Revolution der nachträglichen Horizontalabdichtung mit Cremetechnologie
Injektionsverfahren haben sich für nachträgliche Horizontalsperren im Mauerwerk etabliert. Es handelt sich um effektive, saubere und vor allem kostengünstige Verfahren. Die meisten am Markt angebotenen Produktsysteme sind flüssig. Seit einiger Zeit sind vermehrt cremeförmige Produkte hinzugekommen.
Die jüngste Entwicklung auf dem Gebiet der siliziumorganischen Produkte ist die seit etwa 15 Jahren erfolgreich praktizierte Herstellung von hochviskosen, wässrigen Systemen, so genannten Cremes. Deren Konsistenz resultiert aus der hohen Wirkstoffkonzentration von etwa 40 bis 80 Prozent im Produkt. Solche Produkte zeichnen sich dadurch aus, dass sie Rückstandsfrei in den Baustoff einziehen. Daneben sind auch Pasten oder Gele erhältlich, bei denen die Wirkstoffe mit Verdickern auf die gewünschte Konsistenz eingestellt werden. Da diese Verdicker aber nicht in den Untergrund einziehen, bleiben sie – nach dem Einwandern der Wirkstoffe in den Untergrund – als störender Belag auf der Oberfläche zurück.
Nachträgliche chemische Horizontalsperren
Die Mehrzahl der am Markt verfügbaren Schutzstoffe ist gemäß WTA-Merkblatt 4-4-04/D geprüft und zertifiziert. Ziel dieser Zertifizierung ist es, dem Planer und Handwerker die Möglichkeit zu geben, die unterschiedlichen Injektionsstoffe gemäß ihrer Eigenschaften, Anwendungsgebiete und Anwendungsgrenzen möglichst objektiv vergleichen zu können. Dafür muss der Blick jedoch tiefer gehen als nur bis zur Aussage des Zertifikats, bis zu welchem Durchfeuchtungsgrad das Material einsetzbar ist.
Bei „klassischen“ chemischen Horizontalsperren wird ein flüssiger Injektionsstoff in das zu behandelnde Mauerwerk eingebracht. Damit dies geschehen kann, müssen entweder Teile des Porensystems zugänglich, das heißt frei von Wasser sein oder das in den Poren befindliche Wasser muss während des Einbaus verdrängt werden. Durch die Hersteller wird je nach Injektionsstoff ein Durchfeuchtungsgrad (DFG) angegeben, bis zu dem ausreichend offener Porenraum zur Verfügung steht, damit die Injektion drucklos erfolgen kann. Wenn nötig kann ein entsprechend niedriger Feuchtegehalt durch Trocknung realisiert werden. Alternativ kann eine Injektion unter Druck vorgenommen werden. Dabei wird der Injektionsstoff mit Pumpen oder Druckbehältern über Packer in den Baustoff gedrückt, wobei er Teile des in den Poren vorhandenen Wassers verdrängt. Wenn nicht von vorneherein mit einem der aufwendigeren Verfahren gearbeitet werden soll, ist es zwingend erforderlich den Durchfeuchtungsgrad des Mauerwerks in der Injektionsebene zu bestimmen. Dazu ist die Entnahme von Stückproben unumgänglich, da das Gesamtporenvolumen des Materials als Bezugsgröße für den aktuell vorhandenen volumetrischen Feuchtegehalt bestimmt werden muss.
Die gesamte beschriebene Vorgehensweise erzeugt einen nicht unerheblichen Aufwand, was in der Vergangenheit dazu geführt hat, dass nach neuen Produkten geforscht wurde, die es ermöglichen würden, diesen Aufwand zu reduzieren.
