Origami

Origami ist eine japanische Falttechnik – wohlgemerkt mit Papier. Im Trockenbau verlangen individuelle Gestaltungswünsche dem Handwerk tendenziell vergleichbare Künste ab. Um diese Anforderungen zu erfüllen, bedarf es der präzisen Vorfertigung mit Maschinen.

Maßungenauigkeiten im Rohbau, individuelle Gestaltungswünsche und eine geringe Serialität sorgen im Innenausbau dafür, dass die traditionelle Handarbeit noxh immer vorherrscht. Doch auch hier ist durch den Einsatz optimierter Fertigungstechniken eine große Zeit- und Kostenersparnis bei gleichzeitig höherer Präzision möglich.

Das Vorfertigungssystem EasyKnick des Innenausbauunternehmens Germerott ermöglicht beispielsweise mit Hilfe der Gipskarton-Falttechnik die montagefertige Herstellung komplexester Formen und Bauteile. Konstruktionen wie Lichtvouten oder Deckenfriese müssen dann nicht mehr in aufwendiger Handarbeit vor Ort gebaut und verspachtelt werden, sondern können mit minimalem Planungsaufwand im Werk maßgeschneidert maschinell vorgefertigt und in einem Stück zur Montage auf die Baustelle gebracht werden. Ein solches Verfahren verkürzt die Ausführungszeit im Vergleich zu herkömmlicher Bearbeitung um bis zu 75 Prozent und eröffnet ein breites Spektrum an gestalterischen Möglichkeiten.

Das Prinzip der Falttechnik beruht auf dem speziellen Aufbau von Gipskartonplatten mit ihrer beidseitigen Kartonbeschichtung: Die Platte wird zunächst zugeschnitten und an den gewünschten Knickstellen mit V-förmigen Fräsungen versehen, die exakt auf der unteren Kartonfläche enden. Der freigelegte Karton wirkt nun wie ein Scharnier, dem entlang die Platte gefaltet werden kann. Der entstehende Winkel ist abhängig vom Winkel der V-Fräsung. Gebräuchlich sind neben dem rechten Winkel auch 30, 45, 60 oder 135 Grad, wobei prinzipiell jeder beliebige Winkel hergestellt werden kann. Einen Wechsel der Knickrichtung erreicht man durch Fräsung der jeweils anderen Plattenseite – so entstehen beispielsweise stufenförmige Elemente.

 

Fräsen, Kleben, Falten und Montieren

Zur Sättigung der Oberfläche und zum Binden eventuell vorhandenen Staubs werden alle Fräsungen grundiert. Anschließend lässt sich die Platte optimal falten und formstabilisierend verkleben. Durch das Faltprinzip weisen die ausgebildeten Ecken anstatt offener Stoßkanten glatte, kartonummantelte Kanten auf, die nicht mehr verspachtelt werden müssen. Sichtbare Stirnkanten werden exakt um die Materialdicke abgefaltet, so dass auch hier keine Spachtelarbeit anfällt. In den Innenwinkeln der gefalteten Ecken kommen – sofern diese später nicht sichtbar sind – Papierbewehrungsstreifen zur Anwendung. Sie wirken festigend und sorgen für eine sichere Handhabung bei der weiteren Verarbeitung auf der Baustelle. Das gefertigte Formteil wird nun bei Bedarf bis Oberflächengüte Q1 vorgespachtelt. Wenn es die Montagesitua-tion erfordert, kann ein Falttechnik-Bauteil auch teil- oder unverleimt zur Baustelle geliefert werden.

 

Exakte Bearbeitung und vielfältige

Gestaltungsmöglichkeiten durch Falttechnik

Die Falttechnik verbindet maschinelle Präzision mit handwerklicher Wertarbeit. Winkeltreue und Maßgenauigkeit der vorgefertigten Formteile ermöglichen vor Ort eine schnelle Montage ohne aufwendige Verspachtelungsarbeiten. Das Ergebnis sind staub-arme und effizient organisierte Baustellen. Falttechnik-Formteile sind im Innenausbau für nahezu alle Anwendungen mit Ecken und Kanten einsetzbar. Das Spektrum reicht von Deckenaufkantungen, Deckenabschlüssen und Wandecken über freie Wandenden, Doppelfaltungen, Podeste, Verblendungen, Vorsprünge und Vorsatzschalen bis zu Zierprofilen, Kapitellen, Kabelkanälen, Revisionsklappen und Verkleidungen von Stützen und Laibungen. Beliebte Anwendungen sind auch dekorativ gestaltete Decken- beziehungsweise Wandanschlussfriese zur indirekten Beleuchtung – so genannte Lichtvouten – und Lampenkanäle oder -installationskisten für den flächenbündigen Einbau in Gipskartondecken. Auf dem speziellen EasyKnick-Schneidetisch lassen sich auch beliebige Streifenzuschnitte sowie Ausfräsungen für Einbauteile wie Lampen oder Lüftungen schnell und präzise realisieren.

