Liebe Leserinnen, liebe Leser,
für die Wiederverwendung alter Baustoffe gibt es nun eine neue Norm. Mit der DIN SPEC 91484 „Bewertung der Wiederverwendbarkeit von Baumaterialien vor Abbruch- und Renovierungsarbeiten“ ist der Einbau gebrauchter Baustoffe erstmals von Seiten des Deutschen Instituts für Normung e.V. (kurz DIN) geregelt. Das DIN schreibt selbst dazu: „Das Verfahren zeichnet sich durch seine einfache Zugänglichkeit für alle Beteiligten aus, ist universell und unkompliziert anwendbar und kann somit den direkten Weg auf die Baustelle finden und dort nahtlos integriert werden.“ Das, was im Handwerk schon eine lange Tradition hat, ist endlich also auch normativ geregelt. Im Handwerk wurden Fachwerkkonstruktionen, Bauteile wie Fenster und Türen, Massenprodukte wie Dach- und Mauerziegel schon immer bei Sanierungen, Umbauten und auch bei Neubauten wiederverwendet. Es geht also um eine ganze Menge Baustoff.
Wir haben schon des Öfteren in bauhandwerk Gebäude vorgestellt, bei denen alte Baustoffe wiederverwendet wurden und tun dies auch in dieser Ausgabe. Wie ab Seite 28 in diesem Heft zu sehen, konnten bei der Umnutzung einer alten Brennerei in Rheda-Wiedenbrück durch den Rückbau baufälliger Anbauten und Nebengebäude so viele Ziegel im Reichsformat gewonnen werden, dass nicht nur die Fassade auf der Westseite damit aufgemauert werden konnte, sondern sogar noch zwei Paletten Ziegel übrigblieben.
Wie groß das Potential an wiederverwertbaren Baustoffen ist, machen Zahlen des Statistischen Bundesamtes deutlich: Bau- und Abbruchabfälle machten im Jahr 2020 mehr als die Hälfte des bundesweiten Abfall-Aufkommens aus. Laut Umweltbundesamt beläuft sich das gesamte in Deutschland verbaute Material auf rund 15 Milliarden Tonnen. Das ist eine ganze Menge. Am Bau kann Kreislaufwirtschaft also viel dazu beitragen, Ressourcen zu schonen und CO2-Emissionen zu senken.
Gesetze und Quoten für den Einsatz von wiedergewonnenen Bauprodukten gibt es bereits – doch sie sind nur der Anfang. Die DIN SPEC 91484 liefert einen wichtigen Baustein für ein systematisches Vorgehen. „Mit dem im Standard beschriebenen Verfahren wird der Gebäudebestand systematisch erfasst und dokumentiert. Das gibt nicht nur der Wirtschaft einen klaren Handlungsrahmen, sondern ermutigt auch die Gesetzgeber, künftige Rück- und Umbauarbeiten an dieses Dokument zu knüpfen“, sagt Dominik Campanella, Initiator der DIN SPEC und Co-Geschäftsführer des Start-ups Concular, das sich für kreislaufgerechte Immobilien einsetzt. Statt auf der Mülldeponie zu landen, können Baustoffe aus Rückbau und Abriss künftig also viel besser wiederverwendet werden.
Viel Erfolg bei der Arbeit wünscht