Cremetechnologie als Problemlöser
Bei der Entwicklung wurde klar, dass eine konzen-trierte Creme-Rezeptur viele der Probleme traditioneller nachträglicher Horizontalsperren überwinden könnte. Zuerst fallen hier die Anwendungsvorteile ins Auge: Für ein cremeförmiges Material macht eine Druckverpressung wenig Sinn, da die Konsistenz hier keinen Vorteil bringt beziehungsweise unter einer solchen Anwendung gegebenenfalls sogar kollabieren würde. Ein cremeförmiges Material ist demnach für die drucklose Anwendung prädestiniert. Hinsichtlich der Verarbeitung bietet die Konsistenz den Vorteil, dass das Material aus einem horizontal gebohrten Loch nicht herausläuft. Das aufwendige schräge Bohren, bei dem immer durch die Mauersteine hindurch gebohrt werden muss, entfällt zugunsten eines horizontalen, das heißt kürzestmöglichen Bohrlochs, was bei durchgehenden Lagerfugen zudem bequem in der Fuge gebohrt werden kann.
Ziel der Entwicklung musste es sein, mit einer Bohrlochfüllung so viel Wirkstoff einzubringen, dass keine weitere Befüllung notwendig ist und somit auch keine Vorratsbehälter angebracht werden müssen. Im Verlauf der Entwicklungsarbeiten zeigte sich, dass mit der hohen Wirkstoffkonzentration (80 Prozent aktiver Wirkstoff) einer Öl in Wasser-Emulsion die genannte Anforderung hinsichtlich der Befüllung zu erreichen ist und zudem einen weiteren entscheidenden Vorteile generiert: Der Wirkstoff ist in der Lage sich durch Diffusion im Porenwasser des Baustoffs auszubreiten. Das führt dazu, dass der Einbau der Horizontalsperre drucklos, auch bei nahezu vollständiger Porensättigung möglich ist. Freier, kapillaraktiver Porenraum ist ebenso wenig notwendig wie der Einsatz einer Druckinjektion. Voruntersuchungen zum Durchfeuchtungsgrad sind somit überflüssig.
Versuche mit unterschiedlichen Steinen und Mörteln haben gezeigt, dass ein Bohrlochdurchmesser von 12 mm ausreichend ist und sich aus den erzielten Verteilungsradien ein sinnvoller Bohrlochabstand von 12 cm ergibt. Das entspricht einer Reduktion der Mauerwerksaufstandsfläche von 10 Prozent, was in aller Regel verkraftbar ist und somit die nachträgliche Verfüllung der Bohrlöcher ebenfalls überflüssig macht. Damit wird es möglich, die Horizontalsperre, einschließlich des üblichen vertikalen Abdichtungsstreifens, inklusive Putz, in einem Tag fertigzustellen.
Aus der Konsistenz des Materials und der nur einmaligen Bohrlochfüllung ergibt sich ein weiterer nicht unerheblicher Vorteil: Die einzusetzende Materialmenge wird kalkulierbar. Während bei der Verwendung flüssiger Materialien, insbesondere im Rahmen einer Druckinjektage, Teile des eingesetzten Injektionsstoffs in Rissen und Hohlräumen „verschwinden“ ist dies bei druckloser Anwendung einer Creme nahezu ausgeschlossen. Hieraus folgt die gute Kalkulierbarkeit des Materialbedarfs.
Seit einiger Zeit sind von mehreren Herstellern ähnliche Materialien auf dem Markt, die alle mit dem WTA-Zertifikat bis 95 Prozent Durchfeuchtungsgrad versehen sind. Sie unterscheiden sich jedoch erheblich hinsichtlich der Verarbeitungsbedingungen, unter denen das Prüfzeugnis erlangt wurde. Um hier nicht die falsche, nicht durch die Zertifizierungsprüfung abgesicherte Vorgehensweise zu wählen, ist es dringend angeraten, die jeweiligen Randbedingungen für die Verarbeitung nicht nur in den Technischen Merkblättern der Hersteller, sondern im jeweils zugehörigen Prüfbericht nachzulesen. Die wesentlichen Unterschiede liegen im Bohrlochdurchmesser sowie im Neigungswinkel und Abstand der Bohrlöcher.
