Europäischer Tag des Notrufs: Arbeitssicherheit zur Priorität machen
11.02.2025Am 11. Februar ist der europäische Tag des Notrufs. Ein guter Anlass, um einmal zu überlegen: Was können Unternehmen tun, damit Anrufe bei der 112 gar nicht erst erforderlich sind? Joost Knapen, Head of Product and Brand Marketing bei Zarges, erklärt wie sich mit den richtigen Schutzmaßnahmen das Risiko für Arbeitsunfälle erheblich reduzieren lässt – ob auf Baustellen oder in der Industrie.
Pro Tag gehen durchschnittlich 84.000 Notrufe bei den Leitstellen von Feuerwehr und Rettungsdienst in Deutschland ein, also einer pro Sekunde. Insgesamt waren es im Jahr 2023 über 30 Millionen, so die aktuellen Zahlen der deutschen Telekom, über deren Netz alle Anrufe an die 112 übertragen werden. Zwar resultiert nicht aus jedem Notruf ein Einsatz, doch die Rettungskräfte haben mehr als genug zu tun. Allein in Bayern musste das Bayerische Rote Kreuz (BRK) 648.000 Mal ausrücken. Ein nicht zu unterschätzender Teil der deutschlandweiten Notrufe betrifft das Arbeitsumfeld. So wurden 2023 laut Angaben der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) 10.283 schwere Arbeitsunfälle gemeldet. 381 davon endeten tödlich. Höchste Zeit also, das eigene Arbeitssicherheits-Konzept einmal auf den Prüfstand zu stellen.
Hohes Risiko durch Absturzunfälle und Hängetrauma
Pro Tag gehen durchschnittlich 84.000 Notrufe bei den Leitstellen von Feuerwehr und Rettungsdienst in Deutschland ein
Foto: Michael Schwarzenberger / Pixabay
Besonders hoch ist die Wahrscheinlichkeit zu verunglücken in der Bauwirtschaft: Hier spielten sich 76 der tödlichen Arbeitsunfälle ab. Kein Wunder, schließlich arbeiten die Beschäftigten häufig mit schweren Geräten oder in großen Höhen. Gerade Absturzunfälle sind gefährlich. Sie machten laut DGUV 16 Prozent der tödlichen und 30.000 der meldepflichtigen Arbeitsunfälle aus. Oft reicht schon ein Sturz aus weniger als zwei Metern, um böse Verletzungen zu verursachen. Mit zunehmender Höhe steigt der Schweregrad. Um sich abzusichern, tragen die Bauarbeiter immer öfter Auffanggurte. Diese schützen zwar vor einem Aufprall, nicht aber vor einem Hängetrauma.
Denn wenn eine Person in aufrechter Position bewegungslos im Gurt hängt, versackt durch die einschneidenden Riemen das Blut in den Beinen. Das Gehirn und andere lebenswichtige Organe werden jetzt nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt, sodass es zu Schwindel, Übelkeit oder Verwirrung kommt. Bereits nach zehn Minuten entwickeln fast alle Betroffenen Symptome, nach 15 Minuten nehmen die Überlebenschancen rapide ab. Und selbst wenn die Bergung rechtzeitig gelingt, können Schäden zurückbleiben, weil das versackte Blut womöglich toxische Stoffe im Körper freisetzt.
Was können Rettungskräfte überhaupt leisten?
Wenn es um die Rettung von Menschenleben geht, zählt oft jede Sekunde. Viele Unternehmen überschätzen jedoch, wie schnell die Einsatzkräfte zur Stelle sein können. So mancher technische Leiter denkt: „Wir haben doch einen Deal mit der Feuerwehr – die kommt sofort, wenn bei uns etwas passiert.“ Doch bei einem Absturz können die eintreffenden Helfer den verunglückten Mitarbeiter oft nur noch tot aus den Gurten schneiden. „Keine Frage: Die Rettungskräfte leisten einen enormen Dienst und geben jeden Tag ihr Bestes. Aber auch sie arbeiten häufig am Rande ihrer Kapazität und sind unterbesetzt. Wenn viele Einsätze gleichzeitig stattfinden, dann sind Engpässe programmiert“, sagt Joost Knapen.
Eine bundesweite investigative Recherche des SWR zeigt: Bei einem plötzlichen Herz-Kreislauf-Stillstand kommen mehr als 80 Prozent der Rettungsdienste in Deutschland zu spät. Nach spätestens acht Minuten sollte in solchen Fällen ein Reanimationsversuch erfolgen. So schnell schaffen es aber nur wenige Sanitäter an den Einsatzort. Wie hoch stehen dann die Chancen für die sichere Bergung bei einem Absturzunfall?
Integrierte Auffang-Lösung kann Leben retten
Moderne PSA, wie ein Chair in the air, muss Mitarbeitende auf Baustellen vor Risiken schützen und dabei ergonomisch sein.
