Verklebt und übergestülpt
Im „Hamerling“ in Wien war einst das kaiserliche und königliche kartographische Institut. Das Gebäude wurde saniert, die Fassade gedämmt. Die Gesimse baute man aus Dämmstoff nach. Das Hauptgesims besteht aus ganzen 100 Einzelteilen. Wir erklären, wie es montiert wurde.
Das „Hamerling“ ist ein prächtiges Bauwerk mit großem Mitteltrakt, zwei Seitenflügeln und einem Innenhof. In dem historischen Prachtbau werden seit 2015 Luxus-Wohnungen vermietet. Außerdem gibt es jetzt eine Seniorenresidenz mit betreutem Wohnen im Haus. Das Gebäude wurde, abgestimmt mit dem Denkmalschutz, unter strengen Auflagen kernsaniert. Die Fassade wurde dabei komplett gedämmt und überarbeitet. Gleichzeitig wurde das Dach um zwei Geschosse in Holzbauweise aufgestockt. Unter dem Holzbau sollte das Hauptgesimse aus EPS-Dämmstoff befestigt werden. Je nach Material hat ein Hauptgesims-Profil aber ein sehr hohes Gewicht und muss mit Edelstahlkonsolen befestigt werden.
Die Lösung von Austrotherm: Das Gesims mit einer Höhe von 850 mm und einer Ausladung von etwa 900 mm wurde aus EPS-Dämmstoff hergestellt und mittig geteilt. Das rund um das Gebäude laufende Gesims besteht aus etwa 100 Einzelteilen. 50 Oberteile wurden direkt unter dem Holz-Obergeschoss befestigt. Genau so viele Teile wurden am WDVS festgeklebt. Jedes der Profile wiegt dabei etwa 3 kg.
Die Oberteile wurden mit Dispersionskleber an der Holzkonstruktion verklebt. Dabei ließ man einen Zentimeter Abstand zur Wand,damit das Holz arbeiten kann. Die unteren Teile klebten die Handwerker mit Klebespachtel am WDVS fest. Gleichzeitig löst das zweigeteilte Gesims ein weiteres Problem. „Holz arbeitet anders als Mauerwerk“, sagt Robert Huber, Spartenleiter für Fassadenprofile bei Austrotherm, „daher haben wir im Werk die Gesimse in zwei Teile geschnitten. Zwischen oberen und unterem liegt eine Schattenfuge. Die Fuge sieht man aus fünf Metern Entfernung aber nicht mehr.“ Unter- und Oberteil des Gesimses greifen über zwei Rundungen ineinander. Holz und Mauerwerk können sich so bei Temperaturwechseln getrennt voneinander ausdehnen und zusammen ziehen. Um die Gesimsprofile der Länge nach miteinander zu verkleben, benutzte man Polyurethan-Kleber.
Nut- und Feder-Fassade
Gedämmt ist die Fassade mit Steinwolldämmplatten. Nur vom ersten bis zum zweiten Obergeschoss sollte die ursprüngliche Nutfassade wiederhergestellt werden. Austrotherm schlug ein Nut-Feder-Dämmsystem vor, bei dem 3600 laufende Meter EPS-Dämmplatten vollflächig aufgeklebt werden. Das Ergebnis: Eine glatte, witterungsbeständige und streichfertige Nut-Fassade. Die Fassade ist insgesamt 25 mm dick. Davon sind 22 mm EPS-Dämmung und 3 mm witterungsbeständige „DKF Top“-Beschichtung. Die Nut-Feder-Fassade kann bei Beschädigungen relativ einfach und ohne optische Mängel ausgebessert werden. „Auf Kundenwunsch fertigen wir die Nut-Feder-Fassade auch mit EPS-Plus mit einem verbesserten Dämmwert von etwa 22 Prozent“, sagt Huber.
Neue Gurtgesimse übergestülpt
Die Gurtgesimse in der Mitte des Fassade sollten nicht abgestemmt werden. Die Austrotherm-Techniker nahmen Abdrücke der Gesimse und erstellten daraus Vorlagen für neue Fassadenprofile. Die neuen Profile stülpten sie über die alten Gurtgesimse und verklebten sie am WDVS. Darüber verlegte man ein Blech, sodass Regenwasser ablaufen kann.
Fensterrahmungen, Gurtgesimse, Überdachungsprofile, Bossensteine sowie Zierprofile schmücken die Fassade des neuen Hamerling. Alle Profile wurden im Winter vorproduziert und später auf die Baustelle geliefert. „Die ersten Gespräche zur Sanierung waren 2012“, sagt Robert Huber, „danach haben wir das System ausgearbeitet, die Abdrücke der Profile an der Fassade genommen und die neuen Profile im Werk gefertigt.“ Erst zwei Jahre später ging es mit der Sanierung los. Verlegepläne mit entsprechenden Positionsnummern der jeweiligen Profile vereinfachten die Arbeit für die Handwerker und ermöglichten eine Fertigstellung im Zeitplan.
Mehr als die Hälfte der Fläche werden heute als Wohnungen genutzt, deren Quadratmeter-Preis bis zu 16 000 Euro beträgt. Ein weiterer Teil des Gebäudes dient als Senioren-Residenz. Ein Ärztezentrum sowie ein Restaurant bringen zusätzlichen Komfort für die Bewohner und bieten eine einzigartige Wohnkultur über den Dächern Wiens.