Wenn das Haus zum Grundstück kommt
Zu Besuch bei der JaKo Baudenkmalpflege in Rot an der Rot

Komplettsanierungen zum Festpreis anbieten? Translozierungen von Häusern für Privatleute erschwinglich machen? JaKo Baudenkmalpflege hat sich auf die Erhaltung historischer Bausubstanz spezialisiert und punktet nicht nur mit Fachkompetenz, sondern auch durch exzellente Dienstleistungsqualität.

In der Denkmalbranche JaKo Baudenkmalpflege vorzustellen bedeutet, Eulen nach Athen zu tragen. Nur wenigen Handwerksbetrieben gelingt es in ähnlicher Weise zu einer Marke zu werden, wie dem traditionsreichen oberschwäbischen Familienunternehmen. Wer sich für die Erhaltung und Restaurierung historischer Häuser interessiert, kennt die Firma, die ihren Sitz in Rot an der Rot hat. Und wenn man sich die Entwicklung des Unternehmens anschaut, könnte man auf die Idee kommen, die Erfolgsgeschichte sei ein nahezu zwangsläufiges Resultat von typisch schwäbischen Tugenden wie Sparsamkeit, Beharrlichkeit, Fleiß und Bodenständigkeit einerseits und einer Reihe von glücklichen Fügungen andererseits. Bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch darüber hinaus ein in allen Generationen vorhandener ausgeprägter Mut, neue Wege zu gehen.

Gegen den Zeitgeist

1890 legte Vinzenz Jäger mit der Eröffnung eines Zimmereibetriebs den Grundstein zu dem bis heute andauernden Erfolg. Zwar waren solche Handwerksunternehmen im schon damals sehr ländlich geprägten Oberschwaben nur in Verbindung mit einer Landwirtschaft möglich, doch wird schon im Entschluss, dieses Handwerk zu erlernen und auszuüben, ein Aufbegehren gegen die Duldsamkeit seiner Landsleute deutlich. Den in dem nach der Säkularisierung noch mehr verarmten Landstrich, in dem es unter den neuen weltlichen Herrschern besonders an Schulbildung mangelte, erschöpften sich die Ziele der meisten Menschen in der Befriedigung der elementaren Grundbedürfnisse. Auch sein Sohn Ludwig, Großvater der heutigen Inhaber, führte die Zimmerei in diesem Sinne fort und übergab das Unternehmen schließlich an Erwin Jäger. Der interessierte sich schon in den 1970er Jahren – gegen den damaligen Zeitgeist, nachdem altes verpönt und Betonbauweise chic war – für Restaurierung und die Erhaltung historischer Gebäude. „Unser Vater war sehr offen für Neues und hat Sachen gewagt, die andere nicht machen wollten“, erzählt Bernd Jäger, der älteste der drei Brüder, die das Unternehmen heute gemeinsam leiten. Bei der Akquise von Aufträgen kam ihm darüber hinaus seine Offenheit und sein kommunikatives Talent zugute. Erwin Jäger „konnte“ mit den Leuten.

Translozierung gewagt

Diese Eigenschaften begünstigten, dass er sich mit dem Oberschwäbischen Museumsdorf Kürnbach – ein Freilichtmuseum nahe Bad Schussenried – einen stetigen und lukrativen Auftraggeber sichern konnte. Das Museum, ein Prestigeobjekt des damaligen Landrates, sollte mit Fördermitteln ausgebaut werden. Für die Translozierung eines kompletten Hauses wurde ein Handwerker gesucht, der das umsetzen konnte. Erwin Jäger traute sich die Aufgabe zu und erhielt den Auftrag. In den folgenden Jahren verfeinerte er das Verfahren immer mehr, und die Einzelteile wurden immer größer. Später entwickelten seine Söhne ein „Baukastensystem“, zu dem auch eine wiederverwendbare Transportverpackung gehört.

Abgerechnet wurden solche Aufträge anfangs im Stundenlohn. Kein Problem in Zeiten, in denen der Landrat nach Gutsherrenart Kostensteigerungen von 100 Prozent abnicken und durch den Kreistag boxen konnte. Doch spätestens in den 1990er Jahren taugte diese Abrechnungsmethode nicht mehr für öffentliche Auftraggeber – ganz zu schweigen von Privatleuten, denen solche Unsicherheiten bei der Finanzierung nicht zuzumuten sind.

