Sanierung der Flottmann-Hallen in Herne mit Firstverglasungen und Lichtbändern von Glasolux

Durch die Sanierung der denkmalgeschützten Flottmann-Hallen in Herne ist der Betrieb seit Herbst 2024 nun wieder uneingeschränkt möglich. Firstverglasungen und Lichtbänder von Glasolux sorgen für die ganzjährige Nutzbarkeit des historischen Areals.

Die Flottmann-Hallen in Herne: Das fünfschiffige Gebäudeensemble im Jugendstil Darmstädter Prägung wurde 1908 für die Produktion von Bohrhämmern errichtet Die Flottmann-Hallen in Herne: Das fünfschiffige Gebäudeensemble im Jugendstil Darmstädter Prägung wurde 1908 für die Produktion von Bohrhämmern errichtet
Foto: Cornelia Suhan

Die Flottmann-Hallen in Herne: Das fünfschiffige Gebäudeensemble im Jugendstil Darmstädter Prägung wurde 1908 für die Produktion von Bohrhämmern errichtet
Foto: Cornelia Suhan
Die Adresse „Straße des Bohrhammers Nr. 5“ mag für Auswärtige erstaunlich klingen. Doch in Herne, das den Beinamen „Stadt der Bohrhämmer“ trägt, ist ­diese Bezeichnung selbsterklärend. Schließlich wurden hier ab 1908 jene Werkzeuge gefertigt, ohne die der industrialisierte Steinkohleabbau im Ruhrgebiet kaum denkbar gewesen wäre.

Die Maschinenfabrik H. Flottmann & Co. gründete hier nach der Jahrhundertwende eine Schmiede, eine Schlosserei sowie eine Ausstellungs- und Versand­halle. Nach Plänen der Architekten Schmidtmann und Klemp wurde hierfür ein fünfschiffiger, symmetrisch gegliederter Gebäudekomplex errichtet, der den Jugendstil Darmstädter Prägung reflektierte und mit moderner Zweckmäßigkeit verband.

Der unternehmerische Erfolg ließ die Belegschaft im Herner Werk vor der Weltwirtschaftskrise der Zwanzigerjahre auf 1520 Personen anwachsen. Es folgte eine äußerst unrühmliche Phase der Firmengeschichte, als sich die Geschäftsführung der NSDAP-Ideologie anschloss, was nach dem Zweiten Weltkrieg übergangsweise zu einer Stilllegung des Betriebs führte. Während der Zeit des Wiederaufbaus in den Sech­zigerjahren konnte der Enkel des Firmengründers, Friedrich Heinrich Flottmann, das Unternehmen nochmals beleben, aber in den Siebzigerjahren begann der letzten Endes doch unaufhaltsame Abstieg. Die Flottmann-Hallen wurden für die Produktion nicht mehr benötigt, verwaisten und begannen zu verfallen.

Rettung vor dem Abriss und Aufnahme in den Denkmalschutz

Risse und andere Undichtigkeiten in der alten Dachverglasung führten zu Wassereinbrüchen und Temperaturextremen in den Flottmann-Hallen Risse und andere Undichtigkeiten in der alten Dachverglasung führten zu Wassereinbrüchen und Temperaturextremen in den Flottmann-Hallen
Foto: Glasolux

Risse und andere Undichtigkeiten in der alten Dachverglasung führten zu Wassereinbrüchen und Temperaturextremen in den Flottmann-Hallen
Foto: Glasolux
1980 übernahm die Stadt Herne die Immobilie, und 1983 stand der Abriss kurz bevor. Der konnte jedoch noch einmal abgewendet werden, und 1986 erfolgte die Erteilung des Denkmalschutzes. Damals begann bereits der Kulturbetrieb, und die „wohnungsnahe Freizeit- und Erholungsanlage mit integrierter ­Begegnungsstätte“ erarbeitete sich einen guten Ruf in der überregionalen Kulturszene.

