Modernisierung und Erweiterung Deutschlands ältester Stadt-Jugendherberge in München

In München wurde die älteste Stadt-Jugendherberge Deutschlands modernisiert und um einen Neubau erweitert. Für den gleichermaßen anspruchsvollen wie schwungvollen Innenausbau des Neubaus nach Plänen der Graft Gesellschaft von Architekten sorgte die Jaeger Ausbau GmbH + Co KG München.

Um die älteste Stadt-Jugendherberge Deutschlands bestens für die Zukunft aufzustellen, erfolgten eine umfangreiche Modernisierung des denkmalgeschützten Altbaus sowie die Erweiterung durch einen Neubau Um die älteste Stadt-Jugendherberge Deutschlands bestens für die Zukunft aufzustellen, erfolgten eine umfangreiche Modernisierung des denkmalgeschützten Altbaus sowie die Erweiterung durch einen Neubau
Foto: The Rodeostudio Photography

Um die älteste Stadt-Jugendherberge Deutschlands bestens für die Zukunft aufzustellen, erfolgten eine umfangreiche Modernisierung des denkmalgeschützten Altbaus sowie die Erweiterung durch einen Neubau
Foto: The Rodeostudio Photography
Seit fast 100 Jahren ist die Jugendherberge im lebendigen Münchner Stadtteil Neuhausen beliebtes Ziel von Menschen jeden Alters und unterschiedlicher Nationen. Um die älteste Stadt-Jugendherberge Deutschlands bestens für die Zukunft aufzustellen, erfolgte eine umfangreiche Modernisierung des denkmalgeschützten Altbaus sowie die Erweiterung durch einen Neubau, der gleichermaßen auf innovatives Design und nachhaltige, ressourcenschonende Lösungen setzt. Insgesamt bietet die Jugendherberge heute etwa 400 Betten, die sich auf rund 100 Zimmer mit Dusche/WC und zwei Schlafsäle mit jeweils elf Betten verteilen.

Decke aus Lochgipsplatten statt Akustik-Spritzdecke

Die Rohbauarbeiten für den fünfstöckigen Neubau mit rund 7430 m2 Brutto-Grundfläche begannen im Juni 2019. Für Mai 2021 war die Gesamtfertigstellung geplant. „Der Termin hat sich um gut ein Jahr verschoben“, erklärt Michael Lehner, Bauleiter der Jaeger Ausbau GmbH + Co KG München. „Grund dafür war vor allem die mehrfache Abstimmung zwischen Bauherren, Architekt und ausführenden Firmen in vielen Punkten. Hinzu kam die sehr eingeschränkte Logistikfläche aufgrund der Innenstadtlage. Um den Bauprozess zu verkürzen, haben wir statt der ursprünglich ausgeschriebenen Akustik-Spritzdecke die „Rigitone Activ’Air 12/25 Q“ von Rigips eingesetzt. Für eine Spritzdecke wird erst beplankt und im zweiten Schritt der Putz aufgetragen. Die Lochgipsplatte ist dagegen bis auf die Verspachtelung der Fugen oberflächenfertig. Damit haben wir jede Menge Zeit gespart. Die Platte verfügt außerdem über hervorragende raumakustische Eigenschaften. Ein weiterer Vorteil lag darin, dass wir die Decke erst einmal nur in Teilbereichen schließen konnten. Weil die Installationsarbeiten im Deckenhohlraum noch nicht überall abgeschlossen waren, konnten wir uns also ganz nach der abschnittsweisen Freigabe durch die Technische Gebäudeausrüstung richten. Spritzdecken müssen hingegen direkt vollflächig geschlossen werden.“

3D-geschwungene Formen an Decken und Wänden

Für die Beplankung wurden Formteile aus ?Rigips GK-Form? zugeschnitten, sowohl konvex als auch konkav gebogen und mit unterschiedlich engen Radien ausgeführt Für die Beplankung wurden Formteile aus „Rigips GK-Form“ zugeschnitten, sowohl konvex als auch konkav gebogen und mit unterschiedlich engen Radien ausgeführt
Fotos: Jaeger Ausbau

