Umbau eines historischen Gutshofs in Blansingen zum Feriendomizil
Bei der Sanierung historischer Ensembles stellt oftmals die Vielfalt der unterschiedlichen Gebäudearten eine besondere Herausforderung dar. Differenzierte bauliche Antworten, die am Ende dennoch ein schlüssiges Gesamtbild ergeben, sind gefordert. So auch beim Gutshof Blansingen.
Das historische Gutshof-Ensemble im badischen Blansingen wurde vom Architekturbüro siedlungswerkstatt aus Konstanz zu einem stimmungsvollen Appartement- und Gästehaus umgebaut. In der ehemaligen Scheune, der alten Remise und in einem der historischen Winzerhäuser stehen nun insgesamt 8 Ferienunterkünfte zur Verfügung. Der von den Gebäuden eingerahmte Innenhof ist differenziert gestaltet und bietet unterschiedlichste Aufenthaltsmöglichkeiten. Bis auf die Remise stehen die Häuser unter Denkmalschutz und wurden entsprechend einfühlsam saniert. Dennoch konnten die Räume an die Anforderungen zeitgemäßer Urlaubsunterkünfte angepasst werden.
Die Scheune
Gegenüber der Scheune und links neben dem Winzerhäuschen steht die im Erdgeschoss aufgeständerte ehemalige Remise
Foto: Falk von Traubenberg
Das Markanteste an der Scheune sind vermutlich die 50 bis 70 cm dicken Bruchsteinwände und das hohe Dach. Beides wurde im Prinzip so belassen, um den Charakter des Gebäudes zu bewahren und die thermischen Vorteile einer so dicken Außenwand zu nutzen. „Der Umbau erfolgte im Prinzip ausschließlich von innen“, erläutert Projektleiterin Alexandra Lorenz aus dem Architekturbüro siedlungswerkstatt. „Das Gebäude wurde entkernt und durch eine neue Betonstruktur ertüchtigt.“ Lediglich die Gauben des Dachgeschosses sind als neues Element hinzugefügt worden und auch von außen gut erkennbar. Die Biberschwanzdeckung ist hingegen die alte, die nur im Bereich der Gauben abgedeckt und teilweise ergänzt wurde. Aus den ehemaligen Scheunentoren wurden große Glasflächen mit fein gegliederten Fensterprofilen, über die die dahinterliegenden Räume sehr gut ausgeleuchtet werden.
Betrachtet man den Erdgeschossgrundriss des länglichen Scheunenriegels, gliedert sich dieser in drei ungleiche Teile. Der mittlere Teil ist dabei der größte, in dem heute eine Gemeinschaftsküche und davon abgetrennt ein von allen nutzbarer Wohnbereich liegt. An der Nordseite befindet sich ein weiterer Gemeinschaftsraum in einem Gebäudeteil, der hier bereits in der Vergangenheit ergänzt wurde, indem die Wände einfach verdoppelt wurden. Die Gesamtbreite dieser Zwischenwand beträgt daher 1,2 m! – gut zu erkennen, in der entsprechend tiefen Durchreiche.
Die Brettstapeldecke des Obergeschosses der Scheune liegt auf neuen Stahlträgern. Im Hintergrund erkennt man die kreisförmigen ehemaligen Lüftungsöffnungen in der Bruchsteinwand
Foto: siedlungswerkstatt
Auf der anderen Gebäudeseite liegt das einzige barrierefreie Appartement des Ensembles, das ebenerdig über den Hof erreicht werden kann. In den oberen Geschossen gibt es insgesamt fünf Maisonette-Appartements. „Die Anpassung der Scheune an die neue Tragstruktur war recht aufwendig“, weiß Tragwerkplaner Gerhard Kaufmann, dessen Ingenieurbüro die Statik berechnet hat. „Hier musste zunächst über die gesamte Fläche der Scheune eine neue, zum Teil tragende Stahlbeton-Bodenplatte eingebracht werden. Zudem wurden Stützen, Wände und die Decke zwischen Erd- und Obergeschoss aus Beton gefertigt.“ Diese neue Decke musste dann in die bestehende Struktur eingebunden werden.
An den kurzen Seiten erfolgte diese Einbindung über Taschen, die aus den Bruchsteinwänden gebrochen wurden. Hier wurde die Bewehrung eingelegt und zubetoniert. An den Längsseiten fungieren Gewindestangen wie historische Schlaudern, also als Anker, die von außen durch die Wand die Decke fixieren. „Obwohl die Decke hier als freier Rand bemessen wurde, haben wir die Gewindestangen als Festhaltepunkte vorgesehen, um mögliche Erdbebenlasten aufnehmen zu können“, ergänzt Bauingenieur Kaufmann.
