Alnatura baut in Darmstadt Zentrale mit größter Lehmfassade Europas
Die soeben nach Plänen des Architekturbüros hass cool zemmrich fertiggestellte Alnatura-Zentrale in Darmstadt besitzt die zurzeit größte Lehmfassade Europas. Für die statische Sicherheit sorgen dabei Sockel und Ringanker aus Liapor-Leichbeton, die gleichzeitig auch Wärmebrücken unterbinden.
Die Außenwände der neuen Alnatura-Zentrale in Darmstadt bestehen aus jeweils 12 m hohen, 3,5 m breiten und 69 cm dicken Lehmsegmenten. Sie erstrecken sich über die beiden 94 m langen Längsseiten des dreigeschossigen Baus und stellen damit die größte Lehmfassade an einem Bürogebäude in ganz Europa dar. Konzipiert und umgesetzt wurden die Stampflehmfertigteile von der Firma Erden Lehmbau, einer Tochterfirma der Lehm Ton Erde Baukunst GmbH des österreichischen Lehmbauers Martin Rauch aus Schlins. Der Clou: Während die Innenwände noch mit einem natürlichen Bindemittel imprägniert werden, verbleibt die Außenseite gänzlich unbehandelt. Die Lehmoberfläche wird anfangs zwar durch Regen etwas abgewaschen, konserviert sich aber durch austretende Salze mit der Zeit von selbst und ist dadurch imprägniert. Über den Bau der Stampflehmwände haben wir bereits in einem früheren Beitrag berichtet.
Klimaneutrale Gesamtbilanz
Die Stampflehmelemente passen in ihrer Materialität perfekt zum Neubau, der den Unternehmensgrundsätzen von Alnatura folgend auch selbst ganz auf Ökologie, Natürlichkeit und Nachhaltigkeit ausgerichtet ist. So ist das Gebäude dank der Verwendung natürlicher, wiederverwertbarer Baustoffe ein in der Gesamtbilanz nahezu klimaneutrales Bauwerk. Eine Photovoltaik- und eine Geothermieanlage liefern die nötige Energie und ein Erdkanal sorgt für Frischluft. Die Gebäudegeometrie mit dem offenen, asymmetrischen Dachfirst erlaubt gleichzeitig eine optimale, natürlicheTageslichtnutzung in allen Geschossen. Die Planung für die neue Firmenzentrale mit rund 13 000 m2 Bruttogeschossfläche lag in Händen des Stuttgarter Architekturbüros haas cook zemmrich.
Sichere Verbindung zum Gebäudeskelett
Nachdem die Mitarbeiter der Firma Erden Lehmbau die innen gedämmten Stampflehmelemente in einer ehemaligen Fahrzeughalle des US-Militärs in Darmstadt auf dem Gelände herstellte hatten, schlugen sie mit dem Meißelhammer in die Stirnseiten und die Oberseiten vertikale und horizontale Nuten hinein. „Die Nuten sind aber nicht zur Verbindung der Elemente gedacht, sondern zum Einbau der Fenster und der Regenrohre“, erklärt Clemens Quirin, Büroleiter bei der Lehm Ton Erde Baukunst GmbH. Untereinander werden die Stampflehmelemente mit Lehmmörtel verbunden. Um aufsteigende Feuchte und Wärmebrücken zu vermeiden, wurden die ersten Elemente per Kran auf Sockel aus Liapor-Leichtbeton gesetzt. Die Sockel bilden den unteren Abschluss jedes Fassadensegments. Sie bestehen aus rund 50 cm hohen Fertigteilen eines LC12/13 mit Leichtsand, die mit einem Gesamtvolumen von rund 90 m3 von der Schneider Betonfertigteilewerk GmbH in Philippsburg erstellt wurden. Auch die 14 cm dicken Ringanker bestehen aus Liapor-Leichtbeton vom Typ LC12/13 1.4. Sie befinden sich – von außen unsichtbar – in den Lehmelementen, und zwar immer jeweils auf Höhe der Geschossdecken. Sie wurden vor Ort eingegossen und mit Armierung und Stahlwinkeln mit dem Gebäudeskelett verbunden. Hergestellt und geliefert wurden die insgesamt rund 24 m3 Leichtbeton vom Mörlenbacher Betonwerk Richard Wagner GmbH & Co KG in Mörlenbach.
Multifunktionale Natürlichkeit
Die Sockel und Ringanker aus Liapor-Leichtbeton geben der Lehmfassade aber nicht nur die nötige statische Sicherheit. Vielmehr verhindert ihr hohes
Wärmedämmvermögen auch die Bildung von Wärmebrücken. Nicht zuletzt ist Liapor-Blähton wie die Lehmelemente ähnlich diffusionsoffen. Dies gilt auch für die zusätzlichen, rund acht Zentimeter starken Leichtbetonelemente, die als vorgehängte Verblendungelemente auf Höhe der Zwischendecken montiert sind. Sie bestehen aus rund 30 m3 eines LC20/22 mit Leichtsand und wurden ebenfalls vom Schneider Betonfertigteilewerk hergestellt.
Nach gut zweijähriger Bauzeit steht zu Beginn dieses Jahres nun die Inbetriebnahme der neuen Alnatura-Zentrale an. Als besonders ökologisches Bauwerk passt sie perfekt zum Unternehmen, das bereits vor zwei Jahren mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2016 in der Kategorie der mittelgroßen Unternehmen ausgezeichnet wurde.
Autor
Dr. Anselm Koopmann ist als Autor für die Liapor GmbH & Co. KG in Hallerndorf-Pautzfeld tätig.
Baubeteiligte (Auswahl)
Bauherr Alnatura, Darmstadt, www.alnatura.de
Architekten haas cook zemmrich, Stuttgart,
Bauleitung und Ausschreibung BGG Architekten + Ingenieure, Bad Homburg, www.bgg.de
Lehmbauarbeiten Erden Lehmbau, Tochterunternehmen der Lehm Ton Baukunst, AT-Röthis und
AT-Schlins, www.erden.at, www.lehmtonerde.at
Herstellung der Betonsockel
Schneider Betonfertigteilewerk, Philippsburg,
Herstellung der Ringanker Mörlenbacher Betonwerk Richard Wagner, Mörlenbach, http://betonwagner.de
Herstellerindex (Auswahl)
Schalungselemente Doka Schalungstechnik,
Maisache, www.doka.de
Leichtbeton Liapor, Hallerndorf-Pautzfeld,