Baubiologische Sanierung: Schadstoffe reduzieren und Lebensqualität steigern
25.08.2023Die energetische Sanierung von Immobilien gewinnt in Anbetracht des Klimawandels, zunehmender Energieunsicherheit und steigenden Heiz- und Stromkosten an Bedeutung. Wohngebäude zählen mit über einem Drittel zu den Hauptverursachern von CO₂-Emissionen in Deutschland. Zu einer umfassenden Sanierung zählt jedoch nicht allein der Aspekt der Energieeffizienz. Auch Gesundheit und Nachhaltigkeit nehmen einen immer größeren Stellenwert ein. Mit gezielten baubiologischen Maßnahmen im Rahmen der energetischen Sanierung ist es möglich, ein nachhaltig gesundes Wohn- und Arbeitsumfeld frei von Schadstoffquellen zu schaffen.
Was bedeutet Sanieren im Sinne der Baubiologie?
Für die Dämmung eines Gebäudes gibt es alternative Dämmstoffe, wie zum Beispiel Holzfasern.
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Die Baubiologie rückt die Beziehung zwischen den Menschen und ihrer gebauten Wohn- und Arbeitswelt in den Fokus und untersucht, welche Einflüsse bestimmte Umweltfaktoren auf Gesundheit und Wohlbefinden haben. Das schließt energieeffizientes, aber auch umweltfreundliches, nachhaltiges und schadstofffreies Bauen, Sanieren und Wohnen ein. Zu den möglichen Schadstoffen, die sich negativ auf die Gesundheit auswirken können, zählen nicht nur Schimmelbelastungen und Luftschadstoffe, sondern ebenso Lärm und Elektrosmog. Baubiologen können mit bestimmter Messtechnik riskante Umwelteinflüsse sichtbar machen, die auf den ersten Blick nicht wahrnehmbar sind, wie zum Beispiel elektromagnetische Felder (EMF), leicht flüchtige Schadstoffe (VOC) oder Radon.
Auch eine Lageanalyse, bei der Belastungen durch niederfrequente elektrische Gleich- und Wechselfelder oder geologische Störzonen identifiziert werden, ist denkbar. Hinsichtlich der Gebäudesanierung können Baubiologen Hinweise geben, welche Baumaterialien unbedenklich sind und wie sich die Maßnahmen umweltfreundlich umsetzen lassen, um ein gesünderes Wohnen zu ermöglichen.
Unbedenkliche Materialien und Baustoffe für mehr Wohngesundheit
Bleiben Schadstoffbelastungen unentdeckt, können sie sich langfristig auf das Wohlbefinden auswirken und schlimmstenfalls gesundheitliche Problemen verursachen. Häufige Symptome sind Erschöpfung, Unkonzentriertheit, Kopfschmerzen oder eine verminderte Leistungsfähigkeit. Als bedenklich gelten Materialien, die flüchtige organische Verbindungen absondern, kurz VOC für Volatile Organic Compounds. Dazu gehören unter anderem Bodenbeläge, Wand- und Deckenmaterialien, Möbel, Lacke, Farben, Klebstoffe oder Lösemittel.
Eine Alternative zu Kunststoff für Bodenbeläge ist Kork.
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Umso wichtiger ist die Verwendung baubiologisch unbedenklicher Baustoffe und Materialien bei der Sanierung, wie zum Beispiel Holz, Naturfasern, Gips- und Kalkputze oder Lehm. Damit sie Luftfeuchtigkeit und Schadstoffe besonders gut aufnehmen, dürfen sie allerdings nicht mit Lacken, Dispersionsfarben oder gesundheitsschädlichen Holzschutzmitteln behandelt werden. Schadstofffreie Alternativen zu Dispersionsfarben sind Kasein-, Leim-, Silikat- oder Lehmfarben. Empfehlenswert ist es ebenfalls, nur wenige Materialien zu verwenden, die sich statisch aufladen. Alternativen zu Bodenbelägen aus Kunststoff sind Holz, Laminat, Linoleum, Naturstein, Bambus oder Kork.
Auch energieeffizientes Sanieren ist mit natürlichen und unbelasteten Materialien möglich. Für die Dämmung kommen alternative Dämmstoffe zum Einsatz, die eine gute Wärmeleitfähigkeit haben, diffusionsfähig und nachhaltig sind sowie den Anforderungen an den Brandschutz entsprechen. Das sind zum Beispiel Zellulose, Flachs, Hanf, Holzfasern, Schilf oder anorganische Materialien wie Perlite. Neben unbedenklichen Materialien und Baustoffen ist die Installation von ressourcenschonenden Anlagen zur Energieerzeugung Teil der baubiologische Sanierung. Photovoltaikanlagen sind besonders ökologisch. Bei der Stromerzeugung entstehen jedoch elektrische und magnetische Gleich- und Wechselfelder, die gesundheitliche Auswirkungen haben, etwa Kopfschmerzen und Schlafstörungen. Die Abschirmung mit einem Blechdach oder einer wasserabweisen Abschirmhaut schafft hier Abhilfe.
Worauf es bei der baubiologischen Sanierung ankommt
Christian Schaar ist Geschäftsführer der S2 GmbH in Birkenau
Foto: Skan-Hus Projekt GmbH
Orientierung für schadstofffreie Bauprodukte und Materialien beim ökologischen Bauen und Sanieren bieten anerkannte Umwelt- und Gütesiegel, wie „Der Blaue Engel“, EMICODE®, eco-Insitut-Label oder das natureplus-Siegel. Wer Schadstoffe bei der Sanierung aufspüren und entfernen möchte, kann direkt von Beginn an einen Baubiologen in das Projekt mit einbeziehen. Das Dienstleistungsspektrum reicht abhängig vom Zustand von baubiologischen Beratungen und Messungen über Schadstoffanalysen bis hin zur Bewertung der Bausubstanz. Besteht der Verdacht auf schädliche Stoffe im Gebäude, können Baubiologen diese Belastungen identifizieren und geben ebenfalls Tipps zur fachgerechten Entsorgung des Materials. Mit ihrer Hilfe können sich Hauseigentümer für geeignete Sanierungsmaßen hinsichtlich Energieeffizienz, Wohngesundheit und Umweltschutz entscheiden und langfristig ihre Lebensqualität in den eigenen vier Wänden steigern.
Autor
Christian Schaar ist Geschäftsführer der S2 GmbH in Birkenau. Seine baubiologischen Kenntnisse erlangte er durch den täglichen Umgang mit Problemen der Baubiologie in verschiedenen Unternehmen des ökologischen Holzbaus. Als Geschäftsführer eines Planungsbüros, dessen Schwerpunkt ebenfalls der ökologische Holzbau ist, wird er bei Neubauprojekten und Sanierungen regelmäßig mit baubiologischen Fragestellungen konfrontiert und als Experte auf diesem Gebiet konsultiert.