Arbeitsschutz lohnt

Arbeitsschutz wird hierzulande meist nicht wirtschaftlich betrachtet. Ganz im Gegensatz zu manch anderem Land, wo unter dem Motto „return on investment“ nicht nur soziale Aspekte bei der Unfallverhütung eine Rolle spielen.

Anreize für mehr Sicherheit am Arbeitsplatz resultieren in manchen unserer Nachbarländer in erster Linie aus finanziellen Überlegungen: je weniger Unfälle, desto weniger Kosten für den Arbeitgeber. Im Ausland haben oft die großen Firmen eine Vorrei­ter­rolle übernommen und den Arbeitsschutz auch als Management­säule etabliert (Wirtschaftlichkeit – Termintreue – Sicherheit).  Auch in Deutschland gibt es entsprechende Untersuchungen: So stellt die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin in ihrer Schrift „Mit Sicherheit mehr Gewinn – Wirtschaftlichkeit von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit“ fest, dass allein 2002 der Produktionsausfall in Deutschland durch krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit 44,15 Mrd. Euro betrug. Für kleinere und mittlere Unternehmen stellt sich die Situation noch dramatischer dar. Die Handwerkskammern rechnen je nach Gewerk und Betriebsgröße mit Kosten für einen Arbeitsunfähigkeitstag von 200 bis 400 Euro. Dies liegt hier vor allem am fehlenden Personalpuffer. Vor diesem Hintergrund sollten Inhaber von Handwerksbetrieben auf das Anbringen von Absturzsicherungen, Fangnetzen usw. auf ihren Baustellen achten.

Der Sicherheitskoordinator auf Baustellen

Gesetzlicher Arbeitsschutz hat in Deutschland eine lange Tradition: Zusammen mit der Schulpflicht entbrannten bereits 1794 erste Diskussionen über den Schutz von jugendlichen Arbeitern. Seitdem hat sich viel getan. Die Einführung des dualen Systems von Gewerbeaufsicht und Berufsgenossenschaft war ein weiterer Meilenstein. Heute regeln vor allem das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), das Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG), die Baustellenverordnung (BaustellV) und die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) den Schutz vor Unfällen oder Gesundheitsgefährdungen am Arbeitsplatz. Gerade für die Baubranche ist die Baustellenverordnung ein wichtiger Garant für mehr Sicherheit:

Mit Einführung des Sicherheitskoordinators wurde eine Person im Bauprozess eingeführt, die als unabhängiger und von terminlichen Zwängen befreiter Berater den Entstehungsprozess des Bauwerks sicherheitstechnisch begleitet. Der Sicherheitskoordinator, der als Vertreter des Bauherren auftritt, wird idealerweise mit Planungsbeginn beauftragt. Der Koordinator kann so rechtzeitig die Gefährdungen in der Bauausführungsphase analysieren und Sicherheitsmaßnahmen ausarbeiten.

Ebenso wird das Bauwerk in dieser frühen Entstehungsphase auf Risiken und Gefährdungen bei Wartungs-, Reparatur- und Rückbauarbeiten im Lebenszyklus des Gebäudes untersucht. Auftretende Sicherheitsdefizite können so noch vor Baubeginn behoben und die baulichen Maßnahmen, wie beispielsweise notwendige Dachausstiege, noch in die Planung und Ausschreibung eingearbeitet werden. Das Ergebnis wird in der „Unterlage für spätere Arbeiten“ dokumentiert. Diese Unterlage dient als Arbeitsgrundlage bei der Planung, Ausschreibung und Ausführung von Wartungs-, Reinigungs- und Reparaturarbeiten am Gebäude. Damit ist das Dokument ein unverzichtbares Instrument für das Kosten- und Facilitymanagement des Bauwerks. In der Bauphase wird die Baustelle vom Koordinator sicherheitstechnisch begleitet und beraten. Die im Planungsprozess festgelegten Sicherheitsmaßnahmen werden auf der Baustelle kommuniziert und kontrolliert. Der Koordinator tritt hier nicht als Bedenkenträger sondern als Problemlöser auf.

Wirtschaftliche Faktoren des Arbeitsschutzes

Arbeitsschutz wird immer mehr auch zu einem Imagefaktor. Eine gut geführte Firma kann es sich nicht erlauben, eine Baustelle mit Sicherheitsmängeln oder gar Unfällen zu betreiben. Aber gerade auch kleine und mittlere Betriebe, die in der Baubranche den Großteil der Firmen stellen, dürfen das enorme wirtschaftliche Potential des Arbeitsschutzes nicht außer Acht lassen. Fehlender Personalpuffer, der beginnende demografische Wandel und ein zunehmender Mangel an qualifiziertem Fachpersonal verschärfen jeden krankheits- oder unfallbedingten Ausfall. Die Vorteile liegen auf der Hand:

    Imagegewinn durch sicheres und ordentliches Arbeiten.

    Qualitätszuwachs, da Arbeiten sicher und handwerklich ordentlich ausgeführt werden.

    Arbeitserleichterungen durch Sicherheitsbesprechungen, die außerdem Synergieeffekte haben: In einer Bauleiterbesprechung werden Arbeitsvorgänge besprochen und nochmals von einer anderen Seite beleuchtet.

    Höhere Produktivität durch sicherere Arbeitsplätze.

    Geringere krankheitsbedingte Ausfallzeiten durch das Hinwirken auf eine sichere Baustelleninfrastruktur.

    Fertigstellungstermine werden durch eine gesteigerte Produktivität und weniger Ausfallzeiten leichter eingehalten.

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 11/2023

SiGe-Koordinatoren sorgen für Sicherheit auf der Baustelle

Baustellenverordnung und Arbeitsschutzgesetz legen unter anderem die Verpflichtungen in Sachen Sicherheit und Gesundheitsschutz auf ?Baustellen für Bauherren und Arbeitgeber fest. Das Ziel ist es,...

mehr
Ausgabe 06/2017

Sicherheit und Effizienz beim Gerüstbau

Die gesetzlichen EU-Richtlinien zur Verbesserung der Arbeitssicherheit sind Auslöser für zahlreiche Verordnungen in den europäischen Mitgliedsstaaten. Auch die Betriebssicherheitsverordnung und der...

mehr
Ausgabe 04/2019

Regelungen zum Schutz der Belegschaft auf Baustellen

Baustellen sind gef?hrliche Arbeitspl?tze, deshalb sollten Arbeitgeber Vorkehrungen f?r die Sicherheit ihrer Mitarbeiter treffen

Auch 2018 blieb das Wachstum in der Baubranche ungebrochen: Im Vergleich zu 2017 erhöhte sich der Umsatz von Januar bis Juni im Bauhauptgewerbe um 6 Prozent und dadurch auch die Zahl der...

mehr