Prototyp aus HolzDas erste Mehrfamilien-Minergiehaus der Schweiz
Als erstes Mehrfamilienhaus der Schweiz, das als Passivhaus und gleichzeitig nach bauökologischen Kriterien entstand, verbindet das Dreifamilienhaus des Architekten und Bauherrn Peter Schürch ästhetische und energetische Aspekte miteinander. Unter Einsatz des Baustoffs Holz setzt das Haus darüber hinaus auch neue Maßstäbe beim ressourcenschonenden Bauen.
In einer Siedlung aus den 1960er Jahren im Zentrum von Liebefeld im Kanton Bern thront seit beinahe schon drei Jahren der Neubau des Architekten und Bauherrn Peter Schürch auf einer ehemaligen Restfläche für Garagen und Stellplätze. Dabei handelt es sich bei dem Gebäude um das erste Mehrfamilien-Minergiehaus der Schweiz. Die abgerundete Holzverkleidung aus heimischen unbehandelten Lärchenlatten nimmt die Formen der quartiertypischen Wohnhäuser von um 1950 mit ihren abgerundeten Balkonbrüstungen auf. Das neue Umwelt- und Energiesparhaus hat drei Geschosse mit je einer Wohneinheit von etwa 140 m². Die Erschließung erfolgt über ein außenliegendes, nicht beheiztes Treppenhaus, das bei Bedarf später durch einen Aufzug ergänzt werden kann. Entlang der Westseite verläuft auf allen Ebenen ein Laubengang, der sich an der Südspitze zu einer Terrasse erweitert.
Die zur Straße orientierten Nord- und Ostfassaden sind überwiegend geschlossen. Zur Gartenseite hingegen lassen vollflächig verglaste Flächen viel Licht in die Räume. Der Fassadenrücksprung auf der Westseite dient als baulicher Sonnenschutz und verhindert unerwünschte Einblicke. Bei Bedarf kann durch Holzrollläden auch die Gartenfassade komplett geschlossen werden.
Gesund und ökologisch
aus Holz gebaut
Der Architekt und Bauherr Peter Schürch verfolgte bei der gesamten Planung eine ganzheitliche Optimierungsstrategie, die neben der Energieeffizienz auch die Auswahl der Baustoffe und deren Herstellung einschloss. Das Minergie-ECO-Konzept der Schweiz verlangt, dass nicht nur energieeffizient, sondern auch ausschließlich mit natürlichen, ökologisch hergestellten Werkstoffen gebaut wird: Einzig das Untergeschoss des Gebäudes, das Treppenhaus und zwei Stützpfeiler im Inneren bestehen aus Beton. Sonst wurde überwiegend Holz verwendet.
Als Wandstiel für die tragenden Außenwände kam der Dämmständer U*psi (Typ T) von Lignotrend zum Einsatz. In 300 mm dicker Ausführung bildet er die Kammern für einen Großteil des Dämmstoffs mit einer Gesamtdicke von 380 mm.
Bei diesem Holzrahmenbau-Ständer werden die Vertikallasten über den inneren Gurt abgetragen. Der äußere Gurt ist über leiterartige Sprossen nur punktuell, und daher wärmebrückenminimiert, mit dem inneren Gurt verbunden. Die Sprossen reichen aus, um das Gewicht der Fassade zu übertragen. Durch die Verlagerung der lastabtragenden Ebene auf den Innengurt sind wärmetechnisch günstige Anschlussdetails möglich. Beispielsweise ist das Deckenauflager voll überdämmt, und am Sockel geht die Wanddämmung sauber und ohne Versprung in die Perimeterdämmung über.
Die tragende Fassadenkonstruktion in Holzbauweise ermöglicht eine freie Raumaufteilung in den Wohnungen: Die großzügigen, lichtdurchfluteten Räume können frei eingeteilt und zudem immer wieder dem aktuellen Bedarf angepasst werden.
Minimierter
Energieverbrauch
Während der Bauarbeiten wurde der Minergie-P-ECO-Standard auf das Niedrig-
energiehaus in Kombination mit ökologischen Materialien lanciert und auf das Haus im Liebefeld angewandt. Geplant war das Dreifamilienhaus als Minergiegebäude. Bei den ersten Berechnungen der Energiebilanz stellte sich jedoch schnell heraus, dass sich die Minergie-Anforderungen sogar übertreffen ließen.
Das Gebäudekonzept nutzt die Sonnenenergie passiv über große, hoch wärmedämmende Verglasungen und zudem über die Speichermasse der aussteifenden Stahlbetonbauteile und des Zement-estrichs. An der Südspitze ist die Festverglasung mit einem Abstand von 20 cm über den schlanken Stahlbetonpfeiler durchgezogen. Damit zählt auch dieser zur Speichermasse.
Das begrünte Flachdach dient als gemeinschaftlicher Außenraum und bietet zugleich Platz für die Solaranlage, die 75 Prozent des Warmwasserbedarfs deckt. Die gemeinsame Waschmaschine im Untergeschoss ist ans Warmwasser angeschlossen und erlaubt gerade im Sommer eine effiziente Nutzung des solar erwärmten Wassers. Die restliche Heizenergie liefert eine CO2-neutrale Holzpelletanlage. In Kombination mit einer kontrollierten Lüftungsanlage, bei der die Wärme der Abluft zugleich die zugeführte Frischluft vorwärmt, lässt sich mit ein ideales Wohnklima erzeugen. Eine Photovoltaikanlage ist eingeplant und soll innerhalb der nächsten drei Jahre realisiert werden.
Schall- und Brandschutz
der Massivholzdecken
Anders als die Wände sind die Decken in Massivholzbauweise ausgeführt. Für ein langfristig ungestörtes Miteinander im Mehrfamilienhaus sorgen Lignotrend-Deckenelemente vom Typ Ligno Rippe Q3 BV. In dieser neuen Variante auch für freie Spannweiten bis zu 12 m geeignet, sind die Brettsperrholz-Elemente bei diesem Gebäude so biegesteif dimensioniert, dass beim Begehen trotz der großen Spannweite keine unangenehmen Schwingungseffekte auftreten.
Anders als für diese Systemdecken typisch wurde die Untersicht in Bern nicht mit einer Sichtoberfläche in Holz ausgeführt: Hier entschieden sich die Planer für eine untergehängte Decke aus Gipsfaserplatten (Fermacell), welche die Einordnung der Bauelemente in die Brandschutzklasse REI-60 erlaubt – und die Luftschalldämmung weiter verbessert.
In den Elementen selbst sorgt eine Splittfüllung für einen außerordentlich guten Trittschallschutz. Dies konnte durch Kontrollmessungen an den Bauteilen bestätigt werden. Insbesondere im für dumpf rumpelnde Gehgeräusche berüchtigten Tieftonbereich übertreffen die Bauteile sogar die im Geschosswohnungsbau geforderte Qualität.