Wochenendhaus mit Cradle-to-Cradle-Konzept im Spreewald
Inmitten des UNESCO-Biosphärenreservats Spreewald ist ein Wochenendhaus entstanden,
dem es gelingt, eine Brücke zwischen zwei Welten zu schlagen: Es verbindet traditionelle Bauweise mit moderner Architektur und schafft etwas Neues, das trotzdem zum Ort gehört.
Auf der Gebäude-Nordseite ist das Wochenendhaus vollständig verglast
Foto: Wolfgang Zlodej / Solarlux
Nur eine Autostunde von Berlin entfernt ist die Kauperinsel in der Gemeinde Burg für die Bauherrenfamilie der ideale Ort, um den Lärm und Stress der Großstadt hinter sich zu lassen. Das Grundstück für das Wochenendhaus war dabei ein wahrer Glücksfall: Richtung Norden hält es einen unverbauten Blick in das Naturschutzgebiet bereit, nach Süden ist es an die bestehende Infrastruktur der Siedlung angeschlossen.
Symbiose zwischen Alt und Neu
Die Südfassade besteht aus einer Lärchenholzverschalung mit kleinen Fenstern
Foto: Wolfgang Zlodej / Solarlux
Von Anfang stand fest, dass ein Haus entstehen sollte, das zwar Bezug nimmt zum traditionellen Baustil des Spreewalds, jedoch trotzdem in seiner eigenen Zeit fest verankert ist. Architekt Marc Feustel über die architekturaffine Bauherrschaft: „Die zukünftigen Bewohner wünschten sich eine Melange aus zwei Welten: der vergangenen und der zukünftigen. Quasi eine Mischung aus traditionellem Spreewaldhaus und Farnworth House von Mies van der Rohe.“ Trotz einer Gestaltungssatzung der Gemeinde Burg, die die baulichen Rahmenbedingungen vorgab, war genug Spielraum vorhanden, um die Idee Wirklichkeit werden zu lassen. Als Adaptionen der traditionelle Spreewald-Architektur hat das Wochenendhaus heute ein um 50° Grad geneigtes und mit Reet gedecktes Dach sowie herkömmliche Fenstergrößen und eine Lärchenholzverschalung an der Südseite. Darüber hinaus lehnt sich das Gebäudevolumen an die Nachbarbebauung an, reizt jedoch das maximal Mögliche aus. Im Außenraum mussten jedoch Abstriche bei Anzahl und Größe befestigter Freisitze in Kauf genommen werden.
Die Natur als Hauptakteur
Keine Vorgaben gab es für die Ausrichtung und Gestaltung der Giebelseite nach Norden: Sie öffnet sich mit großen Glasflächen in Richtung des geschützten UNESCO-Biosphärenreservats. Eine Verglasung nach Süden hätte das Gebäude außerdem zu sehr aufgeheizt. Mit der transparenten Fassade konnte ein wesentlicher Entwurfsgedanke umgesetzt werden: die Natur als Hauptakteur so in Szene setzen, dass sich der Mensch auch im Gebäudeinneren als Teil der Landschaft fühlt. Zu jeder Jahreszeit und bei jeder Witterung. Für die Umsetzung der Glasflächen im Erdgeschoss fiel die Wahl auf die „cero“ Schiebefenster von Solarlux. Die großen Bauelemente mit schmalen Rahmenansichten bieten maximale Transparenz und können bei Bedarf großflächig aufgeschoben werden.
Maximal räumliche Flexibilität
Durch die Eckausbildung ohne Pfosten kann die raumhohe Glasfassade aus Schiebefenstern auf über 15 m2 vollständig geöffnet werden
Foto: Wolfgang Zlodej / Solarlux
Insgesamt sind es vier „cero“ Schiebefenster, die sich auf zweispurigen Edelstahl-Laufschienen von Hand und ohne großen Kraftaufwand öffnen lassen. Sie sind im Wochenendhaus fast 3 m hoch und bis zu 3,80 m breit. Aufgrund einer Eckausbildung ohne Stützen lässt sich die Fassade an der Nordwestecke auf über 15 m2 öffnen – und bietet damit maximale räumliche Flexibilität.
Auf der gegenüberliegenden Ostfassade ist es eine ebenfalls über 10 m2 große „cero“-Festverglasung, die uneingeschränkte Ausblicke in die unberührte Natur des Spreewalds gewährt. Marc Feustel über die Entscheidung, den Wohnbereich im Erdgeschoss auf drei Seiten mit ,cero‘ auszustatten: „Es ist fast egal, ob die Scheiben da sind oder nicht. Die großen Fensterformate in Kombination mit den schmalen Rahmenprofilen erfüllen den Urwunsch moderner Architektur, Innen- und Außenraum zu jeder Jahreszeit vollständig miteinander verschmelzen zu lassen.“
Für die Anlieferung der jeweils 600 kg schweren Schiebefenster musste eine Art temporäre Straße aus Betonfertigteilen errichtet werden, damit die Fahrzeuge nicht im sumpfigen Boden des Biosphärenreservats versanken. Der Einbau selbst verlief problemlos, da alle Bauteile nach einem präzisen BIM-Modell gefertigt worden waren.
Ressourcenschonend bauen
Für die Umsetzung des Konzepts war eine in sich stabile Stahlrahmenbauweise notwendig, die mit Holzständerwänden kombiniert wurde. Darüber hinaus ist das Haus wegen des weichen Untergrunds vollständig aufgeständert und schwebt über dem Boden. Dadurch könnte es theoretisch abgehoben und an einem anderen Ort wieder aufgestellt werden. Und da ausschließlich vollwertige Materialien zum Einsatz kamen und keine Sandwich-Bauteile, kann das Gebäude auch problemlos in seine Einzelteile zerlegt und vollständig recycelt werden – und entspricht damit dem Cradle-to-cradle-Konzept einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft.
Wohntraum aus Stahl, Holz und Glas
Das Wochenendhaus im Spreewald bietet auf zwei Etagen rund 75 m2 Wohnfläche, wobei nicht nur der große Wohn- und Essbereich im Erdgeschoss durch die großen Schiebefenster von Solarlux das Gefühl vermittelt, sich unmittelbar in der Natur zu befinden, sondern auch die beiden Schlafzimmer im Obergeschoss. Auch sie sind Richtung Norden vollständig verglast, ergänzt durch Dachflächenfenster auf der Ost- beziehungsweise Westseite. Das Raumangebot wird im Erdgeschoss durch eine Küche, ein Bad und eine Sauna vervollständigt, im Obergeschoss ist es ein zusätzliches Bad, das den Wohnkomfort erhöht.
Als Materialien entschied sich der Architekt für Stahl, Holz und Glas. Im Innenraum dominiert die Holzart Eiche, an der Fassade ist es eine unbehandelte Lärchenholzverschalung, die traditionelle Baustile aufgreift. Der Terrassenbelag ist aus Bambus gefertigt. Sowohl die senkrechte Lärchenholzschalung als auch der Terrassenbelag werden mit der Zeit verwittern und sich so den hellgrauen Stahl- und Aluminiumoberflächen optisch anpassen.
Autor
Dipl.-Ing. (FH) Holger Wick ist Architektenberater bei der Firma Solarlux in Melle.