Vielfalt der WDV-Systeme
Der Aufbau eines WDVS ist im Grundsatz immer gleich. Große Unterschiede gibt es hingegen bei den verwendeten Dämmstoffen: Vom klassischen Polystyrol bis zur ökologischen Holzfaser sind Dämmwert und Dicke recht unterschiedlich – ein Thema, auch auf dem 10. Allgäuer Baufachkongress (www.baufachkongress.com).
In einem WDVS kommen verschiedene Dämmstoffe zum Einsatz. Grob gesehen sind im Systemaufbau keine wesentlichen Unterscheidungen vorhanden. Es erfolgt eine Verklebung der Dämmplatte auf den Untergrund – je nach Erfordernis durch den Einsatz von Dübeln mechanisch unterstützt – gefolgt von einer Armierungs- und Deckputzlage. Wichtig für die Ausführung ist, dass die vom Hersteller beantragte allgemeine bauaufsichtliche Zulassung eingehalten wird. Dort sind die Ausführungsschritte sowie die zu verwendeten Materialen angegeben.
WDV-Systeme waren früher nicht geregelte Bauteile und stellen nun mit der Zulassung eine Bauart dar. Eine Nichteinhaltung oder Abweichung der Systemvorgaben führt rechtlich gesehen zu einem Mangel, unabhängig davon, ob eine technische Gleichheit oder sogar eine Verbesserung mit einer Abweichung erwirkt wurde. Nachfolgend werden die gängigsten Dämmstoffe erläutert.
WDVS mit Polystyrol-Hartschaumplatten
Die geläufigsten Dämmstoffe sind Polystyrol-Hartschaumplatten (EPS). Diese wurden Anfang der 1960er Jahre von der Firma BASF unter dem patentierten Namen Styropor entwickelt. Bei der Herstellung wird ein Polystyrolgranulat in das Treibmittel Pentan einpolymerisiert. Durch Behandlung mit temperiertem Wasserdampf schäumt das Treibmittel das Granulat bis zur gewünschten Rohdichte auf, was eine Volumenvergrößerung um das 20-50fache erwirkt. Das Endprodukt wird über eine zweite Heißwasserdampfbehandlung durch weiteres Aufblähen und Zusammensintern der Partikel geschaffen. Nach der Herstellung tritt ein Schwindprozess auf, der bis zu 1,5 Prozent an Volumenverringerung betragen kann. Platten für Fassadendämmungen müssen deshalb vor ihrer Verwendung ausreichend abgelagert sein, um das Schwindmaß in der Länge auf höchstens 0,15 Prozent begrenzt halten zu können. Durch Walzen können die Dämmplatten elastifiziert werden, was die Schalldämmeigenschaften verbessert, die Querzugfestigkeit aber um 2/3 zum Ursprung vermindert. EPS-Platten sind derzeit in den Wärmeleitgruppen WLG 040, 035, 032 und 031 erhältlich und sind derzeit der am häufigsten eingesetzten Dämmstoff. Vorteile sind der günstigere Preis und die einfache Verarbeitung. Nachteile sind das Brandverhalten (schwerentflammbar) und die höhere Dampfdiffusionsdichtigkeit. Gegen letzteren Punkt ist die EPS-Open-Dämmplatte entwickelt worden. Dieser Dämmstoff ist werksmäßig mit einer durchdringenden Perforation versehen, so dass etwa 2500 Löcher/m² vorliegen. Mit einem µ-Wert von 10 gleicht sie in ihrer Wasserdampfdiffusionsoffenheit einem porosierten Ziegel.
WDVS mit extrudierten Polystyrol-Hartschaumplatten
Extrudierte Polystyrol-Hartschaumplatten (XPS) werden als Schaumstoffstrang hergestellt. Dabei wird Polystyrol mit Treibmittelzugabe durch einen Extruder (Schneckenpumpe mit hohem Druck und hoher Temperatur) an einer breiten Spritzdüse herausgepresst. Es entsteht dabei auf der Platte ein dichte und glatte Oberfläche die zur Garantie der Anhaftung von Putzlagen abgefräst oder strukturiert wird, um eine raue Oberfläche zur Verkrallung zu schaffen. XPS- oder Perimeterplatten sind sehr verrottungs- und feuchtebeständig und eignen sich dadurch hervorragend als Dämmstoff für erdberührte oder spritzwasserbelastete Bereiche. Sie sind momentan in den Wärmeleitgruppen WLG 045, 040 und 035 erhältlich.
