Bauen in Bäumen
Baumhäuser waren hierzulande meist ein Kindheitstraum, bis sich Andreas Wenning diesen 2003 in Bassum bei Bremen erfüllte. Seitdem hat der vom Bauen in Bäumen begeisterte Architekt mit seinem Büro baumraum über 30 Baumhäuser gebaut und darüber ein Buch geschrieben, das im Herbst vergangenen Jahres im Verlag DOM publishers erschienen ist.
„Als Kind hatte ich nie ein eigenes Baumhaus. Ich bin gern auf Bäume geklettert und habe mit Freunden Hütten und Staudämme gebaut. So musste erst einige Zeit ins Land gehen, bis ich als Erwachsener auf die Idee kam, ein Baumhaus zu planen und zu bauen“, sagt Architekt Andreas Wenning vom Bremer Büro baumraum. Damit greift der gelernte Tischler und Architekt zum einen auf seinen Kindheitstraum, zum anderen auf eine hierzulande weitgehend fremde Baukultur zurück. In Deutschland kannte man Baumhäuser als Spielort für Kinder oder Hochsitz für Jäger, bis Andreas Wenning 2003 im Umfeld eines Reiterhofes in Bassum bei Bremen sein erstes bauaufsichtlich zugelassenes Baumhaus in zwei Buchen in eine Höhe von fast 10 m setzte.
Haus an Seilen und auf Stützen
„Die Fragestellung, wie ein Bauwerk in einem lebenden Organismus verankert werden kann, war für mich damals neu“, erinnert sich Wenning. Hierzulande hatte man lediglich in den frühen 1980er Jahren ein paar Erfahrungen mit illegalen Baumhäusern im Zuge der Errichtung eines „Hüttendorfes“ gegen den Bau der Startbahn West in einem Wald bei Frankfurt am Main sammeln können. Es gibt aber auch Länder wie Indonesien, in denen man seit jeher auf den Baum als Bauplatz über den Wipfeln setzt. Die in diesem Land tradierte Bauweise zeigt eines deutlich: Die Häuser dürfen nicht starr mit Baum oder Boden verbunden sein, da der Baum sich bei Wind ungehindert bewegen und zudem weiter wachsen können muss. Dies beherzigt auch Andreas Wenning bei seinen Baumhäusern hierzulande. „Die Verbindungsmittel sollten so gewählt werden, dass sie nicht im Wachstumsbereich des Baumes, im Kambium, einwachsen und damit eine Schädigung verursachen“, erläutert Andreas Wenning. Das Tragwerk seiner Baumhäuser hängt daher mit Gurtschlaufen als Seilbefestigung in den Gabeln starker Äste (mehr als 10 cm Durchmesser) und/oder steht auf beweglich gelagerten Stützen. Je mehr Befestigungspunkte vorhanden sind, desto besser. So kann eine gute Lastverteilung erreicht werden. Vorab muss natürlich akribisch geprüft werden, ob der oder die ausgewählten Bäume überhaupt für den Bau eines Baumhauses geeignet sind. Hier spielen die Verwurzelung, Risse, Wachstumsdefizite und Einwallungen (deutliche Rinnen im Stamm zum Beispiel in Folge eines Brandkrustenpilzbefalls) zur Beurteilung eine wichtige Rolle.
Baumhaus Djuren in Groß Ippern 2008
Wenn man ein Haus in Bäumen baut, bietet sich Holz als Baumaterial an. Für sein erstes Baumhaus verwendete Andreas Wenning daher ein Rahmenwerk aus Fichtenholz (6 x 6 cm), das innen eine 20 mm dicke Fichtenholzschalung und außen auf einer schwarzen Windfolie und 20 mm Lattung hinterlüftet eine ebenfalls 20 mm dicke horizontale Schalung aus unbehandelten Lärchenholzbrettern erhielt.
Aufwendiger war da schon die Konstruktion für eines seiner aktuelleren Projekte aus dem Jahr 2008: das Baumhaus Djuren in Groß Ippern. Dies liegt vor allem an der Form des Hauses, die an ein aufgeschnittenes Ei erinnert, was durch die aus cremeweiß beschichtetem Acrylglas bestehenden Giebelflächen noch unterstrichen wird. Der runden Form wegen verwendeten die Handwerker Rundspanten aus Stahl mit flankierenden Bögen aus Leimholz, die sie innen mit 8 mm dicken Gipskartonplatten beplankten und abschließend mit Latexfarbe beschichteten. Die mit 80 mm Mineralwolle gedämmte Wand erhielt auf einer 20 mm dicken Fichtenholzschalung eine Gummiabdichtung und darauf eine 20 mm Lattung, um eine ausreichende Hinterlüftung für die zweigeteilte Haut des Hauses zu erreichen: Im oberen Teil besteht diese aus Zinkblech, im unteren aus gerundeten Eichenleisten. Die horizontalen Lasten des Baumhauses und die der beiden Terrassen werden über Stahlseile und Textilgurte auf zwei Eichen verteilt, die Vertikallasten ruhen auf vier v-förmig angeordneten, beweglich gelagerten Stahlrundrohrstützen. Damit hat Andreas Wenning in Groß Ippern für seinen Auftraggeber ein Refugium geschaffen, mit einer über 10 m2 großen Innenfläche und weiteren 16 m2 verteilt auf zwei Terrassen unter dem Schutz von Eichenlaub.
Weitere Informationen im Internet unter www.baumraum.de