Zwischenzeitlich war das Scheunengebäude komplett entkernt und der Blick frei bis unter den 12,80 m hohen First
Foto: siedlungswerkstatt
Spannend war hier nicht zuletzt die Ausführung, die Bauleiter Stephan Buchner von der Firma Dachmaxx eng begleitet hat. „Zwischenzeitlich war die Scheune komplett entkernt und bis unter den First, also bis zu einer Höhe von 12,80 m, offen. Es befanden sich zu diesem Zeitpunkt nur noch zwei Stahlträger als Querverspannung in der Scheune. Um kein Sicherheitsrisiko einzugehen, haben wir entschieden, nach dem Gießen der Bodenplatte die neue Stahlbetondecke über dem Erdgeschoss einzuziehen.“ Es wurden also nicht – wie üblich – auf die Bodenplatte die Wände gestellt und darauf die Decke gegossen, sondern umgekehrt. „Dafür hatten wir in die Decke kurze Leerrohre einbetoniert, über die wir dann von oben die Sichtbetonwände in der Lobby und Küche über die komplette Raumhöhe in einem Guss bis zum kraftschlüssigen Verbund mit der Decke betonieren konnten.“ Über zwei bis drei Stunden saßen hierfür die Betonbauer an den Leerrohren und haben mit viel Geduld immer wieder Beton nachgefüllt bis die Verbindung sicher war.
Bei der Decke zwischen Ober- und Dachgeschoss handelt es sich allerdings um eine Brettstapeldecke auf Stahlträgern. Die Unterseite ist dabei als Holzdecke sichtbar. Auf der Oberseite wurde Parkett auf einer 6 cm dicken Estrichschicht verlegt. Die kleinen runden Öffnungen auf der Ostseite des Gebäudes fungierten einst als Belüftungsöffnungen für die Scheune und durften nicht in ihrer Größe verändert werden. „Daher haben wir uns dafür entschieden, die Schlafräume im Obergeschoss und die Wohnräume im Dachgeschoss unterzubringen, die nun sehr schön über die Gaubenfenster belichtet werden“, so Architektin Lorenz. Der Eichendachstuhl wurde belassen. Die Raumteilung folgt hier der bestehenden Binderstruktur.
Die Remise
Im Erdgeschoss des Winzerhauses konnten historische Elemente erhalten werden
Foto: Falk von Traubenberg
Als einziges Gebäude des Ensembles steht die ehemalige Remise nicht unter Denkmalschutz. Dennoch wurde auch hier sehr einfühlsam vorgegangen, um dem Gesamtbild gerecht zu werden und doch gleichzeitig modernere Akzente zu setzen. Eine Besonderheit des Hauses besteht darin, dass es im Erdgeschoss, also auf Höhe des unteren Innenhofes, einen aufgeständerten Bereich gibt, der nun als überdachte Außenfläche den Gästen zur Verfügung steht. Hier wurden die alten Bodenplatten aus wild gebrochenen Steinplatten aufgenommen und nach Beendigung der Rohrleitungsarbeiten nach altem Muster wieder verlegt. Im Haus selbst gibt es zwei Schlafräume mit En-Suite Bad im Obergeschoss sowie zwei weitere Schlafmöglichkeiten im Wohnbereich darunter, so dass das Haus von zwei bis sechs Personen gemietet werden kann.
Die Lamellenfassade sitzt vor einer Glasfront mit raumhohen Fensterelementen über die gesamte Längsseite der Remise
Foto: Falk von Traubenberg
Vor der Sanierung war die Remise ein einfacher Lagerraum. In Anlehnung an einen Holzschuppen entschieden sich die Planenden für eine moderne Lamellenfassade aus Douglasien-Holz. Diese sitzt auch vor einer langen raumhohen Glasfront und verfügt über eine Klappläden-Funktion. Dies lässt eine individuelle Verschattung zu. Das Dach wurde in seiner Neigung belassen. Auch Sparren und Pfetten blieben erhalten, das alte Bundwerk allerdings wurde ausgeschnitten und die Kräfte über die neue Stahlkonstruktion umgeleitet. Neu ist auch die moderne Deckung aus Quarzzink. Um die Galerie einziehen und zudem ein weitestgehend stützenfreies Erdgeschoss anbieten zu können, wurde die bestehende Holzstruktur mit einer filigranen Stahlkonstruktion ergänzt.