Doch der Zustand des Gebäudes verschlechterte sich zusehends, und die Nutzung war nur noch sehr ein­geschränkt möglich. Die Dachflächen waren komplett ungedämmt, und die noch aus den Vorkriegsjahren stammenden Fenster mit eingekitteten Einscheibenverglasungen schlossen nicht mehr richtig. Unterhalb der Oberlichter trugen zudem 1,5 bis 2 cm breite Luftspalten über die gesamte Länge ebenfalls zu Undichtigkeiten bei.

„Vor der Sanierung haben wir hier immer wieder massive Wassereinbrüche erleben müssen. Außerdem war es im Winter in den Hallen oft viel zu kalt und im Sommer mit manchmal mehr als 45 Grad wiederum deutlich zu heiß für Veranstaltungen und Ausstel­lungen. Teile der Flächen, insbesondere in der Ausstellungshalle, konnten wir oft nicht nutzen. Daher waren wir bei der Gestaltung unseres Kulturprogramms eingeschränkt, und eine umfassende Sanierung war unausweichlich“, sagt Thomas Witt, der die Verwaltung der Flottmann-Hallen leitet.

Dies bestätigt auch Sabine Albrecht, die bei der Stadt Herne dem Team Bauleitung des Fachbereichs Gebäudemanagement vorsteht: „Den baulichen Wärmeschutz zu gewährleisten, bildete einen Schwerpunkt der Sanierungsmaßnahmen. Darüber hinaus mussten auch die Lüftungs- und Beleuchtungsanlagen ­erneuert werden, und die Barrierefreiheit war eine weitere wichtige Aufgabe. Über allem stand dabei, den Denkmalschutz zu beachten.“

Dies galt beispielsweise für den barrierefreien Zugang zum Gebäude, denn die schweren Stahltüren durften nicht entfernt werden. Jedoch bot der Einbau neuer Technik für das erleichterte Öffnen und Schließen eine relativ einfache Lösung. Auch der Einsatz einer neuen Lüftungsanlage sowie der Austausch der Beleuchtung durch moderne LED-Tiefstrahler und LED-Langfeldleuchten stellten hinsichtlich des Denkmalschutzes keine großen Hürden dar.

Energetische Sanierung und Erhalt der Architektur

Die neuen Elemente, wie hier die Firstverglasung, sind mit Wärmeschutzgläsern versehen, glänzen mit hoher Energieeffizienz und weisen zudem eine höhere Transparenz auf als zuvor Die neuen Elemente, wie hier die Firstverglasung, sind mit Wärmeschutzgläsern versehen, glänzen mit hoher Energieeffizienz und weisen zudem eine höhere Transparenz auf als zuvor
Foto: Cornelia Suhan

Die neuen Elemente, wie hier die Firstverglasung, sind mit Wärmeschutzgläsern versehen, glänzen mit hoher Energieeffizienz und weisen zudem eine höhere Transparenz auf als zuvor
Foto: Cornelia Suhan
Anders verhielt es sich mit den Verglasungen, die mit rund 600 m² weite Teile der gesamten Dachfläche ausmachen. Sabrina Gronotte von gronotte.architekten wurde mit der Sanierungsplanung beauftragt. Sie erläutert die Anforderungen: „Notwendig war eine energetische Sanierung mit vollständigem Austausch der Einscheiben-Schrägverglasungen, jedoch ohne architektonische Veränderungen. Die Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes und den Denkmalschutz auf einen Nenner zu bringen, war die eigentliche Aufgabe. Der Baustil der Flottmann-Hallen besitzt einen zugleich typischen und doch ganz eigenen industriellen Charme, und das ursprüngliche Erscheinungsbild musste natürlich erhalten bleiben.“ Dies war bei den großen Fensterflächen alles andere als einfach umzusetzen, denn die traditionelle Stahlkonstruktion war sehr filigran gearbeitet. Moderne Wärmeschutzgläser, deren Einbau hier unumgänglich war, erfordern aber einen stärker belastbaren ­Rahmen. „Zum Glück ergab die Online-Recherche recht schnell, dass solche Lösungen durchaus existieren. Zumindest Glasolux war in der Lage, entsprechend filigrane und zugleich höchst stabile Aluminiumeinfassungen zu fertigen, die für dreifach verglaste Fenster unein­geschränkt geeignet sind“, so die Architektin.

