Kulturelles Wachstum
Wasserschloss in Rottendorf mit Perlite von innen gedämmt
Im alten Wasserschloss in Rottendorf befindet sich seit 2013 ein Lesecafé und Veranstaltungssaal. Im Zuge der Umnutzung wurde das historische Gebäude um einen Flachdachanbau erweitert. Sowohl den Neu- als auch den Altbau dämmten die Handwerker von innen mit Perlite.
Das alte Wasserschloss liegt im Kern von Rottendorf und ist zu großen Teilen von einer alten Mauer umgeben. Die Gebäude gruppieren sich hofartig in der Mitte des Grundstückes. Eines der Gebäude wurde viele Jahre als katholisches Pfarrhaus genutzt. Der ehemalige Wassergraben ist schon lange eine eingeebnete Rasenfläche und nur noch durch einen Höhenunterschied wahrnehmbar.
2009 lobte die Gemeinde einen Realisierungswettbewerb für die Sanierung und Umnutzung des Wasserschlosses aus, den das Büro kuntz + manz architekten aus Würzburg (heute: kuntz und brück architekten) in Zusammenarbeit mit den Landschaftsarchitekten club L 94 aus Köln für sich entscheiden konnte.
Da das Zentrum von Rottendorf nur über wenige Freiflächen verfügt, hat der Freiraum vom Wasserschloss für die Öffentlichkeit eine hohe Bedeutung und wird durch die Sanierung wieder zugänglich gemacht. Auf den alten Außenmauern der Nebengebäude aus Bruchstein wurde ein Flachdachanbau errichtet, der nun die Bibliothek beherbergt. Da die Höhe der alten Wände zu niedrig war, wurden diese in Sichtbeton auf das neue Maß erhöht. Angebunden an die Bibliothek ist das Erdgeschoss des denkmalgeschützten Haupthauses, in dem sich heute ein Lesecafé befindet. Im ersten Obergeschoss ist ein Veranstaltungssaal untergebracht, der unter anderem für Trauungen und Lesungen genutzt wird. Im historischen Dachstuhl darüber liegen freistehende Lager- und Technikräume.
Da im Gebäude nicht nur viele Menschen ein und aus gehen, sondern auch Tausende von Büchern untergebracht sind, war es wesentlich, in den Räumen ein adäquates Raumklima zu schaffen. Gleichzeitig sollte bei der Sanierung auch die Energieeffizienz des Gebäudes eine Rolle spielen.
Mineralische Innendämmung aus Perlite
Beide Anforderungen führten bereits in der Planungsphase zu der Entscheidung, eine Innendämmung zu montieren, wie sie von Knauf als TecTem Insulation Board Indoor angeboten wird – eine feuchtigkeitsregulierende, mineralische Dämmplatte aus natürlichem Perlite. Die hydrophilen Platten mit einer Wärmeleitfähigkeit von 0,040 bis 0,070 W/mK sind dampfdiffusionsoffen und kapillaraktiv, was bei einem pH-Wert von 10 sehr günstig im Hinblick auf die Vermeidung von Schimmelpilzbefall ist.
Die zur Erfüllung der Energieeinsparverordnung notwendige Dicke der Dämmplatten von 50 mm ermittelte das Ing.-Büro für Bauphysik Leiser aus Würzburg mit Hilfe einer Wärmedurchgangsberechnung. Die Wanddicke des um 1500 errichteten Hauptgebäudes sowie der später errichteten Nebengebäude beträgt zwischen 45 und 70 cm. Hier wurden sämtliche Innenseiten der Außenwände im Erdgeschoss sowie im ersten Obergeschoss mit der mineralischen Innendämmung aus Perlite gedämmt.
Gut vorbereiteter Untergrund
Um die Wände für die Innendämmung vorzubereiten, wurden Unebenheiten durch einen Unterputz ausgeglichen. An manchen Stellen war noch alter Putz aus der Entstehungszeit des Hauses vorhanden, der erhalten blieb, da er sich als Untergrund eignete und mit Kalkputz überputzt werden konnte. In die bodentiefen Fensternischen, die vor der Sanierung als Heizkörpernischen dienten, klebten die Handwerker zur thermischen Ertüchtigung der Brüstungen Platten mit einer Dicke von 120 mm ein.
Nach Aufbringen eines Entkopplungsstreifens auf dem Boden und zur Decke hin konnte mit der Montage der Dämmung begonnen werden: Klebespachtel angerührt, vollflächig auf die Platte aufgetragen, mit einer Zahntraufel durchkämmt und waagerecht im Verband mit einem Mindestplattenversatz von mehr als 20 cm angesetzt, lot- und fluchtgerecht ausgerichtet. Anschließend egalisierten die Handwerker kleine Versatzstellen der mineralischen Innendämmung nach dem Abbinden des Klebespachtels mit dem Schleifbrett, vorhandene Fugen, die größer als 2 mm waren, verfüllten sie mit dem zum System gehörenden Füllmörtel. Größere Fugen wurden mit Plattenstreifen geschlossen.