Neues Führungskonzept

Einer besseren Kostenkontrolle durch Expansion und stärkere Spezialisierung auf Restaurierungen und Translozierungen setzte die damalige Firmenstruktur mit etwa 10 Mitarbeitern enge Grenzen. „Von den Angestellten wurde erwartet, dass sie produktiv arbeiten. Nachdenken und organisieren war dem Chef vorbehalten“, erinnert sich Bernd Jäger, der diese Problematik noch so vorfand, als er 1999 zusammen mit seinem Bruder Martin die Firma übernahm. Der jüngste Bruder Karlheinz stieg 2003 in die Geschäftsleitung ein. „So wie mein Vater war ich morgens der erste und abends der letzte im Betrieb. Das geht sehr an die Substanz und führt dazu, dass die Energie für strategische Überlegungen fehlt“. Sein Bruder Martin stellte dieses traditionelle Führungskonzept infrage, und gemeinsam entwickelten sie das noch heute gültige Organigramm des Unternehmens, in dem sich die geschäftsführenden Brüder als drei Wurzeln einer Buche sehen, während die Mitarbeiter den Stamm, die Äste und Blätter bilden. „Wir sind die Basis, die dafür sorgt, dass der gesamte Baum und jedes seiner Teile wachsen und gedeihen kann“, beschreibt Bernd Jäger der Firmenphilosophie, die auf einem respektvollen Umgang miteinander beruht.

Alles aus einer Hand anbieten

Die Unternehmensführung haben die drei Brüder inhaltlich aufgeteilt: Bernd ist für den Vertrieb verantwortlich, Martin leitet als gelernter Zimmerer und studierter Bauingenieur den Personalbereich und die Unternehmensstruktur und Betriebswirt Karlheinz ist für die Finanzen zuständig. Gleich zu Beginn ihrer Firmenübernahme zeigten die Brüder den gleichen unternehmerischen Mut, wie die vorangegangenen Generationen. „Unser Vater hat uns infiziert, seine Visionen umzusetzen“, beschreibt Bernd Jäger die damalige Aufgabe, in deren Mittelpunkt die Kostenkontrolle bei Restaurierungen stand. Die Lösung für sein langjähriges Problem fanden sie in einer konsequenten Expansion – und zwar nicht nur im Hinblick auf die Anzahl der Mitarbeiter, sondern vor allem was die Kompetenz des Unternehmens betrifft. Indem für möglichst alle Abläufe eines Bauprojektes von der Voruntersuchung, über die Entwurfs- und Ausführungsplanung bis hin zur Bauleitung und gewerkeübergreifender handwerklicher Ausführung qualifizierte Mitarbeiter gewonnen wurden, holten sie nicht nur einen großen Teil der Wertschöpfungskette ins eigene Unternehmen, sondern gewannen auch die Kontrolle über die Abläufe. So versetzten sie sich in die Lage, das Angebot des Unternehmens um Gesamtrestaurierungen zu erweitern und sich gleichzeitig aus dem klassischen Zimmereigeschäft weitgehend zurückzuziehen. Auf Grundlage der akribisch aufgezeichneten Erfahrungswerte des Vaters entwickelten die Brüder schließlich ein Kalkulationssystem, das es ihnen erlaubte, diese Leistung sogar zum Festpreis anzubieten.

Um im Bereich der Translozierungen sicherer kalkulieren zu können, bauten die Brüder kurz nach der Betriebsübernahme eine große Halle mit Portalkran, in der historische Gebäude eingelagert und wettergeschützt aufgebaut, saniert und verpackt werden können. „So können wir auch im Winter und bei schlechtem Wetter an den Objekten arbeiten und verlieren nicht jeden Tag Zeit damit, das Gebäude ab- und aufzudecken und die Baustelle einzurichten. Selbst längere Regenperioden können uns nichts anhaben“, freut sich Bernd Jäger, dem diese Investition anfangs allerdings einiges Kopfzerbrechen bereitet hatte: „Anfang 2001 war die Halle fertig, wir hatten dafür aber keinen Auftrag“.

