Anspruchsvolle Fuge
Die Festung Ehrenbreitstein wird bei der Bundesgartenschau 2011 in Koblenz eine wichtige Rolle spielen.
Doch bevor die Festung für die BUGA freigeben werden kann, muss vor allem das Mauerwerk saniert werden. Damit verbunden war auch die Suche nach einer Mörtelrezeptur, die dem historischen Vorbild nahekommt.
2011 wird die Stadt Koblenz Gastgeber der Bundesgartenschau sein und die Festung Ehrenbreitstein – 118 m hoch über dem Deutschen Eck – ist die größte zusammenhängende Ausstellungsfläche. Die Vorboten sind schon jetzt weithin sichtbar. Große Teile des Festungsmauerwerks sind mit Gerüsten und Planen verkleidet. Die Instandsetzungsarbeiten starteten auf Ehrenbreitstein zwar schon 1998, also lange bevor die Stadt Koblenz den Zuschlag für die BUGA erhielt. Aber nun, mit dem Großereignis vor Augen, sind die Arbeiten in die entscheidende Phase getreten.
Finanziert wird die Sanierung von Ehrenbreitstein durch das Land Rheinland-Pfalz. Hierfür stehen an die 40 Millionen Euro zur Verfügung. Teile davon sind für archäologische Ausgrabungen vorgesehen sowie für die Neugestaltung des Eingangsbereichs. Hierzu zählt auch das Empfangsgebäude „Entrée“. Für die Sanierung der historischen Bausubstanz – hauptsächlich der Fassaden und Dächer – stehen aus dem Paket 21 Millionen Euro zur Verfügung. Die gewaltigen Ausmaße und die unterschiedlichen Mauerwerksarten innerhalb der Festung erweisen sich dabei als große Herausforderung.
Albert Diehl ist Leiter der Stabsstelle „Bau und Technik“ der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE) und hat gleichzeitig für den Nutzer die Verantwortung für alle Arbeiten auf Ehrenbreitstein. Die Denkmalpflege ist eine der sechs Direktionen der größten Kulturbehörde des Landes Rheinland-Pfalz. „Im Vordergrund“, so Diehl, „steht bei der Sanierung der Gedanke der Nachhaltigkeit. Sowohl die Festung als auch das Gelände der Bundesgartenschau werden so aufbereitet, dass sie den Bürgern auch nach der Veranstaltung einen hohen Erholungs- und Freizeitwert liefern.“ Besonders am Herzen liegt Diehl die barrierefreie Erschließung der zweitgrößten Festungsanlage Europas. Nicht nur Wege und Flächen werden entsprechend eingerichtet sondern der bestehende alte Sessellift wird durch einen barrierefreien Schrägaufzug ersetzt.
Koordination der Sanierungsarbeiten
Die ersten Arbeiten starteten auf der Festung 2008. Bis April 2011 muss alles fertig sein. Die Arbeiten werden durch den Landesbetrieb Liegenschafts- und Baubetreuung, Niederlassung Koblenz, durchgeführt. Mit der Sanierung des gesamten Komplexes sind insgesamt sechs Architektur- und Ingenieurbüros beauftragt, die sich jeweils verschiedenen Sektoren und Aufgaben widmen.
Auch die Logistik ist auf Ehrenbreitstein ein besonderes Thema. Trotz des großen Umfangs der Sanierungsarbeiten kann überwiegend nur Sackware verwendet werden. Denn den Zugang zur Feste geben nur die alten Festungstore frei, und diese sind zu klein für eine Anlieferung von Silos.
Den passenden Mörtel für die Sanierungsarbeiten beziehen alle Beteiligten vom gleichen Hersteller. Nachdem zunächst drei Wettbewerber entsprechende Musterflächen erstellt hatten, fiel die Wahl auf tubag, ein Unternehmen der quick-mix Gruppe. Die Musterfläche überzeugte die am Bauprozess Beteiligten genauso wie das Materialkonzept, das dem historisch verbauten Mörtel am nächsten kam.
Werksteinmörtel mit natürlich hydraulischem Kalk
Den größten Teil der Sanierungsarbeiten nehmen der Putz, die Mauerwerksfugen und Mauerkronen sowie die Mauerwerksverfestigungen ein. Die Arbeiten, die an den Putzflächen ausgeführt werden, beschränken sich in der Regel auf Putzergänzungen. Überall dort, wo der Originalputz noch erhalten ist, ist es das Ziel, ihn so weit wie möglich zu bewahren. Wo Eingriffe erforderlich sind, werden die Putzflächen mit einem NHL- oder Trass-Kalk-gebundenen Putzmörtel ergänzt und anschließend mit einer letzten Putzlage in altem Kornaufbau und nach Möglichkeit auch Farbe überzogen. Mit diesem mehrlagigen Putzauftrag lässt sich die alte Oberflächenstruktur möglichst originalgetreu wiederherstellen.
