Vollmineralisches Passivhaus
Kunterbundes Passivhaus in Karlsruhe

18 Familien hatten sich in Karlsruhe zusammengeschlossen und als Baugruppe nach Plänen des Tübinger Büros Joachim Eble Architektur ein Mehrfamilienhaus im Passivhaus-Standard gebaut. Dabei erhielt das Rohbaumauerwerk aus Kalksandstein ein 30 cm dickes WDV-System aus Mineraldämmplatten.

Das enge Zusammenleben verschiedener Generationen war früher selbstverständlich. Doch die traditionelle Großfamilie, die in einem Haus zusammenlebt, gibt es immer seltener. Neuerdings ist jedoch eine Trendwende zu beobachten. Vor dem Hintergrund der aktuellen demografischen Entwicklung entstehen zunehmend neue Wohnformen, in denen Menschen aller Generationen zusammenleben. In Karlsruhe wird derzeit in Zusammenarbeit mit der Stadt sowie der Volkswohnung GmbH mit dem Projekt „Mehrgenerationen-Wohnen Quartier am Albgrün“ eine Siedlung gebaut, bei der sich verschiedene Projektgruppen zusammengefunden haben, um das Wohn- und Lebensumfeld nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Gemeinsam wollen die Gruppen dem bisherigen Bild der anonymen Wohnblocks entgegentreten und das Positive der früheren Dorfstrukturen wieder aufleben lassen.

Unter Beteiligung mehrerer Baugemeinschaften, einer Mietergruppe sowie einer genossenschaftlichen Gruppe ist der Bau von 90 bis 120 Wohneinheiten, ein Nachbarschafts- und Gemeindezentrum sowie ergänzende soziale Einrichtungen und eine Freianlage mit hohem Naherholungswert direkt auf dem Gelände geplant. Da einige Mitglieder dort nicht nur wohnen sondern auch arbeiten wollen, wird außerdem über Büro- und Praxisräume auf dem Gelände nachgedacht.

Vorteile des Baugemeinschaftsverfahrens

Als erste Gruppe bezog die Baugemeinschaft „Vielfalt“ ihr Gebäude auf einem langgestreckten Grundstück an der Durmersheimer Straße. Insgesamt sind es 18 Parteien, die sich hier zusammengeschlossen haben. Gebaut wurde nach dem Passivhaus-Standard. Außerdem baue man preiswerter, weil eine Baugruppe sich viele Kosten sparen könne. „Etwa 15 bis 20 Prozent der Kosten können gegenüber einem privaten Bauträger eingespart werden“, schätzt Bauingenieur Manfred Krines, Geschäftsführer der Krines GmbH aus Karlsruhe, dessen Firma sich auf die Beratung, Begleitung und Realisierung nachhaltiger Bau- und Siedlungskonzepte spezialisiert hat. Er wurde von der Bauherrenschaft mit der Bauleitung und Kostensteuerung beauftragt. Die Kosten für das Bauvorhaben beziffert Krines mit rund 1600 Euro pro m2 (Kostengruppe 300 und 400). Die Planung lag in Händen des Büros Joachim Eble Architektur aus Tübingen, das sowohl über umfangreiche Erfahrungen im Passivhausbau als auch in der Zusammenarbeit mit Baugruppen verfügt. Dieses entwarf 21 individuell gestaltbare Wohnungen unterschiedlicher Größe bei einer Gesamtfläche von rund 2000 m².

Massive Konstruktion für ein Passivhaus

Die Gebäudehülle besteht aus 17,5 cm dickem Kalksandstein-Mauerwerk. Nur einige tragende Mauern führten die Rohbauer aus statischen Gründen in Beton aus. Um die von den Bauherren gewünschte hohe Flexibilität zu garantieren, erfolgte der Innenausbau der einzelnen Wohnungen in Trockenbauweise. Die Gebäudehülle dämmten die Handwerker komplett mit einem vollmineralischen WDVS aus 30 cm dicken Ytong Multipor Mineraldämmplatten der WLG 045, die für eine algen- und pilzfreie Fassade sorgen. Die Wahl fiel auch deshalb auf die Mineraldämmplatten der Brandschutzklasse A1, weil sich die Bauherren einen ökologischen Baustoff wünschten, der nicht brennt. „Wenn ich die Fassaden damit dämme, bin ich sicher, dass meine Kunden noch viele Jahrzehnte später damit zufrieden sind“, meint Stefan Meistrowitz, der Geschäftsführer der PST GmbH, die die WDVS-Arbeiten ausführte.

Verarbeitung des WDVS aus Mineraldämmplatten

Insgesamt verarbeiteten die Mitarbeiter von Stefan Meistrowitz rund 1850 m² Mineraldämmplatten für die Dämmung des gesamten Gebäudes. Nicht zuletzt wegen des geringen  Gewichts und des handlichen Formats von 600 x 390 mm lassen sich die formstabilen und druckfesten Dämmplatten einfach verarbeiten und eignen sich besonders für großflächige Dämmarbeiten. Die hohe Ausführungssicherheit der PST GmbH sorgte für einen schnellen Arbeitsfortschritt. Das Bochumer Stuckateur-Unternehmen hat das Ytong Multipor WDVS bereits bei zahlreichen Großobjekten verarbeitet. „Wir wollten ‚auf Nummer sicher’ gehen und haben für die Fassadenarbeiten eine Firma mit Erfahrung gesucht“, begründet Manfred Krines die Auftragsvergabe.

Mit der Plattenverklebung begannen die Mitarbeiter der PST GmbH verzahnt jeweils an der unteren Hausecke. Die Platten wurden fugendicht knirsch aneinander gestoßen und fortlaufend im Verband mit mindestens 15 cm Überbindemaß geklebt. Zuvor hatten sie den auf die Multiporplatten abgestimmten Leichtmörtel vollflächig mit einer Zahntraufel (Zahnung 10 mm) auf der Plattenrückseite aufgetragen. Die Steghöhe, also die Dicke des aufgetragenen Leichtmörtels, beträgt etwa 7 bis 8 mm. Unebenheiten im Mauerwerk von bis zu 5 mm können so gut ausgeglichen werden. Fehlstellen ließen sich in Karlsruhe mit dem Füllmörtel des Herstellers einfach schließen. Leichte Höhenversätze der Dämmplatten nach dem Ankleben egalisierten die Mitarbeiter der PST GmbH ohne großen Aufwand mit einem Schleifbrett. Grundsätzlich können so auch Anpassungen an die vorhandene Gebäudegeometrie vorgenommen werden, was im vorliegenden Fall jedoch nicht gefordert war.

Pass-Stücke ließen sich vor Ort einfach und ohne Kraftanstrengung, jedoch hundertprozentig exakt, zuschneiden. „Die leichte Bearbeitbarkeit war hier wegen der vielen Anschlüsse und Details von besonderem Vorteil“, so Stefan Meistrowitz.

Zusätzlich befestigten die Handwerker die Mineraldämmlatten vor dem Aufbringen des Armierungsputzes beziehungsweise Armierungsgewebes mit einem Tellerdübel in der Plattenmitte. Als Schlussbeschichtung wurde ein zu den Mineraldämmplatten passender mineralischer Oberputz aufgetragen.

Autorin


Rita Jacobs M.A. führt ein PR-Büro mit Schwerpunkt Bau und Architektur in Düsseldorf. Sie arbeitet als freie Journalistin unter anderem für die Zeitschriften bauhandwerk und dach+holzbau.

Die Bauherren wünschten sich einen ökologischen Dämmstoff, der nicht brennt

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