27. Denkmalschutz-Informationstag im Kloster Schöntal: Die Faszination alter Steine und Handwerkskunst

Rund 100 Denkmalschützerinnen und -freunde trafen sich am 22. März im Kloster Schöntal zum 27. Denkmalschutz-Informationstag der Firma Dengel Bau GmbH. Für den Fachvortrag hatten die Verantwortlichen mit Professorin Dr. Ulrike Plate eine der obersten Denkmalschützerinnen Baden-Württembergs gewonnen. Regionale Highlights waren die Vorträge von Dr. Hans Hagdorn vom Ingelfinger Muschelkalkmuseum und Steinmetzmeister Thilo Schlick, der interessante Sanierungen des letzten Jahres vorstellte.

Nach der Begrüßung der Gäste durch Gastgeber Georg Dengel eröffnete Ulrike Plate, Abteilungsdirektorin des Landesamts für Denkmalpflege, den Vortragspart. Ihr Thema war das Spannungsfeld zwischen einer authentischen Denkmalerhaltung und den immer lauter vorgebrachten Forderungen nach energieeffizienten, nachhaltigen Denkmälern. Häufig würden dabei die Denkmalschützer als Verhinderer dargestellt. Diesem Vorwurf trat Plate beherzt entgegen. Wie schon bei der Diskussion über die Barrierefreiheit von Denkmälern habe es noch nie ein kategorisches „Das geht nicht“ gegeben. Immer wieder seien gangbare Lösungen gefunden worden.

So gehen PV und Denkmal zusammen

So sei es problemlos möglich, Dach und Kellerdecke zu dämmen. Auch die heiß diskutieren Photovoltaikanlagen (PV) seien auf einem Denkmal nicht unmöglich. Erst kürzlich habe das Landesamt für Denkmalpflege seinen Hauptsitz in Esslingen mit Photovoltaik ausgestattet und dabei mit verschiedenen Möglichkeiten experimentiert. Angefangen bei klassischen Paneelen bis hin zur Ausstattung eines Dachbereichs mit Solarziegeln. Letztere hätten sich allerdings als teuer und wenig effizient erwiesen, räumte Plate ein.

Bagger einfliegen

Im Anschluss stellte Steinmetzmeister Thilo Schlick zehn interessante Sanierungen aus dem vergangenen Jahr vor. Besonders spektakulär war die Ertüchtigung einer 6 m hohen Weinbergmauer in der Lage Himmelreich Gundelsheim. Für diese Baustelle mussten Gerüst, Baumaterialien und sogar der Bagger mit einem Hubschrauber eingeflogen werden.

Baugerüst an der Schöntaler Kirchensäule Baugerüst an der Schöntaler Kirchensäule
Foto: Dengel-Bau

Baugerüst an der Schöntaler Kirchensäule
Foto: Dengel-Bau
Atemberaubend wurde es, als Schlick die Baumaßnahme für die indirekte Ausleuchtung der Deckengewölbe in der Schöntaler Klosterkirche schilderte. Damit weder Lampen noch Kabel das Bild stören, sollten die Scheinwerfer auf den Kapitellen der tragenden Säulen des Kirchenschiffs platziert werden. Dazu musste der etwa 3 m lange Kabelschacht vom Dachboden über den Gewölben her durch eine jahrhundertealte Säule gebohrt werden.

Kirchensäule durchbohrt

Die Herausforderung dabei fasste Steinmetz Schlick so zusammen: „Kein Staub, kein Wasser, keine Erschütterung. Und treffen sollten wir halt auch.“ Um an der Stelle zu landen, wo der Strom gebraucht wird, bestimmten die Fachleute, wo die Bohrung starten soll. Dieser Punkt ist im Wesentlichen durch die baulichen Gegebenheiten festgelegt. Wo kann die Technik unauffällig untergebracht werden und von wo aus ist überhaupt eine Bohrung möglich?

Bei der verrohrten Bohrung muss der Winkel genau stimmen
Foto: Dengel-Bau

Bei der verrohrten Bohrung muss der Winkel genau stimmen
Foto: Dengel-Bau
Sind Start und Ziel bestimmt, können der genaue Winkel und die Steigung für die Bohrung berechnet werden. Durchgeführt wurde das Projekt als so genannte verrohrte Bohrung mit einer Druckluftkühlung und Absaugvorrichtung. Dafür wird zunächst in dem berechneten Winkel das Bohrgerät mit dem Bohrgestänge eingerichtet. Stück für Stück wurde dann die Bohrung hergestellt und das Rohr der Bohrkrone verlängert, bis das Ziel erreicht war. In Schöntal ging alles glatt. Die Handwerker von Dengel-Bau legten fast eine Punktlandung mit nur wenigen Zentimetern Abweichung hin.

Dr. Hans Hagdorn vom Muschelkalkmuseum Ingelfingen fesselte seine Zuhörer, indem er den Blick des Geologen auf die Baugeschichte der Region lenkte. Seiner Aussage nach sind historische Gebäude ein Zeugnis für die geologischen Besonderheiten einer Region. So sei Hohenlohe-Franken geprägt von Buntsandstein, Muschelkalk und Lettenkeupersandstein, die in vielen Steinbrüchen lokal abgebaut wurden.

In seinem Vortrag warb er dafür, bei Denkmalsanierungen sorgfältig auf die Steinarten zu achten und sich im Zweifel darum zu bemühen, alte Steinbrüche wieder zu aktivieren. So sei vor einigen Jahren bei der Sanierung des Achteckturms von St. Michael in Schwäbisch Hall statt des ursprünglichen Lettenkeupersandsteins geologisch ähnlicher Schilfsandstein zum Einsatz gekommen. Dieser habe aber eine andere Farbgebung, die sich auch nach vielen Jahren nicht angleiche und deswegen noch immer deutlich heraussticht.

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