Wir trauern um Hans Jürgen Ronicke
Als wir uns zum ersten Mal trafen, war schon abzusehen, dass es auch unsere letzte persönliche Begegnung werden würde. Im August 2016 trafen wir uns mit Hans Jürgen Ronicke in seiner Wahlheimat Wittenberg. Offizieller Anlass unseres Besuchs war eine Fotoreportage über die Schlosskirche – an deren Tür Martin Luther einst seine 95 Thesen genagelt haben soll – und andere frisch renovierte und restaurierte Gebäude der Lutherstadt, die sich damit auf das bevorstehende 500. Jubiläum der Reformation in diesem Jahr vorbereitet hatte. Doch diese Reportage rechtfertigt normalerweise keine zweitägige Dienstreise zweier Redakteure, zumal unser freier Autor als gelernter Malermeister, Innenarchitekt WKS, Restaurator im Handwerk und intimer Kenner der Kultur- und Baugeschichte Wittenbergs diesen Beitrag ebenso gut hätte zuliefern können. Doch angesichts seiner schweren Erkrankung wollten wir unser Treffen nicht bis zum eigentlich geplanten gemeinsamen Bier am Rande der Messe denkmal, die im November 2016 in Leipzig stattfand, aufschieben.
Heute sind wir froh, dass wir diese Gelegenheit genutzt haben, denn zur denkmal hätte es unser langjähriger Fachautor für Beiträge rund um das Thema Farbe und Lack, der Ende 2016 gestorben ist, nicht geschafft. Im August jedoch begrüßte uns „Meister Ronicke“, wie wir ihn intern in der Redaktion stets nannten, bestens gelaunt und mit – angesichts der Schwere seiner Erkrankung – beeindruckendem Lebensmut und ansteckender Lebensfreude. Wir erlebten einen Handwerksmeister, der sich bis zuletzt für die überlieferten Tugenden des Handwerks im Allgemeinen und die traditionellen Ausführungstechniken des Malerberufs im Besonderen stark gemacht hat. Schon bevor viele Hersteller den Ökoaspekt bei der Produktentwicklung entdeckt haben, waren ihm umweltfreundliche Farben und Putze sowie nachhaltige Ausführungsmethoden genauso eine Herzensangelegenheit, wie die fach- und sachgerechte Denkmalpflege. Mit großem persönlichen Einsatz hat sich Hans Jürgen Ronicke aber nicht nur für solche Fachthemen, sondern darüber hinaus für die Nachwuchsförderung des Gewerks engagiert. Als Autor hat er uns darüber hinaus mit seinem Fachwissen über alte Rezepturen und Ausführungstechniken beeindruckt, die seiner Meinung nach wegen der modernen, leichter zu verarbeitenden Produkte in Vergessenheit zu geraten drohten.
Ganz besonders vermissen werden wir aber vor allem den Menschen Hans Jürgen Ronicke. Wenn alle paar Wochen seine Telefonummer im Display erschien, wusste man: „Das wird jetzt dauern“. Denn nachdem der organisatorische Teil des Gesprächs über Themenauswahl und Liefertermine meistens schnell abgehandelt war, entspann sich anschließend in der Regel eine Plauderei, die – startend mit einem fachlichen Aspekt – oft in einer lebhaften Diskussion über Gott und die Welt mündete. Wir haben „Meister Ronicke“ dabei als einen außergewöhnlich liebenswerten Menschen schätzen gelernt, der im Kopf nicht einmal mal halb so alt war, wie er an Lebensjahren zählte und der uns mit seiner positiven Sicht auf die Welt und die Menschen beeindruckt hat.
Wir werden Hans Jürgen Ronicke ein ehrendes Andenken bewahren!
Die Redaktion der bauhandwerk, Thomas Schwarzmann und Thomas Wieckhorst