Risse analysieren und sanieren -
Wie man Risse in Beton und Estrich richtig saniert

Spannungen aufgrund von Temperaturunterschieden, zu frühe Beanspruchung oder nicht fachgerechte Verarbeitung – Gründe für Risse gibt es viele. Selbst bei fachgerechter Ausführung von Estrichen und Beton können sie auftreten. Damit am Boden und Beton keine Schäden entstehen, müssen Risse verschlossen werden.

Die Tragfähigkeit von Betonbauwerken oder die Nutzbarkeit von Estrichen kann durch Risse stark beeinträchtigt werden. Auch schon lange bestehende, geschädigte Betonbauteile oder Estriche lassen sich so sanieren, dass diese wieder vollständig genutzt werden können. Um eine fachgerechte Sanierungslösung zu erstellen, ist es unabdingbar, Risse gründlich zu analysieren. Außerdem muss klar sein, welche Beanspruchung oder Nutzbarkeit mit der Sanierung erreicht werden soll. Nur wenn die Ursachen der Risse sowie die weitere Nutzung und Beanspruchung des Betons oder Estrichs feststehen, kann eine zielgerichtete und dauerhaft funktionierende Sanierung in die Wege geleitet werden.

Wie entstehen Risse?

Risse entstehen häufig durch zu starkes Schwinden in der Trocknungsphase, während der Beton oder Estrich abbindet. Geringe Luftfeuchtigkeit, Wind, Sonneneinstrahlung oder ungünstige Temperaturen können dieses zu schnelle Austrocknen begünstigen. In jungem und erhärtetem Beton oder Estrich können Risse durch zu frühe und zu starke äußere Belastungen, mangelnde Dehnfugen oder unzureichende Bewehrung entstehen. Auch bei schon lange bestehenden Betonbauteilen und Estrichflächen kann es durch Überbeanspruchung, statische Mängel, starke Temperaturschwankungen, Frost oder Korrosion der Bewehrung zur Entstehung von Rissen kommen.

Wie machen sich Risse bemerkbar?

Die verschiedenen Rissformen lassen sich nach Erscheinungsformen und Merkmalen grob wie folgt einteilen:

Oberflächige Netzrisse treten vor allem an der Oberfläche von großflächigen Bauteilen wie Betondecken oder Estrichen auf. Sie können der Bewehrung folgen, aber auch wild verlaufen. Die Risstiefe ist meist gering.

Schwindrisse hingegen gehen meist durch die ganze Bauteildicke und verlaufen wild. Die Ursache hierfür ist das verminderte Volumen, wenn der Beton oder Estrich schwindet.

Auf Baustellen findet man meistens oberflächige Netzrisse oder durchgehende Schwindrisse vor. Diese Schädigungen können die ausführenden Handwerker ohne Probleme selbst sanieren.

Welche Sanierung eignet sich für welche Risse?

Risse längs der Bewehrung, Biege-, Schub-, Trenn- und Verbundrisse in Betonbauwerken haben sehr oft Einfluss auf die Tragfähigkeit, Gebrauchstauglichkeit und Dauerhaftigkeit eines Bauwerks. Nach der Richtlinie „Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen“ des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton (DAfStb) müssen derartige Risse von einem qualifizierten, sachkundigen Planer oder Statiker beurteilt werden. Dieser muss die Ursache der Risse ermitteln und Angaben über die Notwendigkeit und Art der Sanierung machen. Hier müssen auch die ZTV-ING, Teil 3 Massivbau, Abschnitt 5 „Füllen von Rissen und Hohlräumen in Betonbauteilen“ beachtet werden.

Für Risse, die die Tragfähigkeit beeinträchtigen, können keine allgemeinen Sanierungsempfehlungen gegeben werden. Daher konzentrieren sich die nachfolgenden Sanierungsbeispiele und Möglichkeiten auf oberflächige Netz- und durchgehende Schwindrisse. Die verschiedenen aufgezeigten Methoden decken einen Großteil aller in der Regel anfallenden Risssanierungen am Bau ab. In jedem Fall sollten Risse gefüllt werden, wenn eines oder mehrere der folgenden Ziele erreicht werden müssen:

Hemmen oder Verhindern des Zutritts von korrosionsfördernden Stoffen in Betonbauteile durch Risse (Schließen).

Beseitigen von rissbedingten Undichtheiten des Betonbauteils (Abdichten).

Herstellen einer zug- und druckfesten Verbindung beider Rissflanken (kraftschlüssige Verbindung).

Herstellen einer begrenzt dehnfähigen Verbindung beider Rissflanken (begrenzt dehnfähige Verbindung).

