In den Cuprex-Motoren sorgt ein größerer Ankerdurchmesser für mehr Drehmoment, während gleichzeitig dank eines stärkeren Kupferdrahts in der Wicklung die Leistungsverluste reduziert werden. Tatsächlich spendierten die Maschinenbauer den Aggregaten etwa 30 Prozent mehr Kupfer, und das zahlt sich offenbar aus; denn das Konstruktionsprinzip ermöglicht beispielsweise bei einer Nennleistung von 3000 Watt eine vorübergehende Aufnahme von 50 Ampère – und das entspricht einer kurzzeitigen Nennleistung von über 10 000 Watt! Eine digitale Elektronik, der so genannte Sanftanlauf, die stufenlose Drehzahlregulierung, eine Drehzahlabsenkung im Leerlauf, konstante Drehzahlen unter Last sowie ein Überlastschutz sorgen für die Langlebigkeit der Motoren.
Robustes Werkzeug plus Hilfsanschläge
Die Maschine liegt gut in der Hand, sofern diese nicht allzu zierlich ausfällt. Ihre Grundplatte ist verwindungsfest und stabil, was sich spätestens dann auszahlt, wenn die Säge im täglichen Gebrauch zum ersten Mal von der Leiter fällt. Die Größe der Platte – sie steht seitlich deutlich über das Maschinengehäuse hinaus – sorgt auch bei geringem Andruck an das ebene Werkstück für eine ausreichende Führung; beim freihändigen Anwinkeln (etwa beim Hinterschneiden) sowie bei Arbeiten in engen Winkeln und Ecken (zum Beispiel in bereits montierten Kurpussen) wirkt die Größe der Platte naturgemäß etwas störend. Ihre Verstellung erfolgt werkzeuglos und komfortabel. Für definierte Winkelschnitte muss die Platte allerdings gegen eine hierfür vorgesehene ausgetauscht werden. Leider war diese im Lieferumfang nicht enthalten und muss offenbar als Zubehör extra bestellt werden – ein ärgerliches Manko, das beim Preis der P1cc nicht zu rechtfertigen ist. Hier haben die Erfinder der Baustellen- und Werkstattlegende „Erika“, der ersten Unterflurzugsäge, leider am falschen Ende gespart.
Äußerst positiv hingegen sind die Hilfsanschläge (zum Teil auch optional) zu bewerten. Wir haben exemplarisch den Zirkelanschlag ausführlich getestet und in Verbindung mit der Stabilität der Konstruktion und der Laufruhe des Motors sehr befriedigende Ergebnisse erzielt. Der ebenfalls werkzeuglose Blattwechsel ist weitgehend unproblematisch; hier sollte allerdings darauf geachtet werden, dass das Sägeblatt ganz einrastet. Der Hebel lässt sich nämlich auch schließen, wenn dies nicht der Fall ist, und dann kann ein Blatt – wie im Test geschehen – schon mal im Werkstück stecken bleiben.
Made in Germany
Im Bereich der Profimaschinen sollte der Preis bei der Anschaffung nicht die Ausschlag gebende Rolle spielen, weil er sich, über viele Betriebsstunden kalkuliert, in aller Regel schnell relativiert. Dennoch ist festzustellen, dass der Preis der Mafell P1cc im Vergleich zur Konkurrenz ebenfalls eine Spitzenposition erreicht. Der Fairness halber sollte man allerdings bedenken, dass der Mittelständler Mafell (der Name ergibt sich aus der historischen Zusammenlegung der Worte Maschinenfabrik Fellbach), der inzwischen im schönen Oberndorf am Neckar ansässig ist, eine allgemeine Fertigungstiefe von 85 Prozent, bei den zuvor beschriebenen Motoren sogar von 100 Prozent, nachweisen kann. Solche Zahlen, von denen der ebenfalls in Schwaben beheimatete Autohersteller Mercedes längst nur noch träumen kann, rechtfertigen das Prädikat „Made in Germany“ in beispielhafter Weise. Handwerker, die hierauf Wert legen, können sicher sein, ein im Inland hergestelltes Produkt zu erwerben.
Testergebnis: sehr positiv und daher empfehlenswert
Wer eine robuste und kraftvolle Stichsäge für den alltäglichen professionellen Einsatz sucht und von hervorragender Verarbeitung sowie von durchdachtem Zubehör profitieren möchte, der ist mit der Mafell P1cc gut beraten. Der hohe Anschaffungspreis lässt sich über die Qualität sowie über die Leistungsreserven rechtfertigen, denn was diese Maschine nicht schafft, das schafft wohl auch keine andere.
Mein persönlicher Gesamteindruck und somit das Testergebnis der Mafell P1cc fallen äußerst positiv aus. Und der Kollege Martin Schulmann sieht das wohl ähnlich, denn als ich die Maschine am Ende der mehrtägigen Tests wieder einpackte, entfuhr dem erfahrenen Werkstattleiter der Tischlerwerkstätten Ströer ein spontanes „Schade“.