Update 2. Februar

Warum die KfW-Förderung für Neubauten gestoppt wurde

Nach dem plötzlichen KfW-Förderstopp bekommen viele Bauherren nun doch Geld für ihre energieeffizienten Häuser. Anträge, die vor dem Förderstopp am 24. Januar eingingen, werden doch bearbeitet. Die beteiligten Ministerien haben sich darauf geeinigt. Laut einer Schätzung  des Empirica-Instituts sollen rund 50.000 Wohnungen und Häuser von der KfW-Entscheidung direkt betroffen sein.

Die KfW Bank hat gemeinsam mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz bekannt gegeben, dass mit sofortiger Wirkung keine Anträge mehr im Rahmen der Bundesförderung Effiziente Gebäude (BEG) gestellt werden können. Schon jetzt liegen mehr Anträge vor als bewilligt werden können.

Das wichtige Förderprogramm (Zuschüsse) für Einzelmaßnahmen im Bestand sei davon nicht betroffen. Es werde nach wie vor über das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) abgewickelt und es können weiterhin Anträge gestellt werden. Ebenfalls nicht betroffen ist die steuerliche Förderung von Einzelmaßnahmen.

Der Stopp der KfW Bank betrifft somit im Wesentlichen den Bereich „Neubau“. Das im November 2021 angekündigte Ende der EH55-Neubauförderung hat zu einem „Run“ auf die Finanzmittel geführt. Allein im Zeitraum November 2021 bis heute sind nach Angaben der KfW Anträge in Höhe von über 20 Mrd. Euro Fördervolumen eingegangen. Da diese Bauprojekte noch vor der Ausführung stehen, wird sich der Förderstopp im Neubaubereich voraussichtlich erst zeitversetzt auswirken.

VDPM fordert, viele Bestandsgebäude mit Wärmedämmung zu versehen

Dazu der Verband für Dämmsysteme, Putz und Mörtel (VDPM): „Unser dringendes Anliegen muss nun sein, die Förderung energetischer Maßnahmen im Bestand aufrecht zu erhalten und für die Zukunft sinnvoll zu gestalten. Dazu gehört die Vermeidung unwirtschaftlich hoher Anforderungen, mit denen die energetische Modernisierung unnötig verteuert würde. Die Förderung muss sich darauf konzentrieren, dass möglichst viele Bestandsgebäude mit einer Wärmedämmung versehen werden, damit sie anschließend ‚Niedertemperatur-ready‘ sind und mit erneuerbarer Energie beheizt werden können“, so Dr. Hans-Joachim Riechers, Hauptgeschäftsführer des VDPM, „Fördergelder, die künftig nicht mehr in den Neubaubereich fließen, sollten generell für die energetische Gebäudemodernisierung zur Verfügung stehen. Nur dann rückt das Erreichen der Klimaziele näher.“

Aktuell gibt es laut VDPM in Deutschland rund 42 Millionen Wohnungen, viele davon seien in energetisch unzureichendem Zustand. Der Schlüssel liege also im Gebäudebestand. Dort habe die Dämmung der Gebäudehülle in den meisten Ausgangssituationen den höchsten Effekt auf die Senkung des Primärenergiebedarfs. „Das wiederum ist die wichtigste Voraussetzung für eine wirksame und wirtschaftliche Versorgung dieser Gebäude mit erneuerbarer Energie“, so Dr. Hans-Joachim Riechers.

RTG befürchtet starke Irritation im Markt

Der plötzliche Antragsstopp wird nach Einschätzung der Repräsentanz Transparente Gebäudehülle (RTG) für starke Irritation im Markt sorgen. „Ein Ausfall der Förderung kann Bauherren, deren Projekte fertig geplant sind oder die bereits Förderung beantragt haben, in erhebliche Schwierigkeiten bringen. Abläufe werden gestört, Finanzierungen müssen neu aufgestellt werden. Das ist nicht nur für die Bauherren problematisch, sondern auch für die Sanierungswelle, die die Förderung eigentlich starten soll. Wir können die Bundesregierung nur dringend bitten, diese Situation so schnell wie möglich durch frische Haushaltsmittel zu beenden“, kommentiert Thomas Drinkuth, Leiter der RTG.

