Tiefeninjektion für Reformation
Setzrisse bedrohten das Garnisonsgebäude in der Lutherstadt Wittenberg. Die Risse im Mauerwerk entstanden durch die eingeschränkte Tragfähigkeit des Untergrunds und machten eine Tiefeninjektion mit Expansionsharz erforderlich.
Das ehemalige Exerzierhaus aus dem Jahr 1883 ist ein bedeutendes historisches Zeugnis. Denn Wittenberg ist als Ausgangspunkt der Reformation nicht nur Kulturmetropole: Als letztes Bauwerk verweist der imposante neugotische Bau auf Wittenbergs strategische Bedeutung als Garnisonsstadt. Zuletzt wurde der lang gestreckte Ziegelbau als Reithalle genutzt. Danach verfiel das historische Gebäude, wobei sich Risse im Mauerwerk bildeten. Nun wird es im Rahmen der Internationalen Bauausstellung (IBA) Stadtumbau Sachsen-Anhalt 2010 funktional und ästhetisch aufgewertet. Eine öffentlich zugängliche Cranachgalerie soll die ehemalige Reithalle werden. Setzrisse an der Ziegelfassade werden instandgesetzt. Aber auch innen wird das Gebäude saniert. Zudem ist ein nicht unterkellerter Anbau am Westgiebel geplant.
Ursache für Risse im Mauerwerk
Deutlich sichtbar waren die Setzrisse bei der Bestandsaufnahme vor der Sanierung. Vor allem an den Außenwänden im westlichen Gebäudeteil waren massive Risse im Mauerwerk zu erkennen. Die durchgeführte Baugrunduntersuchung förderte schnell die Ursache der Setzungsrisse ans Licht: Ein nicht ausreichend tragfähiger Baugrund. Die Setzungsrisse in den Ziegelmauern rührten von einem mit Sand verfüllten alten Wassergraben her, der Teil der einstigen Stadtbefestigungsanlage war. Darauf ruhen weite Teile der Fundamente. Der betroffene Baugrund unterhalb einer Mutterbodenschicht enthält bis in eine Tiefe von 3,80 m: Sand, organische Anteile (verbranntes Holz, Wurzeln) und Bauschutt. Dies ergaben die vier Rammkernbohrungen und -sondierungen sowie ein Schurf. Der kleine organische Anteil im Baugrund beeinträchtigt die Tragfähigkeit des Bodens gemäß Baugrundgutachten kaum. Weitere Risse im Mauerwerk durch unvorhersehbare Setzungen der Außenwände sind aber nicht ausgeschlossen.
Baugrundverstärkung gegen bedrohliche Setzrisse
Um weitere Setzungsrisse zu verhindern war eine langzeitstabile Baugrundverstärkung gefragt. Die Uretek-DeepInjection-Methode bot sich zur Auffüllung der Hohlräume in der heterogenen Wassergrabenverfüllung an. Dadurch sollte auch die Tragfähigkeit des Baugrundes und der Kraftschluss zwischen Baugrund und aufgehender Konstruktion wiederhergestellt werden. Von der Innenseite des Mauerwerks legten die Handwerker Bohrlöcher in den Baugrund. Durch diese Bohrlöcher brachten sie die Injektionslanzen ein und injizierten das Zweikomponenten-Expansionsharz unter kontrolliertem Druck in den Baugrund. Weitere Risse im Mauerwerk haben hierdurch keine Chance mehr.
Expansionsharze sichern denkmalgeschütztes Gebäude
Bei der Volumenvergrößerung der Harze (Polymerisation) entstehen Expansionskräfte. Dadurch wachsen die Horizontalspannungen im Baugrund langsam an, bis das Maß der vertikalen Auflast erreicht ist. Am Garnisonsgebäude waren digitale Messempfänger angebracht. Darüber konnte die Hebungsreaktion der abgesackten Gebäudeteile millimetergenau verfolgt werden. Der Nachweis für den Zuwachs der Untergrundtragfähigkeit war somit erbracht. Das denkmalgeschützte Gebäude wird vor weiteren Setzrissen bewahrt, wofür die Uretek-Spezialisten nur drei Arbeitstage benötigten. So schaffte man eine sichere Ausgangsbasis für die umfassende Sanierung des Denkmals.
Autor
Dipl.-Ing. Andreas Wollenberg ist Produktmanager bei der Firma Uretek in Mühlheim an der Ruhr.
Um weitere Setzungsrisse zu verhindern war eine langzeitstabile Baugrundverstärkung gefragt