Reprofilierung einer historischen Fassade in Bremen
Rund fünf Jahrzehnte stand die Fassade schmuck- und gesichtslos neben ihresgleichen. Dann brachte die Kombination aus Wärmedämmung und Fassadenprofilen dem Bremer Haus seinen historischen Charakter zurück. Ein Musterbeispiel für engagierte Stadtbildpflege.
Vielerorts fielen historische Schmuckelemente an Fassaden den puristischen 1960er Jahren zum Opfer. Zurück blieben „moderne“ Fassaden, glatt, ungegliedert und ihrer Ästhetik beraubt. Das war in Bremen nicht anders. Besonders betroffen war dort der Typus des so genannten Bremer Hauses. Mitte des 19. Jahrhunderts begann man, die Straßenzeilen mit Reihenhäusern zu bebauen. Statt wie andernorts große Mietskasernen, errichtete man selbst Arbeiterviertel in dieser kleinteiligen Struktur. Gemeinsames Kennzeichen dieser bis in die 1930er Jahre praktizierten Typologie waren schmale, mehrgeschossige Baukörper mit größerer Tiefe und Souterrain, in dem Hausangestellte lebten oder arbeiteten. Noch etwas verband das damalige Bauen: die Fassaden. Entsprechend des damaligen Wunsches nach dekorativen Elementen, trugen die Gebäude – zumindest zur Straße hin – allerlei schmückende Profile, Gesimse, Fensterfassungen und Bossenstrukturen. Je nach Bauzeit waren die oft historistisch geprägt, später dann auch vom Jugendstil. Krieg und der Modernisierungs-Irrtum machten dieser Vielfalt ein Ende.
Wiederbelebung der Fassade
Dieses Schicksal hat auch das schmale Gebäude in der Ellhornstraße ereilt. Zumindest bis vor kurzem präsentierte es sich als äußerlich wenig attraktives Wohn- und Bürogebäude. Das änderte sich 2018 von Grund auf. Damals wechselte das mit fast 12 m ungewöhnlich breite Gebäude seinen Besitzer. Die neue Eigentümerin, eine Wohnbaugesellschaft, startete wie immer bei Gebäudeübernahmen eine Kernsanierung. Dabei wurde ein Foto aus dem Jahr 1880 gefunden, das kurz nach der damaligen Fertigstellung aufgenommen wurde und das Haus mit seiner ursprünglichen Fassade zeigt. Die Idee des Bauherren war nun, diesen Zustand trotz fehlendem Denkmalschutz möglichst ähnlich wieder herzustellen und dabei in einem wirtschaftlich vertretbaren Rahmen zu bleiben.
Dämmsystem als Basis
Zusammen mit Sven Kühnast vom gleichnamigen Bremer Malerbetrieb und dem Caparol-Fachberater Bernd Göttinger entwickelte man eine elegante wie machbare Lösung. „Wir haben mit dem Bauherren bereits einige Bauten saniert, einschließlich Fassaden-Reprofilierungen mit den ,Capapor‘-Elementen“, berichtet Sven Kühnast. Auch beim nun anstehenden Objekt sollten diese Fassadenprofile zum Einsatz kommen – in Form von Standardprofilen. Da das aktuelle Portfolio nicht ganz alle notwendigen Formen umfasste, fahndete man in der Datenbank von Caparol gemeinsam nach geeigneten, momentan ausgelisteten Profilen. Die entsprechenden Datensätze wurden reaktiviert und mit einer CNC-Fräsanlage produziert. Für die Montage der Profile diente das mineralische Dämmsystem „Capatect Comfort“ als Grundlage – nicht unbedingt, weil dies bauphysikalisch notwendig gewesen wäre, denn die Bausubstanz erwies sich als problemlos. Das Dämmsystem mit seinen 8 cm dicken Mineralwolle-Platten diente vielmehr zur Umsetzung der gewünschten Bossensteinoptik. Die erfolgte durch Einfräsen des Fugenbildes in die Oberfläche. „Wir hätten das auch mit EPS ausführen können, aber angesichts der relativ kleinen Fassade und den notwendigen horizontalen sowie vertikalen Brandriegeln zu den Nachbarhäusern, haben wir uns für die mineralische Komplettausführung entschlossen“, so Kühnast. Allerdings: „Die Bossenstruktur erforderte eine relativ kleinteilige Armierung“.
Profile und Laibungsplatten
Die Bossen bilden den Hintergrund für die eigentliche Reprofilierung in Form breiter Profile mit Lilienmotiven auf Höhe der Geschossdecken. Daneben nehmen die differenzierten Rahmungen der Fensteröffnungen das typische Gliederungsprinzip des Historismus auf. Für den perfekten Anschluss der Profile an die Fensterlaibungen kleideten die Handwerker diese mit der absolut planen und vorbeschichteten „Capatect Laibungsplatte 063/08“ aus. Auch das vorgelagerte Eingangsportal wurde in die Profilierung integriert. Als Deckputz kam der feine und mineralische „Capatect ArmaReno 700“ zum Einsatz, die Deckbeschichtung wurde komplett mit „Caparol Thermosan“ umgesetzt.
Für den Hauptton der Fassade wählte man ein Altweiß, das den bauzeitlich verwendeten Nuancen am nächsten kommt. Die Profilierungen wiederum setzte man in einem dunklen Schiefergrau ab, was die Gliederung deutlich betont. Übrigens: Nicht nur außen, sondern auch innen ist nun Ornamentik angesagt: „Das Treppenhaus haben wir ebenfalls mit Stuckelementen ausgestattet“, erwähnt Kühnast nebenbei. Damit wäre der stimmige Gesamteindruck perfekt.
AutorDipl.-Ing. Architektur (FH) Armin Scharf arbeitet als freier Fachjournalist, Texter und Fachbuchautor in Tübingen. Zu seinen Themenschwerpunkten gehören Industrialdesign, Bautechnik und Farbdesign.
Baubeteiligte (Auswahl)
Bauherr Wohnungsbaugesellschaft Helmut Willich, Bremen, www.helmut-willich.de
Fassadenarbeiten Malereibetrieb Kühnast GmbH, Bremen, www.mbk-bremen.de
Beratung Bernd Göttinger, Bremen
Eingesetzte Produkte Capatect Comfort, Capapor Fassadenprofile, Capatect Laibungsplatte, Capatect ArmaReno 700, Caparol Thermosan
Caparol, Ober-Ramstadt, www.caparol.de
Tipps für die perfekte Profilierung
Die „Capapor“-Profile aus mineralischem Leichtbaustoff (Brandklasse A2) sind in unterschiedlichen Standard- und Sonderformen erhältlich. Mit ihnen lassen sich Fassaden und Innenräume dreidimensional akzentuieren, gliedern oder an verlorenem historischen Bestand wiederherstellen.
„Damit die Profile vor allem an der Fassade ihre Langlebigkeit ausspielen können, kommt es auf deren einwandfreie Verarbeitung an. Die Montage der Profile ist vielfach erprobt und sollte für Fassadenprofis keine Herausforderung sein“, weiß Florian Ehmer, technischer Berater im Geschäftsfeld Gebäudehülle bei Caparol.