Liebe Leserinnen, liebe Leser,
als in den 1980er Jahren der Videorekorder und das Privat- und Kabelfernsehen ihren Siegeszug in den privaten Haushalten antraten, glaubten viele, damit sei das Ende des Kinos gekommen. Tatsächlich wurde aus so manchem ländlichen Filmtheater zum Beispiel ein Supermarkt. Jedoch stieg die Zahl der Kinobesuche in den folgenden Jahrzehnten an. Die Kinolandschaft reagierte hierzulande mit der Eröffnung von Multiplexkinos mit bis zu 5000 Sitzplätzen.
Gleiches sagt man derzeit dem Buch voraus. Seine Bedeutung würde mit dem eBook schwinden. Doch wie schon beim Kino, wandelt sich derzeit die deutsche Buchlandschaft: Bibliotheken sind heute weitaus mehr als Orte, in denen Bücher aufbewahrt werden, um sie einsehen oder entleihen zu können. Bibliotheken sind zu Stätten der Kommunikation und Kulturvermittlung geworden. Noch nie wurden hierzulande so viele, vor allem wissenschaftliche Bibliotheken erweitert und modernisiert, wie zu Beginn dieses Jahrzehnts. Bereits im Mai 2011 eröffnete die für rund 59 Millionen Euro sanierte und erweiterte Deutsche Nationalbibliothek in Leipzig. Wie sich vor allem der Innenausbau nach Plänen der Arbeitsgemeinschaft Deutsche Nationalbibliothek Gabriele Glöckler und ZSP-Architekten gestaltete, zeigen wir ab Seite 26 in dieser Ausgabe der bauhandwerk. In Leipzig konnten Ende vergangenen Jahres auch die Modernisierungsarbeiten an der dortigen Stadtbibliothek abgeschlossen werden. Wie ab Seite 16 in diesem Heft zu sehen, machten die Handwerker nach Plänen des Büros kister scheithauer gross architekten für rund 15 Millionen Euro aus dem über 100 Jahre alten ursprünglichen Museum eine funktional moderne Bibliothek.
Das absolute Highlight in Sachen Modernisierung alter Bibliotheken ist jedoch der Mitte März dieses Jahres eingeweihte Lesesaal der Staatsbibliothek Unter den Linden in Berlin. Bei diesem insgesamt über 400 Millionen Euro teuren Bauprojekt handelt es sich nicht nur um die größte Kulturbaustelle, sondern auch um die größte wissenschaftliche Universalbibliothek des Landes. Wie die Handwerker den im Zweiten Weltkrieg durch Bomben zerstörten Lesesaal nach Plänen des Architekten HG Merz im ersten Bauabschnitt als gigantischen Kubus in den 170 m langen und 107 m breiten Altbau integrierten, zeigen wir ab Seite 10 in diesem Heft. Außerdem erfahren Sie dort, mit wie viel Liebe zum Detail die Stuckateure und Maler die Kriegswunden an den Säulen heilten, die man heute im so genannten Rara-Saal bewundern kann. Beides bedarf der handwerklich qualifizierten Restaurierung: Die kostbaren Handschriften, die im Rara-Saal zu sehen sind, ebenso wie die historischen Details des Altbaus, die der Krieg zwar verletzt, aber nicht zerstört zurückgelassen hat.
Viel Erfolg bei der Arbeit wünscht Ihnen
Das Highlight in Sachen Modernisierung alter Bibliotheken ist der Mitte März eingeweihte
Lesesaal der Staatsbibliothek in Berlin