Foto: Zarges
Umso wichtiger ist es laut Zarges, für optimale Prävention und bestmöglichen Arbeitsschutz zu sorgen. Zur Absturzsicherung empfiehlt sich zum Beispiel ein „Chair in the Air“-System, mit dem sich der Arbeiter schnell und einfach selbst in eine sitzende Position bringen kann. Dadurch wird der Druck auf die Beine verringert und die Blutzirkulation bleibt im Fluss. Da das System fest im Auffanggurt integriert ist, muss der Abgestürzte lediglich die Beine anziehen, um zum Sitzen zu kommen. Er kann sich intuitiv retten und braucht keine Erfahrung im Umgang mit Schutzausrüstung. Das macht die Lösung sicherer als Trauma-Schlingen, wie sie üblicher Weise zum Einsatz kommen. Diese muss der Arbeiter nicht nur separat mitführen und in der Stresssituation schnell griffbereit haben. Auch die Anwendung erfordert regelmäßiges Training, damit im Ernstfall alles richtig funktioniert.
Unterschätzte Gefahr: Akku-Brand
Neben Absturzunfällen und Hängetraumata lauern in der Bauwirtschaft und Industrie viele weitere Risiken, mit denen sich Arbeitssicherheitsverantwortliche auseinandersetzen müssen. Eine oft noch unterschätzte Gefahr geht zum Beispiel von Lithium-Ionen-Akkus aus, die in vielen Elektrowerkzeugen stecken. Wenn die Energieträger altern, defekt sind oder unsachgemäß gelagert werden, können sie sich entflammen. Das liegt unter anderem daran, dass durch den natürlichen Alterungsprozess das Risiko für einen Kurzschluss steigt. Hohe Temperaturen oder Stöße bei der Lagerung können zudem die inneren Komponenten schädigen.
Mit der Akku-Storage-Box von Zarges können Batterien von Werkzeugen fachgerecht gelagert werden.
Foto: Zarges
Einmal entfacht, lassen sie sich nur schwer löschen. Denn Lithium-Ionen-Akkus brennen mit einer Hitze von teilweise über 1000 Grad. Herkömmliche Löschmittel reichen dafür nicht aus. Beim Kontakt mit Wasser besteht sogar Explosionsgefahr. In vielen Fällen kann die Feuerwehr den Brand nicht löschen, sondern nur unter Kontrolle bringen. Um Risiken zu mindern, ist es daher wichtig, Akkus sicher zu lagern und zu transportieren. Dafür empfehlen sich zum Beispiel spezielle Safety-Boxen, die über eine feuerfeste Innenauskleidung verfügen.
Die Regulatorik nimmt zu
Aufgrund der zunehmenden Verbreitung von E-Bikes und elektronischen Geräten ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber in den kommenden Jahren strengere Regularien für die Handhabung und Lagerung von Lithium-Ionen-Akkus erlassen wird. Auch Versicherer werden dieses Risiko voraussichtlich adressieren und ihre Policen anpassen. Schon heute fällt die Implementierung geeigneter Schutzmaßnahmen für Akkus aber unter §5 des Arbeitsschutzgesetzes. Demnach sind Arbeitgeber verpflichtet, die Arbeitsbedingungen und damit verbundene Gefährdungen zu beurteilen.
Künftig müssen Unternehmen immer mehr Regularien in der Arbeits- und Produktsicherheit berücksichtigen. Seit Dezember 2024 gilt zum Beispiel die neue EU-Verordnung für die allgemeine Produktsicherheit, die die bestehende Richtlinie 2002/95/EG ablöst. Hersteller müssen jetzt beispielsweise für jedes Produkt eine interne Risikoanalyse erstellen. Für Sicherheitsbeauftragte wird es immer schwieriger, alle regulatorischen Anforderungen im Blick zu behalten und im Detail zu kennen. Daher ist es empfehlenswert, sich von externen Spezialisten beraten zu lassen.
Fazit
Arbeitssicherheit ist Arbeitgeberpflicht. Natürlich kann es trotz bester Prävention einmal zu Unfällen kommen. Dann sind wir froh und dankbar, wenn Feuerwehr und Notfallsanitäter schnell zur Stelle sind. Unternehmen sollten aber alles tun, um Rettungseinsätze zu vermeiden und Risiken zu mindern. Daher ist es wichtig, Arbeitssicherheit zur Priorität zu machen und bestehende Schutzmaßnahmen auf den Prüfstand zu stellen. Externe Spezialisten können beratend unterstützen, um optimale Lösungen zu finden. Am Ende geht es auch um gesellschaftliche Verantwortung und jeder Notruf, der sich vermeiden lässt, zählt. (bhw/ela)