Zur aktuellen Lage rund um die Materialknappheit
Auf deutschen Baustellen sind Holz, Dämmstoffe und Stahl nach wie vor knapp und werden immer teurer. Wir geben einen Überblick über die aktuelle Lage und die Reaktionen der Holzindustrie,Holzverbände, Hersteller und Handwerker.
26.5.2021: Rohstoffverknappung: Austrotherm muss höhere Kosten weitergeben
„Die Nachfrage nach Dämmstoffen ist seit ein paar Monaten geradezu explodiert“, sagt Alexander Sinner, Geschäftsführer der Austrotherm Dämmstoffe GmbH, „einerseits ist die Bautätigkeit stark angestiegen, andererseits haben Hamsterkäufe dazu geführt, dass sich das Bestellvolumen vervielfacht hat.“
Die Austrotherm-Werke produzieren laut Herstellerangaben „rund um die Uhr“ und seien auch nicht durch fehlende Rohstoffe beeinträchtigt. Durch die langjährige Partnerschaft mit unterschiedlichen Rohstofflieferanten könne die Produktions- und Lieferfähigkeit aber aufrechterhalten werden.
„Die entstandene Verknappung führt allerdings auf den internationalen Rohstoffmärkten zu dramatischen Preissteigerungen von über 100 Prozent. Als Dämmstoffproduzent ist Austrotherm dieser Entwicklung leider völlig ausgeliefert und muss die Kostensteigerungen weitergeben“, sagt Alexander Sinner. Die Gründe für diese Rohstoffverknappung reichen laut Austrotherm von Corona-bedingten Produktionsstopps von Vorlieferanten, Verzögerungen in der Logistik bis zu technischen Problemen bei Styrol-Herstellern und einer starken Steigerung der Nachfrage am Weltmarkt, beispielsweise aus Amerika und China.
26.5.2021: Holzindustrie veröffentlicht Lösungsansätze
Der Hauptverband der Deutschen Holzindustrie (HDH) adressiert gemeinsam mit weiteren Branchenverbänden erarbeitete Vorschläge im Rahmen eines Positionspapiers an das Wirtschaftsministerium.„Das Interesse seitens der Politik an der derzeitigen Lage ist ein wichtiges Signal für die Branche. Ordnungs- und prozesspolitische Eingriffe in Märkte sollten die Ausnahme bleiben und mögliche unerwünschte Nebeneffekte vorher genau abgewogen werden“, so HDH-Hauptgeschäftsführer Denny Ohnesorge.
So treffe die Einsetzung des Forstschäden-Ausgleichsgesetzes und die damit verbundene gesetzliche Reduzierung des Angebots an frischem Fichtenrohholz den Markt zur Unzeit. Es verschärfe die aktuell schwierige Versorgungssituation in der Bauwirtschaft nur. Die hohe Nachfrage nach Schnittholz verlange eine kontinuierliche Rohstoffversorgung.
Neben der sofortigen Aussetzung des Forstschäden-Ausgleichsgesetzes sollte eine gesetzliche Regelung zur Vermeidung von Konventionalstrafen geschaffen werden. Dadurch würde ein vertraglich in Verzug geratenes Unternehmen von einer existenzbedrohenden Strafe befreit, wenn es Corona-bedingt entweder in seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt ist oder die Leistungen wegen aktueller Beschränkungen nicht erbringen kann.
Als weitere Lösungsansätze regt die Holzindustrie an, das fehlerhafte Senkenziel im LULUCF-Sektor des neuen Klimaschutzgesetzes zu korrigieren. Danach müsse der Sektor in 2040 eine Kohlenstoffsenke von 35 Millionen Tonnen sein, was im Vergleich zu heute bedeute, bis zu 55 Millionen Tonnen Treibhausgase einsparen zu müssen. Angesichts der überzogenen Zielvorgaben kann die Bundesregierung nur mit großräumigen Flächenstilllegungen kalkulieren, was ihren selbstgesteckten Zielen zuwiderlaufe: „Nur durch aktive Waldbewirtschaftung und eine forcierte Holzverwendung sichern wir das Ökosystem und die maximale CO2-Bindung des Sektors“, macht Ohnesorge deutlich.
Als mittelfristige Maßnahmen führt der HDH eine verbesserte Logistik und Mehrwehrsteuersenkung für umweltfreundliche Produkte an. Als langfristige Maßnahmen sieht er den kontrollierten Vorratsabbau von klimawandelgefährdeten Baumarten zu forcieren und die Rohstoffsicherung durch Waldumbau mit nachgefragten, klimastabilen Baumarten.
