Bauen mit Lehm hat eine lange Tradition
Das Bauen mit Lehm hat hierzulande eine lange Tradition. Schon vor Jahrhunderten verwendete man Lehm vermischt mit Stroh auf Holzstaken und Weidengeflecht im Fachwerkbau. Gleichwohl lassen sich die Gefache auch mit Lehmsteinen oder mit lehmverputzten Strohballen füllen. Welches Spektrum es heute an Lehmbautechniken gibt, oder – besser gesagt – wieder gibt, zeigt der Erfahrungsbericht ab Seite 6 in dieser Ausgabe der bauhandwerk. Der Beitrag beweist auch, das Lehm zwar ein handwerklich traditioneller, aber keinesfalls veralteter Baustoff ist.
Wie ab Seite 26 zu sehen, lassen sich in Lehmbauplatten sogar Heizsysteme integrieren und daraus, mit Lehm verputzt, klimatisch besonders günstige Wandflächenheizungen montieren. Denn schon ein dünner Lehmputz wirkt feuchteregulierend. Je dicker die Schicht, desto wirksamer wird dieser Effekt, der in Stampflehmbauten am deutlichsten spürbar ist. Bei dieser Bauart denken viele an marokkanische Kasbahs, jene aus Lehm gestampften Wohnburgen, die dem trockenen Wüstenklima trotzen. Aber es gibt den Stampflehmbau auch hierzulande als handwerkliche Tradition – nur unter anderem Namen: Pisé-Bauweise nennt man den ab dem Ende des 18. Jahrhunderts wieder „salonfähig“ gewordenen Stampflehmbau. Das höchste Gebäude Deutschlands dieser Art steht in Weilburg und das seit mehr als 180 Jahren: ein 1827 errichtetes sechsgeschossiges Wohnhaus. Ein der Schlichtheit des Materials angemessener Neubau ist die in Stampflehmbauweise entstandene Kappelle der Versöhnung in Berlin. In bauhandwerk 11/2003 hatten wir ab Seite 20 ausführlich darüber berichtet. Vor der Witterung wird das Stampflehmoval der Kapelle von einem weit ausladenden Dach geschützt, das in eine offene Fassade aus vertikalen Latten übergeht. Anders verhält es sich bei dem ab Seite 16 in diesem Heft in allen Einzelheiten vorgestellten frei bewitterten Stampflehmhaus von Martin Rauch in Schlins. Eine solche Bauweise ist auch in der Schweiz und in Österreich nur möglich, weil in den Stampflehm Schichten aus schlagregenbrechenden Ziegelplatten eingelegt wurden und der Bauherr eine Grundhaltung vertritt, die nicht an einem Ewigkeitsanspruch festhält, sondern in der permanenten Veränderung aller Dinge ihren passenden Ausdruck findet. Lehm ist – wie alle Naturbaustoffe – ein Material, das wunderbar altert.
Viel Erfolg bei der Arbeit wünscht
Lehm ist zwar ein handwerklich traditioneller, aber
keinesfalls veralteter Baustoff