Für die Beplankung wurden Formteile aus „Rigips GK-Form“ zugeschnitten, sowohl konvex als auch konkav gebogen und mit unterschiedlich engen Radien ausgeführt
Fotos: Jaeger Ausbau
Nach den Plänen des Architekturbüros Graft wurden an Decken und Wänden entlang der Außen- und Innenhoffassade große, dreidimensional-geschwungene organische Formen aus Gipskarton umgesetzt. Die 3D-Unterkonstruktion sowie die außergewöhnlichen Gipskarton-Formteile ließ Jaeger Ausbau bei einem Spezialbetrieb vorfertigen. Die Spezialisten für maßgenaue Sonderformteile entwickelten zunächst ein 3D-Oberflächenmodell und leiteten daraus im nächsten Schritt die technischen Daten für die Werk- und Montagepläne ab. „Die Unterkonstruktion ist eine CNC-gelaserte, dreidimensionale Metallspanten-Konstruktion, die aus zahlreichen Einzelteilen besteht und zusammengesetzt die spätere Deckenform vorgibt“, erklärt Armin Götzinger, Technischer Objektberater bei Vogl Deckensysteme, die diese Aufgabe übernommen hatten. „Für die Beplankung haben wir Formteile aus ,Rigips GK-Form‘ zugeschnitten, sowohl konvex als auch konkav gebogen und mit unterschiedlich engen, später fließend ineinander übergehenden Radien realisiert“, sagt Armin Götzinger. Die 6 mm dicke „Rigips GK-Form“ erreicht vorgenässt Biegeradien von bis zu 300 mm und in trockenem Zustand können bis 600 mm realisiert werden. Als kartonummantelte, flexible Gipsplatte nach DIN EN 520, Typ A verfügt die Platte über eine geschlossene Oberfläche und ist ideal für Konstruktionen ohne Brandschutzanforderung. 

Stoßversetzte Beplankung mit zwei Lagen

Wegen ihrer extrem engen Radien und weil etliche Formteile eine nur geringe Breite von etwa 10 cm aufweisen, führten die Ausbauprofis die Beplankung stoßversetzt mit zwei Lagen „Rigips GK-Form“ aus
Foto: Jaeger Ausbau

Wegen ihrer extrem engen Radien und weil etliche Formteile eine nur geringe Breite von etwa 10 cm aufweisen, führten die Ausbauprofis die Beplankung stoßversetzt mit zwei Lagen „Rigips GK-Form“ aus
Foto: Jaeger Ausbau
Auf der Baustelle wurden die nummerierten Formteile wie ein großes Puzzle zusammengesetzt und montiert. Befestigt wurden die 3D-Konstruktionselemente mit Nonius-Abhängern an der Rohdecke. „Die exakten Befestigungspunkte wurden mithilfe millimetergenauer 3D-Lasertechnologie verortet“, so Michael Lehner. „Schon bei der Fertigung war mittels Laser in jedem Formteil die Höhenkote angebracht worden. Die Ausrichtung der im Abstand von etwa 30 cm und in unterschiedlicher Höhe angebrachten Spanten erfolgte mittels Rotationslaser.“ Wegen ihrer besonders engen Radien und weil etliche Formteile eine nur geringe Breite von etwa 10 cm aufweisen, führten die Ausbauprofis die Beplankung stoßversetzt mit zwei Lagen „Rigips GK-Form“ aus. „Die Rundungen ließen sich auf diese Weise perfekt kaschieren. Außerdem ist die Konstruktion so widerstandsfähiger gegenüber Rissen“, sagt Michael Lehner.

Besonders beeindruckend ist die dreidimensional-geschwungene Wandkonstruktion an der Innenhoffassade des Gebäudes, wo sie teilweise über zwei Geschosse verläuft und im Waagerechten bündig in die abgehängten Deckenkonstruktionen übergeht. „Wie eine einzige große Welle bewegt sich die geschwungene Wandverkleidung entsprechend der Formgebung der Fassade“, beschreibt Michael Lehner. „Die Welle türmt sich auf, bricht und fällt dann flach ab.“

Millimetergenauer Anschluss an die Akustikdecke

Ein Formteil stellt den Übergang der waagerechten Gipskarton-Lochdecke zur dreidimensionalen Deckenkonstruktion her Ein Formteil stellt den Übergang der waagerechten Gipskarton-Lochdecke zur dreidimensionalen Deckenkonstruktion her
Foto: Jaeger Ausbau

Ein Formteil stellt den Übergang der waagerechten Gipskarton-Lochdecke zur dreidimensionalen Deckenkonstruktion her
Foto: Jaeger Ausbau
Eine besondere Herausforderung stellte für die Trockenbauprofis der Übergang von der waagerechten Gipskarton-Lochdecke zur dreidimensionalen Formteilkonstruktion dar. „Die Formteile sollten natürlich im Waagerechten bündig in die abgehängten Deckenkonstruktionen übergehen. Deshalb musste die Verlegung exakt im Millimeterbereich ausgeführt werden. Weil die geschwungenen Formteile unterschiedliche Abstände zur Rohdecke aufweisen, kam erschwerend hinzu, dass wir für die Befestigung mit unterschiedlichen Abhängern auf verschiedenen Ebenen arbeiten mussten“, sagt Michael Lehner.

