Sanierung, Umbau und Aufstockung des Palais Oppenheim in Köln

Fast 120 Jahre Baugeschichte hat das Kölner Palais Oppenheim hinter sich. Als Wohnsitz eines Bankiers konzipiert, diente die Villa der NSDAP, der Rheinischen Musikschule, dem ADAC und sogar der Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“ bis sie heute wieder als luxuriöses Wohnhaus dienen darf.

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Im Stil des Neu-Rokoko von Architekt Charles Frédric Mewès von 1906 bis 1908 erbaut, erscheint das Gebäude mit seinem 100 m breiten Grundstück unmittelbar am Gustav-Heinemann-Ufer entlang des Kölner Rheins wie eine selbstbewusste Manifestation von Reichtum und Macht. Doch schon wenige Jahre nach Fertigstellung verließ der adelige Bankier und Bauherr Emil Freiherr von Oppenheim seinen Wohnsitz in Köln wieder. 1944 wurde die Villa von der NSDAP bombensicher ausgebaut, diente dann ab 1956 als Sitz für den ADAC, zwischenzeitlich als Musikschule, um dann 2009 im Rahmen eines städtebaulichen Realisierungswettbewerbs mit hochbaulichem Vertiefungsteil wieder in einen Wohnsitz verwandelt zu werden.

Renner Hainke Wirth Zirn Architekten gingen aus diesem Wettbewerb als Gewinner hervor und erhielten im Anschluss den Zuschlag für die Planung der Sanierung und des Umbaus der Villa. Gemeinsam mit den beiden Neubauten von Molestina Architekten und der umgestalteten Parkanlage von RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten und studio graugrün Landschaftsarchitektur bildet das Palais ein Gesamtensemble auf fast 3500 m2 Grundstücksfläche.

„Für das Rheinufer ist das Palais Oppenheim einer der ganz wichtigen Bausteine. Für uns und die Denkmalpflege war der Erhalt eines so prachtvollen Gebäudes und die Alleinstellung des Gebäudes im Park ein ganz besonderer Entwurfsaspekt in der städtebaulichen Entwicklung des Grundstücks gewesen“, erläutert Stefan Wirth, Leiter des Projekts und Partner von Renner Hainke Wirth Zirn Architekten.

Repräsentative Außenwirkung 

Ein Portikus mit vier attisch-ionischen Säulen markiert den imposanten Eingang zur Beletage an der südwestlichen Parkseite der Villa. Ergänzend haben Renner Hainke Wirth Zirn Architekten einen neuen barrierefreien Eingang mit Aufzug an der Nordseite hinzugefügt, um die zehn weiteren Wohneinheiten zu erschließen. Ein fliegendes Glasdach auf einer v-förmigen Stahlkonstruktion führt witterungsgeschützt zu einem Eingangsportal, das durch ein aufwändig gestaltetes Gitter auffällt. Die sich überschneidenden Ringe aus Messing schützen die verglaste Türanlage und stellen zugleich einen zeitgenössischen Bezug zur üppigen Ornamentik der gesamten Villa her. Gefertigt wurde dieses Gitter von Mönchen des Klosters Maria Laach.

Für eine einheitliche Außenwirkung der Villa in der Gesamtfläche sorgt nach einer Ertüchtigung der Natursteinfassade aus Savonnière-Kalkstein ein Anstrich mit pigmentierter Lasur. Auch die Gesamtkubatur des Palais präsentiert sich geschlossen und einheitlich trotz der neu aufgesetzten Dachgeschosse mit Pfosten-Riegel-Fassade mit außenliegenden scharfkantigen Horizontallamellen.

So selbstverständlich die Villa nach Beendigung der Bauarbeiten im Frühjahr 2021 auch erscheinen mag: Der Zustand der Bausubstanz war zuvor erkennbar desolat. Spuren der Zeit wie Einschusslöcher an der Fassade aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs wurden als erhaltenswerte Schäden gemeinsam diskutiert und letztlich im Sinne der Sanierung des gesamten Gebäudes verworfen. Wechselnde Nutzungen haben die Bausubstanz, die 1998 unter Denkmalschutz gestellt wurde, in Mitleidenschaft gezogen, wie Wirth beschreibt: „Das Gebäude war vor dem Umbau in einem ziemlich sanierungsbedürftigen Zustand, da dort am Ende Feiern, Hochzeiten und Casting-Veranstaltungen, wie Deutschland sucht den Superstar, stattfanden. Niemand hat das Gebäude mehr mit seinem Reichtum und in seiner Substanz so richtig wertgeschätzt.“

Zweigeschossige Aufstockung 

Eine Abweichung von der ursprünglichen Gesamthöhe des Gebäudes um einen halben Meter für die lichten Raumhöhen war auf Grund der Vorgaben des Denkmalschutzes nicht möglich. Renner Hainke Wirth Zirn Architekten ließen sich von den Vorgaben aber nicht entmutigen und erzeugten mit der Wohnraumerweiterung auf dem Dach hochwertigen Wohnungsbau in „5 Sterne +++ Qualität“. „Es gab auch konservative Stimmen beim Denkmalschutzamt, die sich diese neue Aufstockung nicht vorstellen konnten. Dennoch haben wir mit der Fertigstellung den Zuspruch und die breite Zustimmung von allen Seiten erfahren“, schildert Wirth die Hintergründe.