Für Attika und Mauerkronen wird ein farblich auf die Festung abgestimmter WTA-Sanierputz verwendet. Passend zur historischen Fassade wird der Oberputz auch in anderen Bereichen in gelbem Ocker-Ton eingefärbt beziehungsweise mit einem Mineralanstrich versehen.
Die Mauerkronen und Zinnen erfordern an vielen Stellen eine umfangreiche Sanierung. Zum Teil ist diese nur durch eine Rekonstruktion des Grundaufbaus möglich. Die stellenweise zerstörten Pfeiler, abgedeckt mit Schieferplatten als Mauerkrone, werden repariert und in geringfügigen Teilen neu aufgemauert. Als Mauer- und Fugenmörtel wird hier ein NHL-gebundener Mörtel mit reduzierter Wasseraufnahme und hoher Flankenhaftung eingesetzt. Die Schieferplatten selbst werden in einem natursteinverträglichen Mittelbettmörtel mit Stützkorn eingebettet und so sicher verankert.
An den Stellen der Festungsanlage, wo eine Mauerwerksverfestigung erforderlich ist, um das vorhandene Mauerwerk so weit wie möglich zu sichern und um einem kompletten Austausch entgegen zu wirken, werden Verfüllmörtel auf natürlich-historischer Kalkbasis auch im Mauerwerksinneren eingesetzt. Dieser so genannte NHLV-g Verfüllmörtel ist über Zugabe von Hydraulikfaktoren so eingestellt, dass der naturgemäß nicht unter Luftausschluss aushärtende NHL-Mörtel trotzdem auch in diesem Bereichen Festigkeiten bis zu 5 N in einem Zeitraum > 70 Tage erreicht. Somit ist gewährleistet, dass auch im Mauerwerksinneren die für die Festung angedachte Bindemittelbasis natürlich hydraulischer Kalk (NHL) beibehalten werden kann.
Auf den früher „dem Feind zugewandten“ Seiten der Festung sind keine Putzflächen vorhanden, sondern ausschließlich unregelmäßiges, unverputztes Natursteinmauerwerk. Diese Flächen müssen größtenteils überarbeitet werden. Hierzu wurde ein speziell auf diese Mauerwerksbelange abgestimmter Trockenspritzmörtel, NHL-gebunden und in Körnung und Farbe an die Festung angepasst, entwickelt.
Dieser Mörtel wird ausschließlich im Trockenspritzverfahren in das Fugennetz eingebracht. Durch seine spezielle Rezepturgeometrie werden trotz des maschinellen Verfugens ideale Mörteldaten, entsprechend dem vorhandenen Altmörtel und abgestimmt auf das Steinmaterial erzielt. Die Druckfestigkeit liegt nach 70 Tagen bei etwa 8 N/mm². Der E-Modul-Wert beträgt rund 12000 N/mm². Diese Mörteldaten können durch die in die Rezeptur eingebauten, auch in der Historie örtlich verwendeten Bimssande und Leichtbimse erzielt werden.
Um das Mauerwerke wieder schonend zu reinigen, möglichst ohne die Steinoberfläche und Patina anzugreifen, wird ein ungewöhnlicher Weg beschritten: Als Reinigungsgranulat werden zerkleinerte Nussschalen bis 2 mm Größtkorn eingesetzt, kombiniert mit einer guten Vorreinigung des Mauerwerkes und einem sehr frühen Nachreinigungszeitraum. Das Mauerwerk wird schon etwa 1,5 Stunden nach dem Spritzvorgang gereinigt. Durch diese Methode kann eine äußerst schonende Steinreinigung durchgeführt werden. Trotzdem ist das Fugenbild geschlossen und harmonisch an die Steinflanken anmodelliert.
Es zeigt sich, dass mit der Kombination aus Rezeptur, moderner Verarbeitungstechnik und handwerklicher Präzision gerade bei den stark belasteten Außenflächen aus Naturstein eine Methode gewählt wurde, die Technik und Wirtschaftlichkeit gut verbindet.
Die Putzflächen werden mit einem Trass-Kalk-gebundenen Mörtel ergänzt
Als Reinigungsgranulat werden zerkleinerte Nussschalen bis 2 mm Größtkorn eingesetzt