Wenn der Putz bröckelt
Bei der Fassadensanierung der Robert-Härtwig-Schule in Oschatz war das handwerkliche Können der Mitarbeiter der Firma Pfennig Bau im Umgang mit dem historischen Putz und Stuck gefragt – ein Thema, dem sich auch das Forum „Historische Fassaden – Stuck.Putz.Farbe.“ auf der denkmal 2014 in Leipzig widmet.
„Jedes Gebäude und jeder Bauherr hat eigene Anforderungen an die Fassadensanierung. In jedem Einzelfall ist zu prüfen: Was will der Bauherr? Was kann das Gebäude? Was gibt der Denkmalschutz vor? Danach müssen individuelle Lösungen erarbeitet werden, für die es nicht immer Standards, aber oft Erfahrungswerte gibt. Daher ist der interdisziplinäre Fachaustausch wie beispielsweise auf der denkmal auch so wichtig“, erklärt David Pfennig, Maurermeister, Energieberater und Geschäftsführer der Pfennig Bau GmbH & Co. KG, anlässlich der bevorstehenden denkmal.
Als Beispiel für ein gelungenes Zusammenspiel von Standards und Erfahrungswerten führt der Oschatzer die Sanierung der historischen Fassaden der Robert-Härtwig-Schule in Oschatz an. An dem 1883 eröffneten Gebäude lösten sich 2008 einige Putzstellen an der Vorderfassade der Oberschule. Daraufhin wurde die Firma Pfennig Bau beauftragt, die losen Stellen abzunehmen und so die Sicherheit für die Lehrer und Schüler wieder zu gewährleisten.
Flickwerk oder Sanierung?
Eine erste Analyse ergab, dass die stark strukturierte und aufwendig verzierte Südseite des Gebäudes noch im Originalzustand war. Das hatte den Vorteil, dass die Maurer die vorhandenen Profilierungen von Gesimsen und Fugen für die Stadtverwaltung dokumentieren konnten. Gleichzeitig offenbarte der 125 Jahre alte Putz aber auch größere Schwachstellen: Die Fassade war mit ein bisschen Flickwerk nicht zu retten und musste runderneuert werden. Um den Schulbetrieb aufrechterhalten zu können, wurde sie zunächst abgesperrt.
„Eine umfassende Fassadensanierung inklusive komplett neuer Fenster ist für einen Bauherren, in diesem Falle die Stadt Oschatz, natürlich nicht kurzfristig zu stemmen“, so der Unternehmer. „In einem dreijährigen Prozess wurde die Aufgabe detailliert definiert, das Sanierungskonzept entwickelt, die Fördermittel beantragt, Eigenmittel bereitgestellt und am Ende der Ausschreibung die Sanierung beauftragt. Dabei arbeitete das Bauamt der Stadt eng mit der zuständigen Denkmalschutzbehörde und dem Büro für Bauplanung Stein / Schuster zusammen.“ Von Seiten der Firma Pfennig Bau wurde der Ausschreibungsprozess maßgeblich vom Betriebsleiter Siegfried Pfennig, Maurermeister und Restaurator im Maurerhandwerk und Vater des Firmengründers, betreut.
Sanierung der denkmalgeschützten Fassade
Die Sanierungsarbeiten begannen an der Fassade im Sommer 2011. Neben Fensterbauern und Steinmetzen erhielt die Firma Pfennig Bau den Auftrag, die Putz- und Stuckfassade bis zum Ende des Jahres 2012 denkmalgerecht aufzubauen. Im ersten Schritt wurde der geschädigte Altputz an der Vorderfront abgenommen. Danach galt es, die Putzfläche neu zu gestalten. Eine anspruchsvolle Aufgabe, da fast der gesamte Bestand der Gesimse sowie der Quader- und Eckprofilierungen erneuert werden musste. Fugen, Vorsprünge und zu putzende Bossierungen stellten zusätzliche Herausforderungen dar.