WDVS mit Mineralfaserplatten
Mineralfaserplatten und Mineralfaser-Lamellenplatten werden mit künstlichen Mineralfasern hergestellt. Die Fasern bestehen aus einer silikatischen Schmelze, zum Beispiel Glas oder Gesteinsbasalt, die mit Kunstharzen gebunden werden. Die Zugabe vom Bindemittel zum Faserstrang erfolgt unter einer Temperatur von etwa 60 bis 70°C. Das Vlies wird durch Stauchung auf die gewünschte Höhe gebracht. Unterschiedliche Typen an Dämmplatten entstehen durch die Anordnung der Fasern, welche längs der Platte liegen. Durch eine gezielte Faserorientierung und eine höhere Verdichtung sind druckfestere Platten herstellbar (HD-Platten). Lamellenplatten zeigen die Fasern quer zur Platte, also in Richtung der Plattendicke. Dadurch liegen stabilere und druckfestere Platten vor. Mineralwolleplatten sind üblicherweise an der Oberfläche beschichtet, um eine Anhaftung von nachfolgenden Putz- oder Kleberschichten zu ermöglichen. Bei Platten ohne Beschichtung muss der Handwerker den Kleber oder Putz vorab dünnschichtig in die Oberfläche einmassieren. Ein Vorteil der Mineralwolledämmplatten ist ihre sehr gute Diffusionsoffenheit, die nahezu einer ruhenden Luftschicht gleicht, sowie die Nichtbrennbarkeit des Baustoffs. Dadurch sind diese Platten auch für Hochhäuser geeignet. Der Nachteil ist, dass die Dämmplatten unter Einwirken von Feuchtigkeit erheblich an Eigenfestigkeit verlieren. Mineralwolleplatten sind in den Wärmeleitgruppen WLG 041, 040 und 035 beziehbar.
WDVS mit Resol-Hartschaumplatten
Mit den Resol-Hartschaumplatten sind die Dämmeigenschaften einer Platte verbessert worden. Die Herstellung erfolgt mit Phenolharz, dem ein Treibmittel und ein zusätzlicher Härter hinzugesetzt werden. Es entsteht ein geschlossenporiger Schaum mit hohen Druckfestigkeiten. Für eine Anhaftung der Kleber- und Putzlagen wird an der Oberfläche beidseitig ein Glasvlies kaschiert. Eine Nacharbeit der Platte durch Schleifen ist dadurch nicht möglich, was vorab für die Verklebung eine gute Ebenheit am Untergrund voraussetzt. Phenolharzplatten sind schwer entflammbar, tropfen aber im Brandfall nicht ab, was den Einsatz von zusätzlichen Brandriegeln nicht nötig macht. Ein Vorteil ist ihre Wärmeleitgruppe von WLG 022, nachteilig ist die Feuchteempfindlichkeit der Platte. Bei der Lagerung und während der Verarbeitung muss der Dämmstoff vor hohem Feuchteeintrag geschützt werden.
WDVS mit Holzfaserplatten
Holzfaserplatten werden zu etwa 80 bis 90 Prozent aus Holzfasern hergestellt. Durch Zugabe von Wasser entsteht ein Brei, der nach Verpressung bei etwa 160° bis 220 °C getrocknet wird. Durch die Temperatur binden sich die Fasern mit dem Lignin des Holzes zusammen. Auf zusätzliche Bindemittel kann dadurch weitgehend verzichtet werden. Ein Vorteil vom Dämmstoff liegt bei der ökologischen Herstellung, wo auf chemische Zusatzstoffe verzichtet werden kann, und bei den guten Diffusionsverhalten der Holzfaserplatten. Nachteilig ist der gegenüber den konventionellen Dämmstoffen höhere Preis. Holzfaserdämmplatten sind in den Wärmeleitgruppen WLG 045 und 040 erhältlich.
Organische und mineralische Putze
Wie Anfangs erwähnt, ist ein Aufbau der Klebe- und Putzschichten bei den unterschiedlichen Dämmstoffen nahezu identisch. Die verwendbaren Produkte sowie die Auftragsmengen sind den jeweiligen allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen zu entnehmen. Eine Unterscheidung besteht noch bei der Auswahl der Bindemittelgruppe der Putzlagen, mineralisch gebundene (anorganische) Systeme sind dabei am häufigsten in der Anwendung. Auf Mineralwolleplatten und auf Holzfaserdämmplatten werden nur anorganische Produkte verwendet, auch wegen ihrem guten Diffusionsverhalten. Auf EPS-Platten kommen auch Kunstharz-putze zum Einsatz. Organische Systeme zeigen den Vorteil, dass eine deutlich höhere Elastizität vorliegt. Bei Zugversuchen zeigen kunstharzgebundene Putze ab einer Dehnung von 10 Prozent erste Risse, was bei mineralischen Systemen schon ab einer Dehnung von 0,5 Prozent feststellbar ist. Die Schlagfestigkeit ist damit verbessert, förderlich auch gegenüber der Einwirkung von Hagelschlag usw.. Durch den höheren Diffusionswiderstand der organischen Systeme ist jedoch seine objektbezogene Eignung durch bauphysikalische Berechnungen abzusichern.
Autor
Markus Haberland ist ö.b.u.v. Sachverständiger für das Maler- und Lackiererhandwerk der HWK Schwaben und in der Anwendungstechnik der Firma Baumit in Bad Hindelang tätig.
Die Vielfalt der WDV-Systeme wird auch Thema auf dem 10. Allgäuer Baufachkongress sein