Anwendungstechniken für Injektionscreme
Bislang wurden Injektionscremes in Alu-Puppen, ähnlich denen, in denen auch Fugendichtungsmassen abgefüllt werden oder „lose“ im Eimer angeboten. Die Alu-Puppen lassen sich mit den gängigen Dichtstoffpistolen unter Verwendung einer für die Injektion optimierten Spitze verarbeiten. Die „Eimerware“ wird mit Hilfe handelsüblicher Drucksprühgeräte in die Bohrlöcher eingebracht.
Aufgrund der in den letzten Monaten stark gestiegenen Nachfrage nach Injektionscremes haben die Firmen Remmers und Desoi in Kooperation eine aufeinander abgestimmte Gebinde- und Maschinentechnik entwickelt, die es dem Handwerker ermöglicht, die Creme professionell einzubauen und Maschine und Gebinde nach Abschluss einer Baustelle ohne Reinigung beziehungsweise Entleerung bis zum nächsten Einsatz zwischenzulagern.
Bei der Verarbeitung mit einer Injektionspistole wird der noch geschlossene Alu-Schlauchbeutels mit Schraubverschluss in das Rohr der Injektionspistole eingeführt. Danach wird zunächst die Injektionsspitze auf den Alu-Schlauchbeutel und danach der Überwurfring aufgeschraubt. Danach kann die Injektion erfolgen.
Bei der Verarbeitung mit Politainer und Injektionspumpe EP-60 wird der Ansaugstutzen auf den Politainer geschraubt und dieser auf die Injektionspumpe gesetzt. Danach kann die Injektion erfolgen. Pumpe und Politainer können ohne Reinigung bis zum nächsten Einsatz zwischengelagert werden.
Ausbreitverhalten und flankierende Arbeiten
Nach erfolgter Injektion müssen flankierende Arbeiten zeitnah fortgesetzt werden. Dies ist im ersten Arbeitsgang das Verschließen der Bohrlöcher mit Dichtspachtel bei Flächen, die später verputzt werden sollen. Gleiches gilt für den Fugenmörtel bei Ziegelsichtmauerwerk.
Da der Zerfallsprozess der Creme über Monate andauert, ist es nicht angeraten, diesen durch offene Bohrlöcher beobachten zu wollen; zumal die leicht flüchtigen Wirkstoffe dann eher den Weg „ins Freie“ suchen anstatt ins Mauerwerk. Versuche zeigen, dass zum Beispiel Kiesol C auch beziehungsweise gerade bei hohen Durchfeuchtungsgraden über Monate hinweg den Grad der Wasserabweisung im Mauerwerk kontinuierlich steigert. Die Vermutung liegt nahe, dass dieses Verhalten nicht auf dem kapillaren Transport des angebotenen Wirkstoffs beruhen kann, da bei 95 Prozent Durchfeuchtungsgrad weder hinreichend freier Kapillarporenraum, das heißt transportfähiger Porenraum, noch ausreichend viel Wirkstoff zur Sättigung aller kapillarleitfähigen Poren zur Verfügung steht. Es bestehen jedoch zwei weitere Möglichkeiten, wie Kiesol C im Baustoff transportiert werden kann.
Da der Wirkstoff sehr niedermolekular ist und daher leicht verdunstet, besteht zum einen die Möglichkeit einer Gasphasen-Hydrophobie, die in einigen Industriebereichen bereits seit vielen Jahren eingesetzt wird. Zum anderen besteht die Möglichkeit, dass sich der Wirkstoff über Diffusion im Porenwasser des injizierten Baustoffs ausbreitet. Je nach Durchfeuchtungsgrad wird einer der beiden beschriebenen Prozesse der für die Ausbreitung des Wirkstoffs maßgeblichere sein. In jedem Fall ist es für den Handwerker sinnvoll, die flankierenden Arbeiten nach Füllung der Bohrlöcher zügig auszuführen.
Auch wenn es schwer fällt, kann man darauf vertrauen, dass moderne Injektionscremes ihren Weg in das Porengefüge des behandelten Baustoffs finden und ihn wasserabweisend und damit kapillarbrechend ausrüsten werden.
Ein Bohrlochdurchmesser von 12 mm ist bei einem Bohrlochabstand von 12 cm optimal