Anwendungsbeispiele

Ein sehr häufiger Anwendungsfall der Rissbehandlung auf Baustellen ist das Tränken oder Vergießen von Netz- oder Schwundrissen bei horizontalen Flächen, wie zum Beispiel bei Betondecken oder Estrichflächen. Hier kann durch Einschneiden und Vernadeln der Risse eine kraftschlüssige Verbindung der gerissenen Bauteile erreicht werden. Die Rissinjektion über Bohr- oder Klebepacker wird mit Injektionsgeräten vorgenommen. Hier ist nicht nur die Möglichkeit einer kraftschlüssigen Verpressung gegeben, auch abdichtende oder begrenzt dehnfähige Verpressarbeiten können so vorgenommen werden. Klebepacker werden meist eingesetzt, wenn es aufgrund starker oder engliegender Bewehrung nicht möglich ist, Bohrlöcher zu setzen oder wenn die Betonoberflächen nicht beschädigt werden dürfen.

Rissinjektion mit Schraubpacker

Um Risse, die breiter als 0,2 mm sind, mit Hilfe eines Schraubpackers zu verfüllen, werden sie an der Oberfläche abgestockt beziehungsweise angeschliffen. Im jeweils nötigen Abstand in einem Winkel von etwa 45 Grad zur Bauteiloberfläche bohrt der Handwerker alternierend zum Rissverlauf Löcher und setzt den Schraubpacker. Die Rissoberfläche wird mit einem zweikomponentigen Spezialkleber mindestens 5 cm links und rechts der Rissufer verdämmt. Nach dem Aushärten des Klebers wird der Riss über die Bohrpacker mit einem zweikomponentigen Injektionsharz so lange verfüllt, bis das Harz am nachfolgenden Packer austritt oder kein Druckabfall mehr bemerkbar ist – bei senkrechten Bauteilen geschieht dies von unten nach oben. Innerhalb der Topfzeit muss der Riss immer wieder nachverfüllt werden. Nach dem Aushärten des Harzes entfernt der Handwerker die Packer und stößt oder schleift die Verdämmung ab. Mit einem (Blitz-)Zementmörtel können dann die Packerlöcher geschlossen werden. Die Wandflächen werden gegebenenfalls mit einem zementären Betonspachtel beigespachtelt.

Rissinjektion mit Klebepacker

Ähnlich wie bei der Verwendung eines Schraubpackers werden auch beim Einsatz von Klebepackern vorhandene Risse mit einer Rissbreite über 0,2 mm an der Oberfläche abgestockt oder angeschliffen. Dann setzt der Profi im jeweils nötigen Abstand die Klebepacker mit dem zweikomponentigen Spezial-Fliesenkleber. Die Rissoberfläche wird mit dem Kleber mindestens 5 cm links und rechts der Rissufer verdämmt. Nachdem die Verdämmung ausgehärtet ist, werden die Risse im Injektionsverfahren mit einem zweikomponentigen Injektionsharz so lange verfüllt, bis das Harz am nachfolgenden Packer austritt oder kein Druckabfall mehr bemerkbar ist – auch hier geschieht dies bei senkrechten Bauteilen von unten nach oben.

Kraftschlüssiges Vernadeln
von Beton- oder Estrichflächen

An waagerechten Beton- oder Estrichflächen werden vorhandene Risse mit einer Breite von mehr als
0,2 mm mit einem Trennschleifer auf mindestens
6 mm aufgeweitet. Rechtwinklig zu den aufgeweiteten Rissen müssen mindestens 8 mm breite Nuten geschnitten werden. Die Länge der Nut sollte etwa 10 bis 15 cm betragen und in einem Abstand von etwa 25 bis 30 cm erfolgen. Die Einschnitte betragen im Idealfall etwa ein Drittel oder die Hälfte der Estrichdicke. Die aufgeweiteten Risse müssen vor der Tränkung gründlich gesäubert werdem. Dies kann zum Beispiel mit einem Industriesauger geschehen. Zum Vorfüllen verwendet der Handwerker ein zweikomponentiges Injektionsharz. Dann werden Rundeisen mit einem Durchmesser von 6 mm oder Estrichklammern eingelegt. Den Riss sowie die Querrillen verfüllt der Profi mit einem Injektions-, Gieß- oder Silikat-Gießharz bis zur Sättigung. Dabei empfehlen Bauchemiehersteller, das Verfüllmaterial mit Quarzsand abzumischen. Für nachfolgende Anstriche, Versiegelungen oder Belassen der Fläche kann das überstehende Harz nach dem Erhärten plangeschliffen werden. Für eine bessere Anhaftung nachfolgender Beschichtungen, wie zementäre Ausgleichsmassen, Fliesen- oder Parkettkleber, sollte der getränkte oder verfüllte Riss mit Quarzsand der Körnung 0,3 bis 0,8 mm vollsatt abgestreuet werden.

Autor

Reinhard Huebner ist Anwendungstechniker bei der PCI Augs-
burg GmbH in Augsburg.

Für Risse, die die Tragfähigkeit beeinträchtigen, gibt es keine allgemeinen Sanierungsempfehlungen

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