Sanierung von Schloss Wittenberg mit handwerklichem Charakter

Als wir im Herbst 2016 unseren mittlerweile verstorbenen freien Autor Hans Jürgen Ronicke in seiner Wahlheimatstadt Wittenberg besuchten, um über „seine“ Schlosskirche zu schreiben war das unmittelbar dahinter gelegen Schloss und der Neubau des Christine-Bourbeck-Hauses noch eine Baustelle. Ende Oktober vergangenen Jahres waren die Bauarbeiten am über 800 Jahre alten Schloss, das Luther als „Unterschlupf“ und zur Verteidigung seiner Thesen diente, abgeschlossen. Heute befinden sich im Gebäudes Arbeitsräume für das Predigerseminar, das Besucherzentrum und die reformationsgeschichtliche Forschungsbibliothek mit Magazin.

Als das Schloss Mitte des 19. Jahrhunderts zur Kaserne ausgenutzt wurde, entstand über dem zweiten Obergeschoss ein mit Erdreich überdecktes Tonnengewölbe, das sogar Brandbomben standhalten sollte. Darauf setzten die mit der Sanierungs- und Umbauplanung betrauten Architekten vom Berliner Büro Bruno Fioretti Marquez ein weiteres Geschoss in Leichtbetonbauweise. Da sich dort nun die Arbeitsräume für das Predigerseminar be­fin­den, bedurfte es einer barriere­freien Erschließung. Infolgedessen mussten die Handwerker an beiden Enden des Gebäudes für die Treppenhäuser und den Aufzug massiv in die alte Bausubstanz eingreifen. Die Schnittkanten ließen sie sichtbar. Dies offenbart nach Wunsch der Architekten die unterschiedlichen Bauepochen.

Der überwiegende Teil der Sanierung betraf den Einbau der neuen Arbeitsräume für das Predigerseminar auf dem Dach des Gebäudes. Vom Schlosshof aus sieht man die Aufstockung jedoch kaum, da sie zum überwiegenden Teil hinter den alten Außenmauern optisch verschwindet. Wie in einem Kloster „hängen die Zellen“ dort aneinandergereiht entlang an einem Verbindungsgang. Große neue Fenster öffnen nun den Blick auf Dachgärten, die an das mit Erde bedeckte alte Dachgeschoss erinnern. Durch die Fenster darunter, die dank der alten Mauern dicke Laibungen bilden, sind die Stadt und der Schlosshof zu sehen. Sumpfkalk- und Kalkfeinputz sowie Marmorino und Terrazzo im Erdgeschoss prägen gemeinsam mit den geölten Eichenholzdielen die Stimmung der Räume im sanierten Schloss. Den Architekten war dabei der „handwerkliche Charakter“ der Oberflächen wichtig, der durch die Spuren, die die Handwerker durch ihre „Handschrift“ bei der Bearbeitung darauf hinterließen, zum Ausdruck kommt.

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