Staat müsse für Stabilität sorgen

Ausschlaggebend für eine erfolgreiche Förderung ist laut RTG deren Stabilität. Bau- und Sanierungsvorhaben werden langfristig geplant. Die Förderung soll Eigentümer dazu motivieren, mehr für den Klimaschutz zu tun, als der Staat in den Bauvorschriften ohnehin verlangt. Ist eine staatliche Förderung fester Bestandteil des Finanzierungskonzepts, darf sie nicht einfach wegbrechen. „Wenn Eigentümer dem Anreiz folgen sollen, muss der Staat auch zuverlässig liefern. Es geht um Vertrauen. Alles andere gefährdet die Wirksamkeit der Förderung. Und die ist für das Erreichen der Klimaziele essentiell, denn sie bildet derzeit den einzigen starken Impuls zur klimafreundlichen Gebäudesanierung“, so Drinkuth weiter.

Definition eines klimaneutralen Gebäudes nötig

Dass unabhängig vom haushaltsbedingten Förderstopp eine Neuausrichtung der Förderung notwendig ist, bestätigt auch die RTG. Die heute geförderten Effizienzhaus-Standards seien nicht auf das Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestands ausgerichtet und daher überholt. „Wir schlagen vor, für die Förderung von morgen ein klimaneutrales Gebäude zu definieren: Was für eine Gebäudehülle braucht es, welche Heizungsarten und welche Technik kommen in Frage. Förderung kann es dann für ein klimaneutrales Gebäude insgesamt und für die einzelnen Komponenten geben.“

Wichtig sei zudem, bei der angekündigten Ausrichtung an der CO2-Einsparung die erneuerbaren Energien und die Energieeffizienz gleichwertig zu berücksichtigen. Angesichts des in allen Sektoren erheblich steigenden Bedarfs an erneuerbarer Energie ist gerade bei Gebäuden ein geringer Energiebedarf ebenso wichtig wie die Umstellung von fossilen auf erneuerbare Energieträger.

„Eine Neuausrichtung der Förderung sollte die Bundesregierung in einem geordneten Prozess zusammen mit den Marktakteuren erarbeiten und diskutieren und dann mit vernünftigen Fristen einführen“, fordert Drinkuth. So könnten sich die Eigentümer ebenso wie die Bauwirtschaft darauf einstellen. 

Holzwirtschaftsrat spricht von „böser Überraschung“
 
Der Präsident des Deutschen Holzwirtschaftsrates (DHWR), Erwin Taglieber, kritisiert die Entscheidung als „böse Überraschung“. Nach den wirtschaftlichen Verwerfungen der Corona-Krise sowie den schlechten Materialverfügbarkeiten bei explodierenden Kosten im vergangenen Jahr komme die Regelung für die gesamte Bauwirtschaft, Bauherren und Investoren zur Unzeit.
„Der Antragsstopp verteuert das Bauen erheblich und wird zu weniger Bautätigkeit führen. Schon jetzt berichten unsere Unternehmen von Auftragsstornierungen, da viele Finanzierungen plötzlich in der Luft hängen und zahlreiche Aufträge bis zur Klärung der künftigen Förderung ausgesetzt werden. Die Baubetriebe ihrerseits werden als unmittelbare Folge den Zulieferern die Aufträge stornieren. Es droht erheblicher Mehraufwand für die Unternehmen, bei denen die Telefone nicht mehr stillstehen.“

„Fatales Signal“ für den Klimaschutz

Die Einstellung der Förderung für Effizienzhaus/Effizienzgebäude 55 im Neubau zum 31. Januar 2022 war erwartet worden. Nun aber die komplette Förderung für energieeffiziente Gebäude zu stoppen, sei in klimapolitischer und wirtschaftlicher Hinsicht fatal. Offensichtlich sei sich das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) der Tragweite seiner Entscheidung nicht bewusst gewesen, so Taglieber.
Der Gebäudesektor sei für das Erreichen der Klimaschutzziele eine zentrale Säule. Ohne die Bundesförderung der KfW werde es unmöglich werden, diese Ziele zu erreichen und bis 2045 klimaneutral zu werden. Bauherren würden zukünftig energetisch schlechter bauen, ist sich der DHWR-Präsident sicher.

„Es muss jetzt schnell gehen. Eine Übergangslösung für die Wiederaufnahme der Förderungen ist dringend notwendig, bis eine neue Fördersystematik gilt. Es kann nicht sein, dass Bauherren und Unternehmen allein gelassen und klimagerechtes Bauen ausgebremst werden, weil man mit der Masse an Anträgen nicht zurechtkommt, mit denen im Vorfeld zu rechnen war.

(bhw/ela)

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