Darüber hinaus wies der Deckenbereich mit zahlreichen Lüftungskanälen und Heizleitungen eine sehr hohe Installationsdichte auf. Hinzu kam eine große Zahl an Einbauten und Ausschnitten, zum Beispiel für Lampen und lange LED-Leuchtenbänder, die die geschwungene Form der Deckenkonstruktion perfekt unterstreichen. „Schon bei der Erstellung der Unterkonstruktion war ein exaktes Herstellen aller Auswechslungen, Revisionsöffnungen und Lampenausschnitte erforderlich. Sämtliche Formgebungen wurden vorher am Boden aufgerissen, um die Profile später exakt positionieren zu können“, so Michael Lehner.

Nach Montage der Unterkonstruktion wurde eine Hohlraumdämmung aufgelegt, anschließend erfolgte die millimetergenaue Montage des jeweiligen Formteils. Für die Beplankung der Akustikdecke kam „Rigitone Activ’Air 12/25 Q“ zum Einsatz. Die Lochgipsplatten nach DIN EN 14 190 sind ideal für die Herstellung von hochwertigen Wand- und Deckenflächen mit besonderen akustischen Eigenschaften geeignet. „Die Platten sind rückseitig mit kaschiertem Akustikvlies ausgestattet und verfügen außerdem über den Premium-Luftreinigungseffekt ‚Activ’Air‘, der gerade da, wo sich junge Menschen aufhalten, von besonderem Wert ist“, erläutert Michael Lehner. Dank des speziellen Wirkkomplexes beseitigen die mit „Activ’Air“ ausgestatteten Lösungen von Rigips Luftschadstoffe wie Formaldehyd nachhaltig und verbessern so dauerhaft die Luftqualität in Innenräumen.

Spachtelung per Hand in vier Arbeitsschritten

Große dreidimensional-geschwungene, organische Formen perfekt umgesetzt Große, dreidimensional-geschwungene organische Formen perfekt umgesetzt
Foto: The Rodeostudio Photography

Große, dreidimensional-geschwungene organische Formen perfekt umgesetzt
Foto: The Rodeostudio Photography
Zur Spachtelung der 3D-Konstruktionen aus „Rigips GK-Form“ an Decken und Wänden kam zunächst der schnell und besonders einfach zu verarbeitende „Rigips Vario“ -Fugenfüller zum Einsatz. Dieser zeichnet sich durch ein sehr gutes Haftvermögen, geringes Einfallverhalten und eine hohe Fugenfestigkeit mit eingearbeiteten Glasfaserbewehrungsstreifen aus. „Wegen der extremen Radien der geschwungenen Konstruktionen haben wir das Glasgewebe gleich in die erste Spachtellage eingebettet. Damit werden Unebenheiten überbrückt und die Rissgefahr minimiert“, sagt Michael Lehner.

Das Oberflächenfinish führten die Ausbauprofis aus München mit dem gebrauchsfertigen und besonders geschmeidigen Feinspachtel „Rigips ProMix Finish“ aus. Dieser verfügt über einen hohen Weißegrad, besonders gute Glätt- und Hafteigenschaften, er trocknet schnell und lässt sich zudem leicht schleifen. „Der Spachtel lässt sich normalerweise gut mit der Airlessmaschine aufbringen, das wäre hier allerdings allein aus Platzgründen unmöglich gewesen“, so Michael Lehner. „Die gerundeten Formteile befinden sich überwiegend an Stellen, die nicht gut zugänglich sind. Deshalb haben wir den Feinspachtel in drei Schritten klassisch mit der Hand aufgezogen.“

Fazit

Das Ergebnis sind Decken und Wände mit erstklassigen Oberflächen in perfekter Q4-Qualität. Ebenso hochwertig sind die Oberflächen der aus Gipskarton gefertigten Schranknischen und Rundungen im Erdgeschoss, die das einzigartige Raumerlebnis unterstreichen. Von der Leistung der Trockenbau-Spezialisten aus München zeigte sich die Jury der Rigips Trophy mehr als überzeugt. Mit großem Engagement in der Detailplanung und vor allem mit viel Know-how in der Oberflächenbehandlung hat die Jaeger Ausbau ein echtes „Juwel“ in der Jugendherbergs-Landschaft der bayerischen Metropole geschaffen und wurde im Rahmen der 13. Rigips Trophy dafür mit dem erstmals vergebenen Sonderpreis Oberflächen ausgezeichnet.

Autor

Daniel Gatz ist Gebietsleiter bei der Firma Saint-Gobain Rigips in Düsseldorf.

Baubeteiligte (Auswahl)

Bauherr

Deutsches Jugendherbergswerk Landesverband Bayern e.V., München

Architekt

Graft Gesellschaft von Architekten mbH, Berlin, graftlab.com

Bauleitung

Michael Lehner, Jaeger Ausbau, München, www.jaeger-ausbau.de

Trockenbauarbeiten

Jaeger Ausbau, München, www.jaeger-ausbau.de

Formteile

Vogl Deckensysteme, Emskirchen, www.vogl-deckensysteme.de

Trockenbauplatten und Spachtel

Saint-Gobain Rigips, Düsseldorf, www.rigips.de

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