Für den Neuaufbau nutzte das Unternehmen mehrere Produkte von Rajasil wie den Sanierputz und die Sanierputzglätte. Den Kalkputz, überzogen mit Renovierputz, verwendeten die Handwerker für die Putzflächen. Gleichzeitig diente ihnen der Renovierputz zur Überarbeitung der zu erhaltenden Altputzflächen. „So erzielten wir ein gleichmäßiges Erscheinungsbild für die Außenfassade der Schule“, kommentiert Maurermeister Pfennig die Vorgehensweise. Für die besonders durchfeuchteten und salzbelasteten Abschnitte trugen die Maurer den Sanierputz auf, der zusätzlich in Verbindung mit Sanierputzglätte zum Ziehen der Gesimse verwendet wurde. „Die Produkte aus dem Hause Rajasil sind erfahrungsgemäß hochwertig“, erläutert der Handwerksmeister seine Materialwahl. „Der Sanierputz kann besonders viel Salz aufnehmen. Zudem lässt sich das Material in einer größeren Schichtdicke auftragen. Das ist bei einer bis zu 7 cm dicken Putzschicht von großem Vorteil.“ Da die Fassade einer Schule eine größere Abnutzung als die eines Privatgebäudes erfährt, brachte die Firma zusätzlich einen Graffitischutz auf die unteren Putzabschnitten auf.
Im zweiten und dritten Bauabschnitt wurde das Unternehmen in den Folgejahren mit der Sanierung der seitlichen Außenwände beauftragt. Für die fast 2000 m2 reine Putzfläche der drei rund 3000 m2 großen Fassaden verarbeitete die Firma 154 000 kg Mörtel in bis zu fünf Lagen. Um die Fenster sowie an den Gesimsen zogen die Mitarbeiter 4400 m Profilierungen und Gesimse in verschiedensten Profilierungen in Handarbeit. Die Fugen wurden mit 11 000 m Holzlatten erstellt.
Runderneuerung aller Gebäudefassaden
Seit Juli dieses Jahres steht die Sanierung eines Teilabschnitts der Hinterseite auf dem Plan. Auf alten Fotos und Zeichnungen ist erkennbar, dass die rückwärtige Front im 19. Jahrhundert weniger aufwendig gestaltet war als die repräsentative Vorderseite. Der Erneuerung der Rückseite zu DDR-Zeiten fiel die eine oder andere Unterbrechung der Fassade zum Opfer. Die Mitarbeiter müssen daher auch im letzten Bauabschnitt Verzierungen nachbauen. Derzeit bringen die Maurer den Kalkputz auf. Ein Kollege macht den Vorreiter und spritzt das Material per Putzmaschine an die Fassade. Zwei weitere Mitarbeiter glätten das Material mit dem Glättbrett und Flügel. „Bis Schulbeginn steht dann nur noch der Deckputz aus, so dass sich die Schüler wieder ungehindert auf dem rückwärtigen Hof aufhalten können“, freut sich Maurermeister Pfennig, der hier ebenfalls zur Schule ging.
Energieeffizienz – aber wie?
Trotz der milliardenschweren Förderprogramme der Bundesregierung und der EU, die seit 2005 die Verringerung des CO2-Ausstoßes unter anderem über die energieeffiziente Sanierung von Altbauten und Denkmälern unterstützen sollen, habe eine Außendämmung von Seiten des Bauherren nicht zur Debatte gestanden. „Zum Glück: Eine Außendämmung steht grundsätzlich im Widerspruch zum Erhalt einer historischen Fassade. Für viele Altbauten und Denkmäler gibt es Alternativen wie die Innendämmung oder die Gebäude- und Heiztechnik. Hier sehe ich großes Potenzial, Energie einzusparen und so den Klimaschutz mit der Bewahrung unseres kulturellen Lebens in Einklang zu bringen“, erklärt David Pfennig. Wenn das Gebäude wenig Platz aufweise, sei etwa eine Innendämmung mit dünnen Calciumsilikat-Platten zu empfehlen. „Diese Platten verhindern aufgrund ihres geringen pH-Wertes zusätzlich das Schimmelwachstum. Lassen die Räumlichkeiten mehr Platz zu, finde ich Konstruktionen mit Holzweichfaserplatten sinnvoll. Bei größeren Dämmdicken haben wir mit dem Einbau von Zellulosedämmung etwa von Isofloc in Verbindung mit einer feuchtevariablen Dampfbremse und einer normalen Gipskartonvorsatzwand gute Erfahrungen gemacht“, so der Experte abschließend.
Autorin
Ruth Justen ist als freie Autorin im Auftrag der denkmal tätig.