Die Falttechnik kann bei allen handelsüblichen Gipskartonplatten, die in der DIN EN 520 geregelt sind, bis zu einer Dicke von 25 mm angewendet werden – also auch bei brand- oder feuchteresistenten Gipskartonplatten. Außerdem kommen bei EasyKnick-Produkten auch Materialien wie verzinkte Stahlbleche sowie verschiedene Holzwerkstoffplatten und Kunststoffe zum Einsatz. Diese können zwar nicht geknickt werden, lassen sich aber wie praktisch alle Plattenwerkstoffe für den Innenausbau ebenfalls auf dem EasyKnick-Präzisionsschneidetisch fräsen, sägen oder nuten.

 

Schlitz- und Biegetechnik für runde Formen

Neben der klassischen Falttechnik arbeitet EasyKnick auch mit der Schlitz- und Biegetechnik. Dabei wird die Gipskartonplatte bis auf die untere Kartonschicht mit parallelen Schlitzungen versehen und anschließend mit Hilfe einer Schablone gebogen. Breite und Abstand der Schlitzungen bestimmt der gewünschte Radius. Die Verleimung mit einer zweiten gebogenen Platte als Gegenstück sorgt für Formstabilität. So lassen sich konkave oder konvexe Bauteile wie Säulen, Halbschalen, Kreisverkleidungen, runde Wandecken oder -enden, gebogene Aufkantungen und Lichtvouten herstellen.

Falttechnik ermöglicht stabilen Kantenschutz

Konventionell müssen beanspruchte Kanten bei Gipskarton-Konstruktionen mit Eckschutzschienen zum Beispiel aus Aluminium verstärkt werden, die vollständig in die Spachtelmasse eingebettet und ange-spachtelt werden müssen. Hier bietet EasyKnick eine clevere Alternative: Durch die Verwendung eines speziellen Fräsers entsteht in der geknickten Ecke ein kreisförmiger Hohlraum, in den vor dem Verkleben ein Hart-PVC-Profil eingelegt wird. Die so entstehende, vollständig mit Karton überzogene Kante bildet einen deutlich höheren Schutz vor mechanischer Beanspruchung.

Die konventionelle Eckschutzschiene entfällt völlig und somit auch das aufwendige Verspachteln der Kante und der angrenzenden Flächen.

 

Präzision und Effizienz

Falttechnik mit EasyKnick sorgt durch ein hohes Maß an Vorfertigung für gerade Kanten sowie qualitativ hochwertige und schnelle Ausführung. Die vorgefertigten Formteile für ein breites Anwendungsspektrum zeichnen sich durch ihre Maßgenauigkeit und hohe Oberflächenqualität aus und sorgen für saubere, staub-arme Baustellen. So verbindet Germerott maschinelle Präzision mit handwerklicher Wertarbeit.

Weitere Informationen unterwww.germerott.de


In der nächsten Ausgabe der bauhandwerk stellen wir Ihnen einen weiteren Schneidetisch für die hochwertige Vorfertigung im Trockenbau vor.

 



Autor


Andreas Walther ist Dipl. Holzingenieur (FH) und Tischlermeister. Er leitet die Vorfertigung der Firma Germerott Innenausbau GmbH & Co. KG in Gehrden.

Das Prinzip der Falttechnik beruht auf dem speziellen Aufbau von Gipskartonplatten

Die Falttechnik verbindet maschinelle Präzision mit handwerklicher Wertarbeit

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 06/2021

Filzdeckensystem "Origami" für Wand und Decke

Hunter Douglas Architectural erweitert sein Decken- und Wandsystem „HeartFelt“ um ein Filzdeckensystem aus Origami-Faltpaneelen. Das neue Filzdeckensystem erschafft durch die antike Falttechnik...

mehr
Ausgabe 9/2024

Neubau des Bürogebäudes LUV8 in Hannover Isernhagen

Mit einer au?ergew?hnlichen Architektur, zukunftsweisendem Energiekonzept und Automatisierungsl?sungen z?hlt das LUV8 in Hannover Isernhagen aktuell zu den modernsten B?rogeb?uden Deutschlands

Sechs unterschiedliche Unternehmen beherbergt das rund 3600 m2 Nutzfläche umfassende, außergewöhnliche Bürogebäude in Isernhagen, nördlich von Hannover. Der Neubau erstreckt sich über vier...

mehr
Ausgabe 1-2/2017

Platte mit Lehm statt Gipskarton

Die „Lemix“-Lehmbauplatte wurde weiter entwickelt und ist besonders für Trockenbauer interessant. Ausgleichsputze werden damit künftig überflüssig. Die Lehmbauplatten können ab sofort direkt...

mehr
Ausgabe 7-8/2020

Neue Firmenzentrale der Brainlab AG in München-Riem mit aufwändiger Wand- und Decken­­­­­konstruktion

Mit einem Laser wurden s?mtliche Geometrien, Befestigungspunkte und Nummerierungen der sp?ter an der Unterdecke des Auditoriums zu befestigenden Lichtschollen exakt in „Rigips Habito“-Platten gelasert

Innovation braucht Raum für Kommunikation. So lautet einer der zentralen Leitsätze der Brainlab AG und so sollte auch die Architektur der neuen Firmenzentrale den Austausch der Mitarbeiterinnen und...

mehr
Ausgabe 12/2017

Vorgefertigte Fassadenelemente aus Metallprofilen

Ein auf Metallprofilen basierendes Bausystem für vorgefertigte Fassadenelemente hat die Firma Brüninghoff jetzt für den Einsatz über der Hochhausgrenze für die Anforderung „nichtbrennbar“...

mehr