Gut Holz
Energetische Sanierung auf Passivhaus-Standard in Konstanz

Mit dem Ziel, die strengen Vorgaben der EnEV im Neubau auch bei der Sanierung eines Hauses um mindestens 50 Prozent zu unterschreiten, hatte sich der badische Architekt Alexander Ilg eine ehrgeizige Aufgabe gestellt. Erschwerend kam hinzu, dass sich das Holzhaus aus den 1950er Jahren in extremer Hanglage auf Schwemmsand und in einem Erdbebengebiet befindet. Die Würdigung von Planung und Ausführung durch die Deutsche Energie-Agentur (dena) spricht für Kompetenz und Sorgfalt aller Beteiligten. Außerdem wurden die Bauherren mit zusätzlichen Fördermitteln belohnt. Die Fördertöpfe der dena finden Sie am Endes dieses Beitrags im Internet unter www.bauhandwerk.de

Erfahrene Baufachleute wissen um die besonderen Ansprüche von Sanierungen, erweist sich doch jedes Gebäude als Unikat. Energetische Leckagen sowie bauphysikalische Problemzonen werden für Handwerker und Architekten oft zu wirklichen Herausforderungen. So auch beim Bauvorhaben der Familie Koch in Konstanz: Ihr Holzhaus mit dem massiven Anbau sollte zukunftsfähig saniert werden. Im ersten Schritt wurden beide Gebäudeteile im Dämmstandard aufgerüstet. Das Holzhaus erhielt auf der Ost- und Westseite eine neue Außenwand in Holzrahmenbauweise, welche die Zimmerleute vor die alte Fassade setzten. Ein präzises Aufmaß war Voraussetzung für die Vorfertigung der Holzrahmenelemente und die Montage per Kran. Hierbei kam 300 mm Zellulosedämmung zum Einsatz. Da auf der Nordseite eine Vergrößerung der Fensterflächen vorgesehen war, entschied man sich, die Außenwand komplett zu erneuern. Mit dem Einsatz von Lärchenholz an der Fassade blieb sich der Holzbauarchitekt Alexander Ilg treu.

Das Mauerwerk im Anbau wurde mit einem 300 mm dicken Wärmedämmverbundsystem aus Hartschaum-platten versehen. Auch das Dach – von den Zimmerleuten komplett neu aufgebaut – erhielt eine entsprechende Dämmung aus 300 mm Zellulose.

 

Schürze schützt gegen Frost

 

Ein Wärmeschutz war innen aufgrund der geringen Raumhöhe im Untergeschoss nicht möglich. Aus wirtschaftlichen Gründen kam auch eine Dämmung der Bodenplatte nicht in Frage. Umlaufend wurde deshalb eine spezielle Dämmschürze bis weit unter die Frostgrenze eingebracht. Alle Fenster des Gebäudes – bisher Einscheiben-Isolierverglasung – ersetzten die Handwerker gegen Holzfenster mit Drei-Scheibenwärmeschutzverglasung (U-Wert: 0,7 W/m2K).

Beim Öffnen des Gebäudes stellten die Fachleute zahlreiche gravierende Baumängel fest: Deckenunterzüge entsprachen nicht der Norm. Alle Wände gegen das Erdreich, bestehend aus 30 cm dickem Beton, wiesen Feuchteschäden sowie starken Schimmel auf und waren nicht gedämmt. In der Folge wurden sie im Rahmen der Sanierung mit einer Abdichtung und einer 300 mm dicken Perimeterdämmung versehen. Danach war die Grundinstandsetzung von Küchen und Bädern möglich: Hier wechselten die Handwerker alle technischen Leitungen aus und installierten neue Lüftungskanäle. Die umfassende Sanierung ermöglichte es, Wärmebrücken konsequent zu vermeiden.

 

Die Kraft der Sonne nutzen

 

Gleichzeitig sah Alexander Ilg bei der haustechnischen Planung den Einsatz eines Lüftungskompaktgerätes THZ 403 Sol von Tecalor vor, das einen 22 Jahre alten Ölkessel mit 27 kW ablöste. Aufgestellt im Technikraum im Untergeschoss, versorgt das THZ Flächenheizungen in Wänden, Decken und Fußböden sowohl das Haupthaus als auch die Einliegerwohnung. Das Integralgerät be- und entlüftet die Räume kontrolliert; die Abwärme wird mit Hilfe einer kombinierten Luft/Wasser-Wärmepumpe wieder dem Heizkreislauf zugeführt. Gleichzeitig können sich die Bewohner des Hauses über frische Luft rund um die Uhr freuen.

Die besonderen statischen Ansprüche erforderten eine sorgfältige Planung aller Durchbrüche in Decken, Wänden und Dachstuhl. So war die große Firstpfette als Gitterträger ausgebildet. Für den Verlegeplan der Lüftungsrohre war hier ingenieurtechnisches Wissen gefragt, musste doch das statische System durchbrochen werden. Gleiches galt für die Führung der Zu- und Abluft durch die Außenwand.

 

Sanierung auf Passivhaus-Standard

 

Die Kosten für Heizung, Warmwasser und Lüftung belaufen sich nach der energetischen Sanierung auf etwa 312 Euro. Das Gebäude erreicht heute einen jährlichen Heizwärmebedarf von 13,3 kWh/m2a und wird nach PHPP als Passivhaus eingestuft. Der Primärenergiebedarf liegt mit 34,4 kWh/m2a 68 Prozent unter den EnEV-Standards im Neubau. Das kommt einer Einsparung von 30 Tonnen CO2 pro Jahr gleich. Nicht nur mit diesem, sondern mit mehr als 300 Neubauten und Sanierungen hat Alexander Ilg überzeugende Beweise für eine ökologische und zukunftsfähige Bauweise geliefert – und das alles gewerkeübergreifend aus einer Hand (siehe Kasten links auf dieser Seite).

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