„Die Ertüchtigung der Remise war ähnlich aufwändig wie die der Scheune“, erklärt Statiker Kaufmann. „Auch hier musste die Gründung – in diesem Fall eine kleinere Bodenplatte mit Streifenfundamenten – ergänzt werden, auf der dann drei kurze Sicht-Beton-Wandscheiben vom Erdgeschoss zum Obergeschoss hochgezogen wurden. An und auf diesen wurden später die bestehende Holzbalkendecke, die neue Stahlkonstruktion und die Brettstapeldecke befestigt.“ Einige Balken der Bestandsdecke und auch die Mittelpfette des Daches mussten in ihrer Position verschoben werden, um die bestehende Tragstruktur an die neuen Grundrissanforderungen anzupassen. Die Decke wurde als aussteifende Holzscheibe ausgebildet und an und mit den Betonwänden verdübelt.
Die Winzerhäuser
Genau genommen gehören zu dem Ensemble zwei Winzerhäuser, wobei aber nur eines zum Gästehaus umgebaut wurde. Es befindet sich direkt neben der Remise und wird nun, durch die Verlegung des Eingangs, ebenfalls über den gemeinsamen Innenhof erschlossen und komplett als Ferienhaus vermietet. Bei der Sanierung handelt es sich um eine klassische Fachwerksanierung im Denkmalschutz. Allerdings waren die Außenwände im Laufe der Jahre sehr feucht geworden und hatten starken Schaden genommen.
Im Winzerhäuschen waren die Außenwände sehr feucht geworden. Dennoch konnte das hölzerne Fachwerk erhalten werden
Foto: siedlungswerkstatt
Dennoch konnte das Holz erhalten werden, so dass nur die Ausfachungen neu gemacht und der Wandaufbau wieder ergänzt werden musste. Zwischen den Balken wurde mit 14 cm Hanf gedämmt und von außen zusätzlich Herkaklithplatten mit Steinwolldämmung davorgesetzt, die als Putzträgerplatte dienen. Von innen übernehmen OSB-Platten die Dampfbremsfunktion. „So konnten wir auf eine Dampfbremsfolie verzichten und den Einsatz von Baumaterialien aus Kunststoff minimieren“, erklärt Bauleiter Stephan Bucher. „Von Innen wurden ebenfalls Heraklithplatten befestigt und ein Rotkalkputz, der besonders gut gegen Schimmelbildung wirksam ist, ergänzt.“
Durch die Öffnung des Obergeschosses zum Dachraum gewinnt das Haus an Großzügigkeit, die in einem angenehmen Kontrast zu der Kleinteiligkeit im Erdgeschoss steht. Hier wurde sehr viel Wert auf das historische Erscheinungsbild gelegt, weshalb sowohl der Fliesenboden als auch der Kachelofen in der Küche erhalten blieben.
Fazit
Die gesamte Logistik der Scheunenbaustelle erfolgte über die 2 x 2 m große Öffnung der Gaube im Dachgeschoss
Foto: siedlungswerkstatt
„Die größte Herausforderung bei dem Projekt war aus meiner Sicht die große Vielfalt der Bauaufgaben. Jede Ecke hat eine neue, ganz eigene Lösung gefordert“, erinnert sich Architektin Lorenz. „Es gab keine Standardlösungen, auf die man zurückgreifen konnte. Die meisten Details mussten auf der Baustelle gelöst werden.“ Und Bauleiter Bucher fügt hinzu, dass bereits die Logistik besondere Lösungen mit sich gebracht hat: „Wir mussten beispielsweise das gesamte Obergeschoss und Dachgeschoss der Scheune über eine 2 x 2 m große Öffnung im Dach bedienen. Aber auch der Bau des Infinity-Pools in Sichtbeton war eine besondere Herausforderung.“
Insgesamt ging es darum, die Besonderheit des Ortes mit seinem historischen Charme zu erhalten und gleichzeitig den Anforderungen an eine moderne Hotelanlage gerecht zu werden. Eine Aufgabe, die offensichtlich hervorragend gelöst wurde, denn 2023 wurde das Ensemble mit dem Hugo-Häring-Preis ausgezeichnet.
Autorin
Dipl.-Ing. Nina Greve studierte Architektur in Braunschweig und Kassel. Heute lebt und arbeitet sie als freie Autorin in Lübeck (www.abteilung12.de) und ist unter anderem für die Zeitschriften DBZ, bauhandwerk und dach+holzbau tätig.
Baubeteiligte (Auswahl)
Bauherr Gutshof Blansingen GmbH & Co.KG
Architektur siedlungswerkstatt Entwicklungsgesellschaft mbH – Baumann & Czabaun Architekten, Konstanz, siedlungswerkstatt.de
Tragwerksplanung HKR Ingenieurbüro, Gerhard Kaufmann, Weil am Rhein
Bauleitung Dachmaxx, Stephan Bucher, Steinen
Rohbauarbeiten Trefzer Baurealisierung, Steinen
Holzbauarbeiten Zimmerei Dufner, Weil am Rhein, zimmerei-dufner.de