Vom Viehmarkt zum Restaurant

Was aus den Viehmarkthallen des Hamburger Fleischgroßmarktes werden sollte, war lange ungewiss, bis der Architekt Giorgio Gullotta den Eigentümer von einer neuen Nutzung unter anderem als Restaurant überzeugte und den Fernsehkoch Tim Mälzer als ersten Mieter vorschlug. Dieser Entscheidung folgte ein Komplettumbau.

Vor über 100 Jahren entstanden zwischen der so genannten Schanze, dem heutigen Messegelände und der Innenstadt die zum Hamburger Schlachthof gehörenden Viehmarkthallen. Der Kopfbau der vorderen der beiden aus Ziegelmauerwerk mit Sheddächern eingeschossig errichteten Hallen steht heute unter Denkmalschutz. Um die Hallen und den Kopfbau erhalten zu können, musste eine neue Nutzung her. Doch fand sich für lange Zeit kein Interessent. Schon drohte auch hier der Abriss als sich unter anderem der prominente TV-Koch Tim Mälzer für das verwahrloste Gebäude interessierte. Seine Idee: Auf dem rund 1000 m2 großen Gelände in einem Teil der Halle ein Restaurant unterzubringen. Also musste ein Nutzungskonzept her, das auf moderne Unternehmen zugeschnitten war. Die Planung hierfür übernahm das Büro des Hamburger Architekten Giorgio Gullotta.

Rückbau und Ertüchtigung

Ursprünglich standen auf dem Gelände drei Hallen, die noch bis in die 1950er Jahre dem Viehhandel dienten. Die historische Kälber- und die Versandschweinehalle sollten nun für unterschiedliche Nutzungen umgebaut werden – darunter das Restaurant mit Studio für Tim Mälzer. Hierzu mussten die Hallen zunächst von Um- und Anbauten befreit werden, um sie als Ganzes wieder erlebbar zu machen. Die Handwerker gingen auch innen mit schwerem Pressluftgerät zu Werke und brachen zahlreiche gemauerte Wände ab, bis der großzügige Charakter der Hallen wieder zutage trat.

Die alten Fachwerkbinder konnten im Zuge der Rückbauarbeiten größtenteils erhalten und saniert werden. Nur die mittleren Hallenfelder wurden abgebrochen, wodurch ein Innenhof entstand, der für viel Luft und Licht in den um ihn verbliebenen Gebäudeteilen sorgt – der Grund, weshalb das Areal heute Schanzen-Höfe heißt. Das hierbei anfallende Abbruchmaterial warfen die Handwerker jedoch nicht auf den Schrott, sondern verwendeten es für Reparaturarbeiten an der Stahlkonstruktion. Diese musste umfangreich entrostet und natürlich neu gestrichen werden. Viele Verbindungspunkte erhielten im Zuge dieser Arbeiten zudem neue Nieten und Schrauben oder mussten neu verschweißt werden.

Anschließend gossen die Rohbauer komplett neue Bodenplatten auf PE-Folie und Noppenbahn in den Sand und dort, wo nötig, auch in die Schalungen für neue Betonwände. Die Bodenplatte erhielt nach zweifacher bituminöser Abdichtung eine 10 cm dicke Polystyrol-Hartschaumdämmung der WLG 035, eine Trittschalldämmung und Heizestrich sowie abschließend eine Beschichtung mit Industrieestrich.

 

Vorgefertigte Holzrahmenelemente fürs Sheddach

Das zurückgebaute Sheddach bestand ursprünglich aus einer ungedämmten Pfettenkonstruktion, die auf den stählernen Fachwerkbindern lag. Die neue Dachkonstruktion fertigten die Mitarbeiter der Zimmerei Sieveke in Lohne aus Holzrahmenelementen vor. Zwischen deren 22 mm dicken OSB-Platten befindet sich eine 16 cm dicke Wärmedämmung aus Mineralwolle der WLG 035. Die per LKW auf die Baustelle nach Hamburg transportierten Elemente befestigten die Zimmerleute mit dem Kran auf weiß gestrichenen Ausgleichshölzern (12 x 18 cm), die sie vorab auf die Strahlkonstruktion montiert hatten. Die Balken (KVH 6 x 16 cm) verlaufen zwischen den OSB-Platten quer zum Stahlfachwerk. Eine Dampfbremse auf der unteren Plattenlage verhindert, dass Wasserdampf in die Konstruktion eindringen kann.

Auch an den steilen Seiten des Sheddaches, in dem sich die neuen Dachflächenfenster befinden, setzten die Zimmerleute vorgefertigte Holzrahmenelemente ein. Diese führten sie jedoch nicht bis auf das Bestandsmauerwerk herunter – aus gutem Grund ließen sie die letzen 20 cm frei, damit sie auf der Baustelle die Ungenauigkeiten der alten Ziegelwände ausgleichen konnten. Auch die neue Attika wurde in der Zimmerei vorgefertigt. 


Anspruchsvoller Innenausbau in Trockenbauweise

Die OSB-Platten der vorgefertigten Deckenelemente bilden einen spannungsvollen Kontrast zur Stahlfachwerkkonstruktion des Dachstuhls und den im rohen Zustand belassenen historischen Elementen. So stehen unverputzte Ziegelwände, Stahlsprengwerk und die OSB-Platten wie selbstverständlich nebeneinander.

Um auch in Zukunft flexibel zu bleiben, wurde innen in Trockenbauweise ausgebaut. Da zum einen der historische Bestand allerlei Unregelmäßigkeiten aufwies und zum anderen hohe gestalterische und funktionale Ansprüche Vorgabe waren, bedurfte es beim Innenausbau einer absolut präzisen Ausführung. Diese Aufgabe übernahm das Unternehmen Germerott aus Gehrden und baute die erforderlichen Wand- und Deckenkonstruktionen in den Nebenräumen, dem angrenzenden Filmstudio und nicht zuletzt im Herzen des Betriebs – der Küche, mit Leichtbaukonstruktionen auf. In der Küche verwendeten die Trockenbauer hydrophobierte Gipskartonplatten, während sie im Studio wegen der höheren akustischen Anforderungen, die Wand- und Deckenkonstruktionen mit einer besonders hohen Schalldämmung ausstatteten. Aufgrund des engen Zeitplans verwendeten die Trockenbauer an vielen Stellen in Falttechnik vorgefertigte Gipskartonbauteile, die sie vor Ort nur noch montieren mussten.

Diese Mischung aus Alt und Neu kam so gut an, dass das Restaurant bereits kurz nach Eröffnung im Juli vergangenen Jahres die goldene Palme 2009 des Leaders Clubs für neue, innovative Gastronomiekonzepte erhielt.

Das neue Dach montierten die Zimmerleute aus vorgefertigten Holzrahmenelementen

Pläne und Baubeteiligte

Hier finden Sie die Pläne (Grundriss und Detailschitte) zu den Schanzen-Höfen in Hamburg sowie die Liste der Baubeteiligten (Schanzen-Höfe und Bullerei Hamburg)

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