Baustellenlogistik und Extremwetter: Besondere Aufgaben für den Gerüstbau
 

Es war das Branchenevent des Jahres: Knapp 450 Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen nach München zur Jahreshauptversammlung und Bundesfachtagung Gerüstbau. Der Präsident der Handwerkskammer für München und Oberbayern, Franz-Xaver Peteranderl, begrüßte die Gäste.  Er verwies auf die „bewegte Zeit“, die geprägt sei von einer strukturellen Wirtschaftskrise und einer instabilen politischen Lage“.

Das gesamte Handwerk leide unter dieser schwierigen Situation. Umso wichtiger sei es, als Handwerks-Familie zusammenzustehen und die Bedeutung des Handwerks für Wirtschaft und Gesellschaft gegenüber der Politik offensiv zu vertreten.

Franz Xaver Peteranderl, Präsident der Handwerkskammer für München und Oberbayern, begrüßte die Teilnehmer der Bundesfachtagung Gerüstbau
Foto: Trümper / Bundesinnung Gerüstbau

Franz Xaver Peteranderl, Präsident der Handwerkskammer für München und Oberbayern, begrüßte die Teilnehmer der Bundesfachtagung Gerüstbau
Foto: Trümper / Bundesinnung Gerüstbau
Nach einigen internen Ehrungen folgten die ordentlichen Mitgliederversammlungen der Bundesin-nung für das Gerüstbauer-Handwerk sowie des Bundesverbandes Gerüstbau e.V. mit den Berichten von Vorstand und Geschäftsführung zu den einzelnen Fachbereichen sowie den Haushaltbeschlüssen. Dabei kam eine große Bandbreite an Themen zur Sprache, die das Gewerk derzeit bewegen: erste Erfahrungen mit der überarbeiteten Abrechnungsnorm ATV DIN 18451, das Gesundheitsschutz-Projekt „Gerüstbau-Gesund“, die bevorstehende Änderung des Übergangsgesetzes sowie die Weiterführung der Imagekampagne zur Nachwuchsgewinnung. Auch der Vorsitzende der Sozialkasse des Gerüstbau-Gewerbes, Dr. Stefan Häusele, erstattete Bericht.

Große Unzufriedenheit mit der Politik

Marcus Nachbauer, Bundesinnungsmeister und Präsident des Bundesverbandes Gerüstbau, verwies ebenso auf die schwierige politische Lage. Wie im Handwerk generell herrsche auch im Gerüstbau eine große Unzufriedenheit mit der Politik der Ampelregierung. Beispielhaft stellte Nachbauer hier das Thema Bürokratiebelastung heraus. Seit Jahren verspreche Berlin hier Abhilfe, doch der vorgelegte Gesetzentwurf bleibe einmal mehr weit hinter den Erwartungen zurück. „Wir sehen bislang nur Trippelschritte, aber keinerlei ‚Wumms‘“, betonte der Bundesinnungsmeister in Anspielung auf den bekannten Ausspruch von Bundeskanzler Olaf Scholz.

Dennoch wolle man sich nicht entmutigen lassen. „Bei allem Frust über die aktuelle Regierungspolitik ist es weiterhin unser Ansatz, mit den politischen Ansprechpartnern im Gespräch zu bleiben“, so Nachbauer. Schließlich gehöre die politische Arbeit zu den originären Aufgaben eines Verbandes.

Besonders freute sich Nachbauer über den Zusammenhalt in der Branche: So habe es bei der Bundesinnung im Jahr 2023 einen deutlichen Mitgliederzuwachs gegeben. Mit aktuell 822 Mitgliedern sei eine neue Bestmarke erreicht worden.

Extremwetter und Gerüstbau

Wetterexperte Frank Böttcher beim Fachvortrag
Foto: Trümper / Bundesinnung Gerüstbau

Wetterexperte Frank Böttcher beim Fachvortrag
Foto: Trümper / Bundesinnung Gerüstbau
Einen besonderen Akzent setzte am darauffolgenden Nachmittag der Fachvortrag. Frank Böttcher, Vorsitzender der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft, referierte zum Thema „„Extremwetter im Klimawandel – Was die Welt mit dem Gerüstbau verbindet“. Anschaulich legte der Wetter- und Klimaexperte dabei dar, dass die gesetzten Ziele zur Eindämmung der Erderwärmung längst unrealis-tisch geworden sind. Statt sich einseitig auf den Klimaschutz zu konzentrieren, müsse die Gesellschaft stärker das Thema Anpassung an den Klimawandel in den Blick nehmen. Und gerade hier kämen neue und wichtige Aufgaben auf den Gerüstbau zu. Bestimmte Typen von Extremwetter-Ereignissen hätten weltweit deutlich zugenommen. Die bereits beobachtete Erwärmung habe bereits zu einer erhöhten Häufigkeit, Intensität und Dauer von Hitzewellen geführt. Eine mögliche Folge des Klimawandels in Deutschland sei die Zunahme von Starkregenereignissen.

Weiter ging es am nächsten Tag mit dem traditionellen „Talk im Gerüst“, der diesmal unter Überschrift „Gerüstlogistik auf der Baustelle – effizient und sicher“ stand. Ein hochaktuelles Thema, denn längst bedeutet Gerüstbau nicht nur, verschiedene Bauteile zu einem Gerüst zusammenzufügen. Die Logistik auf der Baustelle wird zunehmend komplexer und mit ihr die Anforderungen an den Gerüstbauer. Das bringt vielfältige Herausforderungen mit sich, die im Rahmen der Talkrunde angeregt diskutiert wurden. Vertreter von Herstellern und Dienstleistern nahmen ebenso daran teil wie Gerüstbauunternehmer und Vertreter der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU).

Verantwortlichkeiten auf der Baustelle klar regeln

Eine Grundproblematik stand dabei am Anfang: Auf vielen Baustellen werden von den Gerüstbauun-ternehmen logistische Serviceleistungen erwartet, die in den Ausschreibungsunterlagen aber nicht klar festgehalten sind. Im weiteren Verlauf ergeben sich daraus Unklarheiten, was das Zusammenwirken der verschiedenen Gewerke auf dem Bau und die entsprechenden Verantwortlichkeiten ergibt. Und das, obwohl die Regelungen und Vorschriften diesbezüglich eigentlich klar sind.

Letztlich zeigte die Talkrunde vor allem eines auf: Das Thema Baustellenlogistik ist eine Aufgabe, der sich der Gerüstbau unbedingt stellen muss. Am besten gelingt das im Zusammenwirken aller Beteilig-ten, wie sie exemplarisch auf dem Podium vertreten waren. Vertieft werden soll dieses Thema beim Groß-Seminar am 8. und 9. November 2024 in Hannover.

Doch die Tagung bot nicht nur Fachinformationen und verbandsinterne Neuigkeiten: Ob beim Will-kommensabend, an den Ständen der Hersteller im Ausstellungsbereich, beim „rustikalen Festabend“ im Hofbräukeller am Wiener Platz oder beim abschließenden Ausflug – es fehlte nicht an Gelegenheiten zum Austausch im Kollegenkreis. (bhw/ela)

 


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