Nach den Rohbauarbeiten für die Erweiterung des Kellergeschosses und den Anschluss an die neue Tiefgarage folgten die neuen Obergeschosse. Für eine gestalterische Angleichung an den Bestand wurden sowohl die Lamellen als auch die Abdeckleisten der dahinterliegenden Pfostenriegel-Fassade in einem warmen, dunklen Farbton C33 eloxiert. Die Lamellen dienen dank einer Tiefe von 60 cm als außenliegender baulicher Sonnenschutz und gewähren bei einem vertikalen Abstand von 55 cm zueinander dennoch den begehrten Rheinblick. Ohnehin scheint man beim Ausblick vom dritten Obergeschoss aus über den Dächern des Villenviertels Marienburg und dem angrenzenden Stadtteil Bayenthal zu schweben. Um den ungehinderten Blick vom Dachgeschoss Richtung Rhein zu gewährleisten, hätte das Team um Stefan Wirth die historischen Baluster um mehrere Zentimeter kürzen müssen, was jedoch nicht mit den Vorgaben des Denkmalschutzes konform gewesen wäre.

Statische Konstruktion 

Sowohl aus statischen als auch aus bauphysikalischen Gesichtspunkten war die zweigeschossige Aufstockung eine Herausforderung. Um die Lasten der oberen Geschosse abzufangen, trugen die Handwerker bestehende Mauerwerkswände ab und ersetzten sie durch tragende Betonwände. Die Lasten der oberen Geschosse gründen über einer massiven Stahlbetondecke mit einem zentralen Loch für ein Oberlicht auf soliden Mauerwerks- und Betonwänden des ersten Obergeschosses. Die tragende Konstruktion der Decke zwischen der Beletage und dem ersten Obergeschoss bestand aus einer bauzeitlichen Stahlkonstruktion und zusätzlichen Holzbalken, die zum Teil im Rahmen der Sanierung ersetzt worden sind. Der Raum zwischen den Balken oberhalb der Stahlkonstruktion dient als Verlegeebene für haustechnische Infrastruktur.  

Schutz vor innerem Schall 

Das spektakuläre Oberlicht mit einer Stahlkonstruktion von Gustav Eiffel dient als zentraler Lichthof für zenitales Tageslicht in der Beletage. Für eine akustische Trennung zwischen den oberen und unteren Geschossen sorgt eine zweischalige Stahlbetonkonstruktion der Wände zum Innenhof, so dass die Vorgabe im eingebauten Zustand in Höhe von R’w 62 dB eingehalten werden kann. Ein Musikkonzert in der obersten Etage würde somit dank dieser Konstruktion eine parallellaufende Veranstaltung in der Beletage akustisch nicht stören. Die gleich hohe Vorgabe galt ebenfalls für den Schallschutz zwischen den Wohneinheiten. Die Dicke der Trennwände innerhalb der Wohnung liegt bei 150 mm, um die Vorgabe von R’w 47dB gewährleisten zu können.

Schutz vor äußerem Schall 

Vor über 100 Jahren existierte noch keine mehrspurige Straße zwischen dem Standort des Palais und dem Rheinufer. Heutzutage müssen Wohnbauten entlang dem Gustav-Heinemann-Ufer eine Antwort auf die Lärmbelastung durch Straßen- und Schiffs- sowie Bahnverkehr finden. Sowohl im nördlich liegenden Marmorsaal, auch damals Herrensaal genannt, im Gartensaal als auch im Weißen Saal, dem damaligen Damensalon, schirmen Doppelkastenfenster den Außenlärm ab. Sämtliche Fensterelemente besitzen eine Dreifach-Verglasung mit Weißglas und schützen vor Wärmeverlust und -eintrag.

Dank der Massivität der bauzeitlichen Außenwände konnte auf eine zusätzliche Dämmung im Innenraum verzichtet werden. Denn bis zu 80 cm Wanddicke kombiniert mit einer 5 cm breiten Hinterlüftung hinter der Natursteinfassade schützen vor Hitze im Sommer und Kälte im Winter. Die Holzfenster aus Eichenholz erhielten einen außenliegenden Sonnenschutz aus Holzrolläden gemäß Bestand, die nun dank eines BUS-Systems zentral gesteuert werden können. Gegen eine Überhitzung der Aufstockung gibt es eine Betonkernaktivierung.

