Wie Bauhandwerker Photovoltaik intelligent nutzen können
23.11.2023
Ein Solarkraftwerk auf dem Firmendach hilft, energieautark zu werden.
Foto: ESS Kempfle
Wer energieautark arbeiten will, sollte auf erneuerbare Energien setzen. Wie der Geschäftsführer eines Bauhandwerkbetriebs aus dem Allgäu, der seit 15 Jahren Sonnenstrom produziert. Eine 100 Kilowatt-Peak starke Photovoltaikanlage thront auf dem Dach der 2000 m² großen Betriebshalle. Wobei das Kraftwerk erst 2028 Strom für den Eigenbedarf liefert. Bis dahin speist der Mittelständler die Energie ins Netz ein. Vor 20 Jahren war das, verbunden mit staatlich geförderter Einspeisevergütung, der einzige Weg, Strom in Eigenregie regenerativ zu produzieren.
100 Prozent Eigennutzung
Inzwischen hat sich einiges geändert. Immer mehr Betriebe erkennen, dass sie durch Nachhaltigkeit Geld sparen. Der Chef der gleichnamigen Firma ESS Kempfle aus Leipheim weiß um die oft unkalkulierbaren Stromkosten energieintensiver Firmen. Für diese findet der aus bayerisch Schwaben stammende Solateur daher Wege, um schnell energieautark zu werden. So installiert ESS Kempfle bei besagtem Baubetrieb 48 zusätzliche Solarmodule an der Firmenfassade – Ausrichtung Süd und West. Der über dieses Fassadenkraftwerk erzeugte Strom fließt nicht ins Netz, sondern direkt in die mehr als 13 Maschinen des Betriebs. Die Amortisation der PV-Anlage soll innerhalb von sieben Jahren erfolgen.
Verbräuche prüfen
Doch wie genau ermitteln Unternehmen, wann sich ein Einstieg in die Stromerzeugung lohnt? Und vor allem zu welchen Konditionen? Kempfle rät, die eigenen Anlagen und Steuerungen vorab zu messen. Was wird wann genutzt, wie hoch sind die Verbräuche und wo finden sich Sparpotenziale? Viele regenerative Energien ermöglichen nach so einer Prüfung ein Konzept, abgestimmt auf das eigene Unternehmen. Windkraft, Biogas, Photovoltaik (PV), Wasserkraft, Nah- oder Erdwärme sowie Biogas reduzieren Emissionen. Biogas etwa kann Erdgas bei der Wärmegewinnung ersetzen. PV-Anlagen sind bei der Stromerzeugung oft erste Wahl. Zumal nicht direkt genutzter Strom für E-Mobilität eingesetzt werden kann und überschüssiger Strom vergütet wird. Bei manchen Firmen blubbert via herkömmlicher 230-Volt-Steckdosen über den ganzen Arbeitstag hinweg Sonnenstrom in die firmeneigenen E- bzw. Hybridautos.
Infrarotheizung
Die Grafik zeigt, wie sich eine PV-Anlage rechnet.
Grafik: ESS Kempfle
Wobei Kempfle weitere Vorteile nennt: Der Sonnenstrom kann helfen, die Wärmeerzeugung im Betrieb zu unterstützen. Etwa, indem er Infrarotheizungen antreibt. Der dauerhaft günstig produzierte Strom liegt zudem deutlich unter den aktuellen Marktpreisen. Und vor allem bleibt er über einen Zeitraum von Jahren stabil. Wer den Emissionshandel mitdenkt, erkennt: Firmen können sparen durch direkten Verbrauch – oder indirekt durch CO2-Zertifikate, die sie als Erzeuger regenerativen Stroms erhalten und die sie verkaufen können. Was zudem viele Unternehmen merken: Teil des Umstiegs auf regenerative Energien ist auch die Vermeidung von CO2- Emissionen. Das kann die Betriebskosten erheblich entlasten. Etwa, wenn statt Maschinen mit hydraulischer Technik neue Anlagen angeschafft werden, die mit Elektromotoren laufen.
Emissionshandel
Fakt ist, die CO2-Abgaben bergen ein hohes Kostenrisiko. Die EU sieht vor, CO2-Zertifikate ab 2025 ausschließlich über die Börse zu handeln. Der 2020 ermittelte Preiskorridor pro erzeugte Tonne CO2 ist damit hinfällig. Vor der Energiekrise wurde in der EU diskutiert, die Preise pro Tonne auf 45 Euro zu erhöhen. Mit dem Klimapaket hat die Bundesregierung jedoch 2021 beschlossen, dass die Kosten des klimaschädlichen Gases bei 25 Euro pro Tonne liegen. Danach werden die Abgaben schrittweise auf 45 Euro bis 2025 erhöht. Real lagen 2022 die Zertifikatspreise an der Börse dagegen bei 90 Euro, der Mittelwert bei 70 Euro/Tonne.
Qualität vor Quantität
Abschließend ist es wichtig, in die Qualität der Anlagen zu investieren. Besonders im gewerblichen Einsatz überzeugen hochwertige Solarmodule mit ihrer Leistungsfähigkeit und geringen Wartungen – die Leistungsgarantie vieler Hersteller liegt bei mehr als 25 Jahren. Hochwertige PV-Anlagen lassen sich einfach in den Bestand integrieren, außerdem sind die Beschaffungskosten oftmals nicht höher als bei billigeren Modulen. Bei E-Mobilität mit passenden Wärmekonzepten ist auch hier das Know-how mehrerer gefragt. Ein großes Einsparpotential ist definitiv gegeben. Schnittstellen mit mehreren Energieträgern müssen definiert und sichtbar gemacht werden. Dann steht einer Preisersparnis für ein Unternehmen nichts mehr im Wege.
Autor
Michael Sudahl ist als freier Journalist bei der Agentur Der Medienberater Fromm Sudahl in Schorndorf tätig.