Fifties Look
Umbau des Berliner Amerika Haues zur Fotogalerie
Bei der Sanierung und dem Umbau des Berliner Amerika Hauses galt es sowohl die Architekturmerkmale der 1950er Jahre freizulegen und zu erhalten, als auch mit leichten Einbauten eine neue Nutzung als Fotogalerie zu ermöglichen.
Maßstäbliche Pläne
Maßstäbliche Pläne finden Sie in der gedruckten Ausgabe der Zeitschrift bauhandwerk.
Amerika Häuser entstanden nach dem Zweiten Weltkrieg in über einem Dutzend deutscher Städte. In den 1950er Jahren standen die Leute Schlange, um in das Haus ihrer Stadt zu kommen. Schon in den 1960er Jahren schlug die Stimmung gegenüber diesen Botschaftern amerikanischer Kultur allerdings um. Die Häuser zogen den studentischen Protest gegen die US-amerikanische Außenpolitik und insbesondere gegen den Vietnamkrieg auf sich. Infolgedessen wurden die Amerika Häuser zu gut bewachten Orten, deren ursprünglich offene Architektur sich immer mehr gegen die Öffentlichkeit abschottete, aus deren Bewusstsein sie dann beinahe verschwanden. Wohl deshalb haben sich die Hamburger längst von ihrem Amerika Haus getrennt.
Amerika Haus Berlin wird Fotogalerie
Während auch Stuttgart – deutscher Meister im Abriss – sein Amerika Haus just aus dem Stadtbild entfernen ließ, baute in Berlin eine Gruppe von Architekten und Gestaltern das dortige Amerika Haus zu Ausstellungsräumen für die c/o-Foundation um. Diese Nutzung lag nahe, da der Name des Hauses aufgrund vieler Ausstellungen amerikanischer Fotografen bereits international im Zusammenhang mit Fotografie bekannt war. Ende Oktober vergangenen Jahres zog die 2000 gegründete c/o Berlin Foundation schließlich aus dem alten Postfuhramt im Ostteil der Stadt in das frisch sanierte und rasant umgebaute Amerika Haus um.
Vor dem Umbau war der erste Eindruck des Hauses düster und verschachtelt: Abgehängte Decken und leichte Einbauten, vergitterte Fenster, vergilbte Teppiche und genoppte PVC-Böden verschandelten die ursprünglich 1957 von Bruno Grimmek nach einem Entwurf des amerikanischen Büros SOM Architects erbaute Architektur. Von diesen „Zutaten der Zeit“ galt es sich zu befreien und dabei kam einiges zu Tage: „Den Fußboden aus Solnhofener Platten haben wir unter zig Lagen Bodenbelag gefunden“, erinnert sich Stefan Erfurt, Vorsitzender der Berliner c/o-Foundation. „Überhaupt haben wir hier öfter geradezu archäologisch gearbeitet, verbaute Türportale aus den 1950er Jahren freigelegt, typische Mosaike und Kacheln jener Zeit, Schätze eines Baudenkmals eben“, so Erfurt weiter.
Damit aber nicht nur Teile, sondern der ursprüngliche Charakter des Hauses wieder zu Tage traten durfte, beauftragte die senatseigene Berliner Immobilien Management GmbH (kurz BIM) als Eigentümerin den auf Denkmalpflege und Sanierung spezialisierten Berliner Architekten Holger Sack, der das Gebäude ausbaufertig herrichten ließ. Damit darin Fotos gezeigt werden können, übernahm Meyer Voggenreiter gemeinsam mit Wolfgang Zeh aus Köln die Gestaltung der Ausstellung, während das Berliner Büro von Petra und Paul Kahlfeldt Architekten für die Ausführung und Koordination der Ausbaugewerke zuständig war.