Verborgene Haustechnik 

Die Haustechnik verbirgt sich auf intelligente Weise an mehreren Orten im Gebäude. Der Schacht neben dem Aufzug dient als Nadelöhr, um zentral alle Geschosse mit der Technikzentrale im Untergeschoss zu verbinden. In der Beletage verbergen sich hinter den historischen Wandelementen der Stuckwände Technikschränke, so dass auffällige beziehungsweise fremdartig wirkende Revisionsöffnungen vermieden werden konnten.

Auffällig ist, dass im gesamten Innenausbau des Palais auf die Verwendung von Chrom, Kunststoff und gewöhnlichen Edelstahl verzichtet wurde. Stattdessen entdeckt man Türgriffe, Armaturen und weitere Elemente im Innenausbau aus Messing, Bronze und brüniertem Edelstahl. Obwohl die Wohnungen vermietet werden sind sie hochindividuell gestaltet. Hinter den einheitlichen Zugangspanels an den Eingangstüren verbergen sich individuelle Wohnwelten. Die Badezimmer sind in der Farb- und Materialgestaltung alle unterschiedlich und die Wände in den Wohnungen erstrahlen in satten, warmen Farbtönen. Der Hersteller Caparol erlebte im Rahmen des Projekts Palais Oppenheim eine Premiere für die neu kreierte Produktlinie „Icons“ mit hochdeckenden Wandfarben.

„Wir haben gemeinsam mit dem Bauherrn alle ausführenden Firmen vor Ort besucht. Uns war wichtig, was sie bearbeiten, wie sie arbeiten und wer daran arbeitet. Das ging bis zu Werksbesichtigungen einzelner Hersteller“, erklärt Wirth das Ergebnis des Umbaus. „Mit der Intelligenz, dem Wissen und dem Know-How der Firmen konnten wir wirtschaftlich und mit sehr hoher Qualität unsere Planung umsetzen. Wenn auf beiden Seiten ein Interesse besteht ein besonderes hochwertiges Produkt herzustellen, dann gelingt das in der ausgeführten Qualität gemeinsam wesentlich einfacher.“

Restaurierungsarbeiten 

Um die historischen Wandmalereien in der Beletage zu schützen ersetzten die Handwerker im Mahagonisaal die nicht mehr zu rettenden Gobelins durch Lehmbauplatten, die für ein günstiges Raumklima sorgen. In Teilbereichen der Beletage kleideten sie zudem die Böden mit neuem Eichenparkett aus. Im Zuge dieser Arbeiten wurde eine Fußbodenheizung verlegt. Auf Grund von Wasserschäden in der Beletage kam es zu Zeitverzögerungen. Ein Großteil der bauzeitlichen Stuckarbeiten und Wandverkleidungen der Beletage musste ausgebaut und in Werkstätten restauriert werden. Die Leitung und Koordination dieser und weiterer restauratorischer Arbeiten leitete Dr. Sabine Lepsky von Forschung am Bau GbR mit Sitz in Köln.

In der folgenden Ausgabe der bauhandwerk 3.2022 berichten wir im März über die Stuckrestaurierung in einem zweiten Teil und gehen näher auf die umfangreichen Restaurierungsarbeiten von Dr. Sabine Lepsky und den Restaurierenden ein.

Autorin

Nathalie Brum, geb. Gozdziak, ist Architektin, Journalistin und Klangkünstlerin. 2014 schloss sie ihr Architekturstudium an der RWTH Aachen ab und arbeitet seitdem als Architektin in Köln.

Baubeteiligte (Auswahl)

Architekten Renner Hainke Wirth Zirn Architekten, Hamburg, www.rhwzarchitekten.de

Statik IDK Kleinjohann, Köln, www.idk-koeln.de

Generalunternehmer Zech Bau, Frankfurt, www.zechbau.de

Historisches Gutachten Forschung am Bau GbR, Köln, forschung-am-bau.de

Restaurator Diplom Restaurator Thomas Lehmkuhl, Köln

Maurerarbeiten Leding Hoch- und Tiefbau, Dormagen

Sanierung der Natursteinfassade Denkmalpflege Schorn, Köln, denkmalpflege-schorn.de

Leonh. Hanbuch & Söhne, Mannheim, www.hanbuch.de

Fassadenbeschichtung Malerbetrieb Hepp, Lambrecht, www.malerbetrieb-hepp.de

Fassade Aufstockung Krebbers, Krefeld, krebbers.de

Putzarbeiten Jaeger Ausbau, Dortmund, www.jaeger-ausbau.de

Malerarbeiten Heckenkamp & Epe Malerwerkstätten, Köln, www.epe-maler.de

Stromberg Oberflächentechnik, Duisburg, stromberg-gruppe.de

Estrich- und Parkettarbeiten Fußboden Sauer, Weilburg, www.fussboden-sauer-gmbh.de

Herstellerindex (Auswahl)

Lamellenfassade Colt International, Kleve, www.colt-info.de

Wandfarben Icons, Caparol, Ober-Ramstadt, www.caparol.de

Weitere Informationen zu den Unternehmen
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