Lesen Sie das komplette Positionspapier auf der Seite des HDH hier
25.5.2021: Verbände der Holzwirtschaft rufen zur Geschlossenheit auf
Die Branchenverbände des deutschen Holzwirtschaftsrates appellieren an alle Marktpartner, der besonderen Situation Rechnung tragend umsichtig und mit Rücksicht zu agieren. Der DHWR und seine Branchenverbände betonen, dass jedes Unternehmen frei und individuell am Markt agieren können muss. Sie lehnen Beschränkungen des freien Marktes grundsätzlich ab. Im Bewusstsein dieser außerordentlichen Dimension der aktuellen Marktsituation richten sie gemeinschaftlich folgenden Appell an alle Marktpartner:
1. Wir rufen alle Unternehmen und Verbände unserer Branche zur Geschlossenheit auf.
2. Wir werben für einen fairen Umgang zwischen allen Marktpartnern und betonen die Bedeutung von langjährigen Partnerschaften und Geschäftsbeziehungen.
3. Die Hersteller und Lieferanten unternehmen alle zumutbaren, wirtschaftlich vertretbaren Anstrengungen, um ihre vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen, Lieferketten aufrecht zu erhalten und mögliche Versorgungslücken so gering wie möglich zu halten.
4. Alle Marktpartner sollten Hamsterkäufe in der derzeitigen Situation vermeiden, da diese der ganzen Branche schaden können.“
5. Ziel sollte sein, die Auswirkungen bei der Warenversorgung für den privaten Endverbraucher und den sich so positiv entwickelnden klimafreundlichen Holzbau so gering wie möglich zu halten.
Dieser Appell richte sich an jedes Unternehmen in der Wertschöpfungskette Holz, die unvorhersehbare Krisensituation im fairen und besonnenen Umgang miteinander gemeinschaftlich zu bewältigen und die eigene, ökonomische Gewinnorientierung in dieser besonderen Marktsituation verantwortungsvoll abzuwägen.
21.5.2021: Dachzubehörhersteller Fleck erhöht Preise
Die Fleck GmbH, Hersteller von Dachzubehör, erhöht zum 16. August 2021 die Bruttopreise für ihre Produkte um 5 Prozent. Damit reagiert der Hersteller nach eigenen Angaben auf die Veränderungen der letzten Wochen bei Bau- und Rohstoffen, die in erster Linie auf Preissprünge chemischer Rohstoffe zurückzuführen sind. Die Fleck GmbH berichtet von deutlichen Preissteigerungen bei einigen Hilfsstoffen und im Verpackungsbereich, die die Baustoffbranche betreffen. Hier erfahren Sie mehr.
19.5.2021: Wartezeiten für Holzlieferungen liegen bei 12-15 Wochen
Guido Hayen, Zimmerermeister und Geschäftsführer der G-H Zimmerei und Dachdeckerei aus Steegen in Mecklenburg-Vorpommern, berichtet über die aktuelle Lage in seinem Betrieb: „Generell erlebe ich, dass Holzprodukte zurzeit immer teurer werden, sei es Schalungsholz, Konstruktionsvollholz oder Dachlatten. Der Preis pro Kubikmeter Holz ist im Moment etwa doppelt so hoch wie sonst, wenn man denn überhaupt Schnittholzprodukte erhält. Die Wartezeiten für Holzlieferungen liegen im Moment bei 12-15 Wochen.“
„Grundsätzlich haben wir genügend Aufträge. Aber ich bin mir nicht sicher, ob wir diese Aufträge in ein bis zwei Monaten noch wie geplant ausführen können, da einfach das Material fehlt", so Hayen. Deswegen habe er jetzt schon vorsorglich Kurzarbeit für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angemeldet. „Ich hätte nie gedacht, dass die Situation mal so schlimm werden würde. Hätte ich das zu Beginn des Jahres schon gewusst, dann hätte ich sicherlich mehr Holz eingelagert“, sagt Hayen, „jetzt gehen uns langsam die Vorräte aus und Nachschub ist nicht in Sicht!“
Autoren
Michaela Podschun ist Redakteurin der Zeitschriften bauhandwerk und dach+holzbau. Stephan Thomas ist verantwortlicher Redakteur der Zeitschrift dach+holzbau.