Editorial über Siedlungshäuser und das einfache Bauen

Liebe Leserin, lieber Leser,

in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg war einfach alles knapp – auch Baumaterialien. Hiervon sind die in den 1950er Jahren entstandenen eineinhalbstöckigen Siedlungshäuser geprägt. Die einfache Bauweise dieser Nachkriegsarchitektur wurde mit einem möglichst sparsamen Materialeinsatz kombiniert, denn die Häuser sollten vor allem eines sein: günstig. Die daraus entstandenen schmalen Wandquerschnitte der Siedlungshäuser führten ohne nennenswerte Dämmung zu einem schlechten Schall- und Wärmeschutz. Das wundert wenig, denn an Schallschutz und Energiesparen dachte damals niemand. Energie kostete nicht viel, Baustoffe aber schon. So sind diese Typenbauten neben dem schmalen Querschnitt der Außenwände von kleinen Holzfenstern mit Einfachverglasung und schwach dimensionierten Dachstühlen mit chemischem Holzschutz geprägt. Geheizt wurde mit Einzelöfen, die Bäder und Küchen waren klein, wie die Grundrisse insgesamt eher bescheiden ausfielen. Errichtet wurden die immerhin meist freistehenden Siedlungshäuser mit Satteldach vor allem für Flüchtlinge aus den einst deutschen Ostgebieten und Menschen mit geringem Einkommen. Viel Eigenleistung war beim Bau damals oft mit im Spiel.

Siedlungshäuser sind auf der anderen Seite gute Beispiele für einfaches Bauen. Vielleicht macht sie gerade das für uns heute so sympathisch. Die schlichte Architektur aus den 1950er Jahren hat einen gewissen Charme. Daraus erwächst auch ihr Potential für eine (energetische) Sanierung, die in der Regel meist mehr ist als eine bloße Verbesserung der bauphysikalischen Kennwerte. Meist wird auch umfangreich umgebaut, die Grundrisse verändert, damit sie den heutigen Wohnbedürfnissen entsprechen, und mehr Tageslicht über größere Fenster ins Haus gebracht.

Wir haben uns in Gütersloh umgesehen und nicht weit vom Verlag ein gutes Beispiel für den Umbau und die Sanierung eines Siedlungshauses aus den 1950er Jahren gefunden. Wie ab Seite 14 in dieser Ausgabe der bauhandwerk beschrieben, verlegte das Büro Spooren Architekten den Hauseingang in einen neuen Gebäudeteil zwischen Garage und Haus, teilte die Grundrisse neu auf und verpasste dem Haus eine komplett neue regenerative Energieversorgung. Zur energetischen Sanierung trägt auch das sehr gut gedämmte Dach und das WDVS bei, das als solches gar nicht weiter auffällt, weil die neuen Fenster in der Dämmebene sitzen.

Viel Erfolg bei der Arbeit wünscht

Thomas Wieckhorst, Chefredakteur des Magazins bauhandwerk

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