Dank der Fördermittel aus dem Bundesprogramm „Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur“ war die Finanzierung der Umbauten mit dem Bewilligungsbescheid vom September 2021 gesichert. Die Ausschreibung konnte erfolgen, und Glasolux erhielt den Zuschlag für die Fertigung und Montage von vier großen Firstver­glasungen und insgesamt zehn Lichtbändern.

2,5 Millionen Euro für die Sanierung der Infrastruktur

Für die Sanierung der gesamten Infrastruktur standen 2,5 Millionen Euro zur Verfügung; der Eigenanteil der Stadt Herne belief sich auf 250 000 Euro. Den ersten beiden Hallen widmete man sich ab 2022, die nächsten beiden folgten 2023.

Während Glasolux im heimischen Bielefeld an die Planung und Herstellung der Firstverglasungen und Lichtbänder gehen konnte, schritten die Sanierungsarbeiten in Herne voran. Das Anbringen der mehrschichtigen Wärmedämmung in den Satteldächern auf einer Fläche von rund 1400 m² inklusive einer neuen bituminösen Abdichtung gehörte ebenso zu den grundlegenden Aufgaben wie das Schließen der Luftspalten.

Mit der Demontage der Firstverglasungen und Lichtbänder wurde Glasolux ebenfalls beauftragt. Auf­wändige Innengerüste gewährleisteten hierbei – wie auch bei den späteren Montagearbeiten –  höchste Sicherheitsstandards.

Dachverglasungen mit höherer Energieeffizienz und mehr Funktionalität

Bis zu 20 m lang sind die Firstverglasungen und Lichtbänder, die Glasolux für die Flottmann-Hallen konstruierte, fertigte und montierte Bis zu 20 m lang sind die Firstverglasungen und Lichtbänder, die Glasolux für die Flottmann-Hallen konstruierte, fertigte und montierte
Fotos: Cornelia Suhan

Bis zu 20 m lang sind die Firstverglasungen und Lichtbänder, die Glasolux für die Flottmann-Hallen konstruierte, fertigte und montierte
Fotos: Cornelia Suhan
Die neuen Firstverglasungen und Lichtbänder unterscheiden sich zwar optisch nicht von den früheren Ausführungen, wohl aber hinsichtlich ihrer Funktionalität und der Energieeffizienz. Energieeinsparungen von bis zu 30 Prozent sind laut Architektin Sabrina Gronotte realistisch zu prognostizieren. Neben dem Klima- und Ressourcenschutz ist die nachhaltige Verbesserung der klimatischen Bedingungen ein weiterer wichtiger ­Faktor. So sind die Dachverglasungen mit 26 Öffnungsmodulen ausgestattet, die einfach zu steuern sind und zur bedarfsgerechten Klimatisierung beitragen.

Thomas Witt von der Verwaltung der Flottmann-­Hallen nennt einen weiteren Vorteil: „Die früheren Werkstatt-Glasfenster waren deutlich weniger transparent als die jetzigen Elemente. Deshalb können wir nun mehr natürliches Tageslicht nutzen, und das ist gerade für Kunstausstellungen sehr gut. Einige Künstler haben sich zu den aktuellen Lichtverhältnissen bereits begeistert geäußert.“

Fazit

Ob Theater, Tanz, Musik, Kabarett, Comedy, Figurentheater, junge Kultur und Kleinkunst oder Ausstellungen: Der Austausch der Dachverglasungen ist für die Stadt Herne eine wichtige Facette in dem Unterfangen, die revitalisierten Flottmann-Hallen über die Ruhrmetropole weit hinaus noch stärker in den Fokus kulturinteressierter Menschen zu rücken.

Autor

Frank Beushausen ist Inhaber der Agentur für Öffentlichkeitsarbeit Perfect Sound PR in Bissendorf bei Osnabrück.

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