Die Besser-Dämmer
Betriebe aus ganz Deutschland haben eine Qualitätsinitiative für Einblasdämmung gegründet. Der
genossenschaftlich organisierte Zusammenschluss IsoVis verpflichtet seine Mitglieder zur Einhaltung strenger Ausführungsstandards und will als Lobby auf Politik, Verbände und Hersteller einwirken.
Je höher der angestrebte Energiestandard eines Gebäudes sein soll, desto mehr Aufwand muss im Hinblick auf Luftdichtheit und Dämmung betrieben werden. Dass dabei nicht nur das Wissen der Planer über bauphysikalische Zusammenhänge Schritt halten muss, sondern auch die Kentnisse und Fähigkeiten der Handwerker, wurde viel zu lange ignoriert. Besonders bei einer Sanierung ist die Kompetenz der Ausführenden von entscheidender Bedeutung, da häufig Details der Ausführungsplanung von der tatsächlich vorgefundenen Situation abweichen und vor Ort beurteilt werden müssen. Doch obwohl seit der Einführung der ersten Wärmeschutzverordnung 1977 fast 40 Jahre vergangen sind, gibt es weder einen einheitlichen Ausbildungsgang für Gebäude-Dämm-Handwerker noch verbindlich festgelegte und überprüfbare Qualitätsstandards und Dokumentationspflichten. Stattdessen führen Handwerksbetriebe unterschiedlicher Gewerke, die von den Herstellern der Dämmstoffe geschult wurden, diese Arbeiten aus. Da kleine Fehler oft teure Schäden nach sich ziehen, können schwarze Schafe den Ruf der ganzen Branche in Mitleidenschaft ziehen.
Einheitliche Standards etablieren
„Immobilienbesitzer können im Voraus nicht wissen, wie kompetent ein Handwerksbetrieb in Sachen Dämmung ist. Wie sollen sie angesichts fehlender Qualitätsstandards erkennen, ob sie es mit einem professionellen Dämmunternehmen zu tun haben?“, beschreibt Georg Raida, Gründungsmitglied und Geschäftsführer von IsoVis die Situation. So könnten bei mangelhafter Ausführung nicht nur Schimmel, sondern sogar größere Bauschäden auftreten. „Diese Themen lösen viele Unsicherheiten und Fragen beim Verbraucher aus“, ergänzt Raidas Kollege Stephan Lutze, der bereits vor 30 Jahren begann, ökologisch zu dämmen. „Welche Art der Dämmung passt zu meiner Immobilie und welcher Handwerker hilft mir wirklich?“ Derzeit könne im Grunde jeder Laie oder Angelernte dämmen – ohne konkrete Ausbildung.
Mittelfristig will die Genossenschaft daher in Zusammenarbeit mit Kammern und Verbänden einen eigenen Ausbildungsberuf für Einblasdämmung und Luftdichtungsarbeiten entwickeln. Kurzfristig geht es jedoch zunächst darum, einheitliche Qualitätsstandards nicht nur zu formulieren und weiterzuentwickeln, sondern diese dann auch zu dokumentieren und zu überwachen.
„In einem monatelangen Abstimmungsprozess haben die neun Gründungsbetriebe im Konsens Qualitätskriterien beschlossen, die deutlich darüber hinausgehen, was die Hersteller fordern“, berichtet Georg Raida. Diese Kriterien, aber auch die Art und Weise, wie deren Einhaltung zu überprüfen und zu dokumentieren ist, bilden den Kern der Satzung der Genossenschaft, die auch für jedes neue Mitglied gilt. Wer mitmachen will, muss einwilligen, diese Kriterien auch durch Firmenbesuche, Testkunden und Kundenbefragungen überprüfen zu lassen. Unter anderem wird die Erstellung eines exakten Aufmaßes, ein Vergleich zwischen theoretischem und tatsächlichem Dämmstoffverbrauch sowie eine Mindestanzahl von Prüflöchern vorgeschrieben. Darüber hinaus muss sehr detailliert und lückenlos der Einsatz der Chargen dokumentiert werden, genauso wie die Länge des verwendeten Schlauches. „Mittelfristig wollen wir unsere Standards in eine Iso-Zertifizierung überführen“, erklärt Georg Raida.
Um die hohen Anforderungen umsetzen zu können, müssen alle Mitarbeiter der Mitgliedsbetriebe zweimal im Jahr an Fortbildungen teilnehmen, die die Genossenschaft zum Teil mit externem Sachverstand selber organisieren will, um von den Seminaren der Hersteller unabhängiger zu werden.
Qualitätsversprechen
Die fachliche Kompetenz und die hohe Ausführungsqualität soll in dem Label „geprüfter IsoVis Fachbetrieb“ dokumentiert werden, mit dem die Betriebe um Kunden werben können. Darüber hinaus will die Genossenschaft ein gemeinsames Marketing aufsetzen, um die Methode der Einblasdämmung und das Qualitätsversprechen der Mitgliedsbetriebe bekannter zu machen. Ein Mittel dazu ist die eigene Webseite, auf der jeder Betrieb vorgestellt und auf einer Deutschlandkarte angezeigt wird (www.isovis.de). Darüber hinaus will man in Zusammenarbeit mir Herstellern auf die Mitgliedsbetriebe zugeschnittene Marketingaktivitäten entwickelt.
Ein weiterer Vorteil der Genossenschaft ist die gemeinsame Bearbeitung von Großaufträgen oder die Vermittlung von Aufträgen. „So kann man sich untereinander Aufträge weitergeben, die, zum Beispiel wegen einer langen Anfahrt, für einen selbst nicht wirtschaftlich sind“, erklärt Georg Raida. Außerdem kann man sich untereinander bei Fragen und Problemen helfen oder sich eine zweite Meinung bei kniffeligen Entscheidungen einholen. Auch Reklamationen gegenüber den Herstellern werden durch das gemeinsame Auftreten aussichtsreicher.
Gemeinsam stärker
Langfristig will die Genossenschaft durch ein gemeinsames Auftreten nicht nur besser Einkaufskonditionen bei den Herstellern erreichen, sondern auch als Lobby die eigenen Interessen gegenüber Politik und Verbänden vertreten. Dazu zählt auch die Schaffung eines eigenen Berufsbildes. Zwar gibt es schon das Wärme-, Kälte-, Schall- und Brandschutz Isolierhandwerk – und reine Dämmbetrieb müssen einen WKSB-Meister vorweisen können –, doch dieses Profil passt nicht sehr gut zu den speziellen Kenntnissen und Fähigkeiten, die zur Gebäudedämmung erforderlich sind.
Außerdem will man für die „Isolier Visionen“, so die Langform von IsoVis, noch weitere Betriebe gewinnen, um so nicht nur mehr Gewicht und Schlagkraft für die Durchsetzung der Ziele zu bekommen, sondern auch gegenüber den Auftraggebern mit einer möglichst lückenlosen Deutschlandkarte aufwarten zu können. „Unsere Organisationsform ist dafür ideal geeignet, denn es ist für Betriebe relativ leicht, ein- oder auszutreten, und der Vorstand einer Genossenschaft ist besser geschützt, als bei einem Verein“, erklärt Georg Raida.