Einbau der Ausstellung
Dann musste alles ganz schnell gehen: „Für die Planung und Ausführung stand weniger als ein Jahr zur Verfügung, weil die c/o-Foundation schon seit zwei Jahren keine Ausstellungsfläche mehr hatte. Als die Entscheidung für das Amerika Haus gefallen war, wollte sie dort so schnell wie möglich einziehen“, sagt Arne Keßler vom Büro Petra und Paul Kahlfeldt Architekten. Daher wurden sowohl von der Eigentümerin (BIM) als auch von der Nutzerin (c/o) gleichzeitig Bauleistungen in Auftrag gegeben. Dementsprechend überrascht war Ulrich Pöhler, Betriebsleiter bei der Jaeger Ausbau GmbH Berlin, als er auf der Baustelle andere Trockenbauer antraf. Nachdem der Gussasphaltterrazzo hart geworden und nach tagelangem Schleifen fertiggestellt war, stellten die Ausstellungsbauer darauf nämlich schon ihre aus Aluminiumprofilen und zwei Lagen Spanplatten montierten Ausstellungswände auf. Trockenbauwände bauten die Mitarbeiter der Jaeger Ausbau GmbH nur im Obergeschoss als „Koffer“ und im Erdgeschoss als Trennwand zwischen der Ausstellung und dem Café hinter der großzügig verglasten und denkmalgerecht sanierten Fassade ein. Außerdem übernahmen sie die Innendämmung mit Schaumglas im ehemaligen Kinosaal im Erdgeschoss. „Das Dach ließ sich von außen dämmen, aber die Außenwände hatte man aus Spaltklinkern errichtet, die natürlich nach wie vor sichtbar bleiben sollten“, so Architekt Arne Keßler. Aufgabe der Mitarbeiter der Jaeger Ausbau GmbH war es auch, die von ihnen mit Kaltbitumen verklebten und anschließend mineralisch verputzten Schaumglasplatten im Spritzverfahren mit schwarzer Dispersionsfarbe zu beschichten.
Dreierlei Decken
Deutlich mehr gab es für die Ausbauer aus Berlin an den Decken zu tun. Die im Bestand vorhandenen Rippendecken waren ursprünglich verkleidet. „Um das sehr materialsparende Bauen der 1950er Jahre auf Wunsch der Nutzer zu zeigen, wurden die Decken geöffnet“, so Arne Keßler. Wenn man vom ehemaligen Kinosaal einmal absieht, so kann man in den beiden Geschossen heute bei etwa der Hälfte der Decken die grau gerollte Rippenkonstruktion aus Stahlbeton sehen. „Im Vorfeld haben wir zur Bemusterung fünf Felder mit unterschiedlichen Grautönen gestrichen, damit man sieht, in welchem Ton die Rippendecke am besten zur Geltung kommt“, erinnert sich Ulrich Pöhler. Unter der anderen Hälfte der im Erdgeschoss vorhandenen Rohbaudecke montierten die Ausbauer abgehängte Gipskartondecken, in die sie neben Schattenfugen auch Lichtleisten einbauen mussten. Eine besondere Herausforderung bestand für die Monteure darin, die Decken über Koffer seitlich exakt an den Bestand anzuschließen. „Wir mussten die alte Konstruktion mit den neuen Bauteilen in Einklang bringen“, beschreibt Ulrich Pöhler die Bauaufgabe. Und auch die umlaufenden Schattenfugen einiger Deckenfelder mussten trotz des Zeitdrucks auf der Baustelle ganz genau ausgeführt werden, da sie auch die Funktion der Entrauchung des Gebäudes übernehmen. „Dann gab es da noch die Rabitzdecke über der Treppe im Obergeschoss, die wir nicht angreifen durften, aber feldweise statisch ertüchtigen mussten“, sagt Betriebsleiter Pöhler. Und das alles bei sehr beengten Platzverhältnissen: „Wir hatten kaum Anliefermöglichkeiten, eben so, wie in Berlin üblich“, so Pöhler weiter.
„Trotz der auf der Baustelle wegen des Zeitdrucks wuselnden Handwerker ist es uns gelungen, beim Umbau bauzeitliche Materialien zu erhalten, oder dort, wo erforderlich, durch gleichwertige Materialien zu ersetzen“, sagt Arne Keßler kurz bevor ich mich von ihm und Ulrich Pöhler im Café des Berliner Amerika Hauses verabschiede.
Autor
Dipl.-Ing. Thomas Wieckhorst ist Chefredakteur der Zeitschriften bauhandwerk und dach+holzbau.