Vom Handwerk zum Dienstleister

Mittlerweile ist das JaKo-System der Translozierung so ausgereift, dass die Halle stets ausgelastet ist. Neben Fachwerkhäusern stellt auch das Versetzen von massiven Bauwerken kein Problem dar und immer mehr private Auftraggeber interessieren sich für solche Objekte. Eigens für diesen Geschäftsbereich wurde die Marke „unika“ ins Leben gerufen, unter der JaKo Translozierungen vermarktet. Dabei werden die Kunden nicht nur durch die Planung und Ausführung unterstützt, sondern auch Häuser, Grundstücke und Auftraggeber zusammengebracht. So gibt es Kunden, die bereits ein bestimmtes Gebäude und ein passendes Grundstück in Aussicht haben, manche haben aber auch nur das eine oder das andere – oder keins von beidem. JaKo macht dabei sehr viel möglich, aber nicht alles. „Ich muss darauf hören, was das Gebäude mir sagt“, skizziert Bernd Jäger den äußeren Rahmen. So müssten gegebenenfalls Auflagen des Denkmalschutzes beachtet und auf den Charakter und die Ausrichtung des Hauses Rücksicht genommen werden. Sind das Traumhaus und das passende Grundstück identifiziert, bietet JaKo den Kunden eine so intensive Betreuung an, dass sie den Projektablauf ähnlich entspannt erleben, wie einen schlüsselfertigen Neubau.

Unter anderem für diesen allumfassenden Service, der auch Energie- und Finanzierungsberatung und die Beantragung von Zuschüssen beinhaltet, erhielt das Unternehmen 2012 die Auszeichnung „Dienstleister des Jahres des Landes Baden-Württemberg“.

Qualifizierte Mitarbeiter

Knapp die Hälfte der gut 60 Mitarbeiter von JaKo sind Zimmerer, darunter 8 Restauratoren im Handwerk. Außerdem beschäftigt das Unternehmen Dachdecker, Tischler und Maurer sowie Bauingenieure und Architekten. Innovative Ansätze verfolgt man angesichts von Vollbeschäftigung und Fachkräftemangel im Schwabenland auch bei der Mitarbeitergewinnung. „15 bis 20 Mitarbeiter kommen aus Ostdeutschland und arbeiten dann in einer Vier-Tagewoche auf den Baustellen oder hier am Standort“, berichtet Bernd Jäger, der selbst studierter Bauingenieur, Restaurator im Handwerk und aktuell Präsident des Vereins „Restaurator im Handwerk e.V.“ ist. Außerdem bildet das Unternehmen nicht nur eigene Fachhandwerker, sondern auch kaufmännische Mitarbeiter aus.

Darüber hinaus engagiert sich Bernd Jäger als Dozent am Kompetenzzentrum Holzbau & Ausbau Biberach, wo er maßgeblich an der Einführung der Weiterbildung zur „Fachkraft Lehmbau“ beteiligt war.

Kompetent kommunizieren

Viel Energie und Kreativität investiert man bei JaKo in die Verbesserung der Kommunikation. Das betrifft zum einen den innerbetrieblichen Austausch, der schon allein durch die Wohnsituation vieler Mitarbeiter klar strukturiert sein muss, als auch die Wirkung nach außen. Wie man es sonst nur von großen Firmen kennt, hat sich das schwäbische Unternehmen, das in diesem Jahr sein 125-jähriges Firmenjubiläum feiert, einen Kodex gegeben, der auf gegenseitigem Respekt beruht und sich zu einem offenen und fairen Umgang verpflichtet. Lohn dafür ist eine geringe Mitarbeiterfluktuation und eine funktionierende Mundpropaganda, die unabhängig macht von der Teilnahme an unbeschränkten Ausschreibungen. Trotzdem hat das Unternehmen, das durch Bernd Jäger auch Mitglied im Deutschen Nationalkomitee für Denkmalschutz und im Beirat der Denkmalmesse Leipzig ist, seit 2008 mit der Gründung einer eigenen Vertriebsabteilung seine Außendarstellung professionalisiert.

„Wir sind kein reines Handwerksunternehmen mehr, sondern verstehen uns als Dienstleister, der die Kunden bei der Umsetzung von Restaurierungs- und Translozierungsvorhaben allumfassend unterstützt“, beschreibt Bernd Jäger den Ansatz, dessen sichtbares Zeichen die schon 2001 erfolgte Umfirmierung der Zimmerei Jäger zu JaKo Baudenkmalpflege (JaKo steht für JägerKompetenz) ist. Für die Mitarbeiter bedeutet dies, dass die Erwartungen an ihre Leistungen und Fähigkeiten gestiegen sind, ihnen im Gegenzug aber auch größere Kompetenzen und mehr Verantwortung zugebilligt werden.

Autor

Thomas Schwarzmann ist Redakteur der Zeitschriften
bauhandwerk und dach+holzbau.

„Ich muss darauf hören, was das Gebäude mir sagt“

„Ich lese bauhandwerk, weil wir so als Gesamtdienstleister den Bezug zum Handwerk halten können und gleichzeitig praxisbezogene Informationen für unsere Arbeit bekommen.“

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