Vorbereitung der Oberfläche
Um die Haftfähigkeit der Oberflächenbeschichtung zu verbessern, wurde die gesamte Fläche mit der TecTem Grundierung vorbehandelt. Die Grundierung kann manuell mit der Rolle, aber auch durch Sprühen aufgetragen werden. Im nächsten Schritt, nach Trocknung der Grundierung, kam der Flächenspachtel in Bahnenbreite des zum System gehörenden Gewebes zum Auftrag, der die Handwerker mit einer Zahntraufel durchkämmten. In diesen Spachtel betteten sie das Gewebe oberflächennah ein und zogen mit dem Flächenspachtel nochmals dünn darüber. Das Gewebe liegt danach im oberen Drittel der Armierungsschicht, die gesamte Dicke beträgt 4 bis 5 mm. Das Gewebe wurde in den Stoßbereichen mindestens 10 cm überlappend eingebettet.
Dämmarbeiten an den Bogenfenstern
Besonderes Augenmerk verlangten die Fensterlaibungen, da sie nicht nur einen Bogenscheitel aufweisen, sondern auch Laibungen, die nicht rechtwinklig sind, sondern sich nach außen hin verjüngen. Die verarbeitende Firma Fersch malt aus Rottendorf entschied dazu, die speziellen, 25 mm dicken Laibungsplatten segmentartig anzubringen. Dafür konnten direkt auf der Baustelle die Platten in 10 cm breite Stücke gesägt werden, die dann geklebt, verspachtelt, armiert und geschliffen wurden, um schließlich, wie bei allen anderen Wänden auch, Q3 Qualität zu erreichen. Die großen Wandflächen erhielten als Finish einen sorgsam aufgetragenen Kalkinnenputz und einen Farbanstrich mit reiner Silikatfarbe in einem warm abgetönten Weiß. Eine Ausnahme hiervon stellen die Betondecken des Bibliotheksanbaus dar, die – wie die äußeren Wandflächen – in Sichtbeton ausgeführt wurden.
Einbindende Wände mussten nicht mit in die Innendämmung einbezogen werden, da sie alle bei der Entkernung entfernt worden waren. Die neuen, in Trockenbauweise errichteten Wände konnten so ohne Gefahr von Wärmebrücken vor die gedämmten Außenwände gestellt werden.
Im ersten Obergeschoss wurden auf die gedämmten Wände Wandleuchten gesetzt. Mit so genannten Unterbaukonsolen als thermisch getrennte Montageverankerungen, die man aus dem WDVS-Bereich kennt, konnten sie ohne Probleme befestigt werden.
Arbeiten an den Holzbalkendecken und Fußböden
Die alten Holzbalkendecken ertüchtigten die Handwerker mit einer unterseitigen direktbefestigten Trockenbaubekleidung auf eine Feuerwiderstandsdauer von F30, die Wandinnendämmung führten sie anschließend direkt bis unter die Brandschutzbekleidung. Unter die Brandschutzdecken wurden später abgehängte Trockenbaudecken eingebaut, die die deckenbündigen Lüftungsauslässe und Leuchten aufnehmen.
Die Böden im Erdgeschoss wurden mit heimischem Muschelkalk belegt, im Obergeschoss ein Dielenbelag aus geölter Eiche eingebaut. So bietet sich dem Besucher trotz der Kombination von alter und neuer Substanz und der unterschiedlichen Nutzungen ein homogenes und harmonisches Ambiente.
Alt und neu harmonisch vereint
„Wir hatten das Ziel, dieses schöne Objekt im Ortszentrum von Rottendorf, das viele Jahrzehnte nicht der Öffentlichkeit zugänglich war, mit seiner herrlichen Gartenanlage mit neuem Leben zu füllen und den Bürgern der Gemeinde für die unterschiedlichsten Nutzungen zu übergeben“, so der Architekt Heiner Brück von kuntz und brück architekten ingenieure. Die achtsame und intelligente Sanierung mit modernsten Mitteln unter Beibehaltung auch alter Formen und Materialien wie Außenmauern aus Bruchstein sind im Ergebnis wertig und langlebig: Eine jahrhunderte lange lebendige Gebäudegeschichte setzt sich erfolgreich fort.
Autor
Dipl.-Ing. Kai Burcek ist Anwendungstechniker bei der Firma Knauf Aquapanel in Dortmund.
In die ehemaligen Heizkörpernischen klebten die Handwerker 120 mm dicke mineralische Dämmplatten