Gefährlicher Baustoff: Asbest
Zwischen 1950 bis 1990 wurden in Deutschland rund 4,35 Millionen Tonnen Asbest importiert und verarbeitet. Bei Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten in Verbindung mit Asbest muss der Handwerker zum Schutz der eigenen Gesundheit genau geregelte Sicherheitsrichtlinien befolgen.
In den siebziger Jahren wurde Rohasbest als Asbestzement (73 Prozent), in Fußbodenbelägen (8 Prozent), Bitumen-, Dach- und Dichtungsbahnen, Kittmassen, Spachtel- und Vergussmassen, Feuerschutzmittel (6 Prozent) sowie Pappen- und Papieren, Filtermaterialien, Formmassen und Straßendeckschichten (4 Prozent) verarbeitet. Insbesondere in den siebziger Jahren setzte man verstärkt asbesthaltige Baustoffe und Bauteile in und an Gebäuden ein. Je nach Art der Einbindung der Asbestfasern in die Bau- und Werkstoffe unterscheidet man nach zwei Produktgruppen: Asbestzement (starke Asbestbindung) sowie Weichasbest und asbesthaltige Werkstoffe (weiche Asbestbindung).
Die Art der Asbestbindung ist maßgeblich für die Beständigkeit von Asbestmaterialien und die Freisetzung gesundheitsschädlicher Fasern infolge von Verwitterung oder mechanischer Beanspruchung. Zudem wird danach die Art und Weise des Rückbaus (Sanierung) und die fachgerechte Entsorgung festgelegt. Die gesundheitliche Gefahr durch Freisetzung von Asbestfasern beim Rückbau ist bei schwacher Asbestbindung am höchsten.
Kennwerte und Nachweis
Wann immer eine Sanierung oder ein Gebäudeabriss vorbereitet wird, ergibt sich das Problem der Erkennung asbesthaltiger Baustoffe und Bauteile gegenüber solchen, die asbestfrei sind. Schon etwa ab 1990 begann man damit, asbestfreie Faserzementprodukte unter Verwendung von Glasfasern, organischen Polymerfasern und Zellulosefasern herzustellen. Diese Produkte unterscheiden sich optisch kaum von asbesthaltigen und sind deshalb nicht leicht zu erkennen. Besteht der Verdacht, dass ein Bauteil Asbest enthält, sollte im Zweifel immer ein akkreditiertes Labor zur Analyse herangezogen werden.
Für einige Anwendungsbereiche gibt es sichtbare Kennzeichnungen als asbetfreies Produkt:
Gesundheitsrisiko Asbestsanierung
Asbest wird durch äußere Klimaeinflüsse, mechanische Belastungen oder Verwitterung des Bindemittels und der Asbestfasern freigesetzt. Gesundheitsgefährdend ist immer die Abgabe von Fasern an die Raumluft oder Umgebungsluft. Die gesundheitliche Belastung durch Asbeststaub hängt dabei von der Faserkonzentration und Verweildauer ab. Durch die Verwitterung des Asbest- und Zementsteins sowie durch mechanische Beanspruchung von asbesthaltigen Produkten können Fasern auch außen freigesetzt werden. Die Verwitterung von Zementstein und von Chrysotil-Asbest wird durch Einwirkung von Algen, Flechten und Moosen verstärkt.
Ältere Studien des Umweltbundesamtes sowie zwei neue Studien des Schweizerischen Bundesamtes ergaben, dass eine allgemeine Gesundheitsgefährdung bei natürlicher Abwitterung äußerst unwahrscheinlich ist. Kritisch sind dagegen Arbeiten bei Abbruch, Sanierung und Instandhaltung, bei denen asbesthaltige Bauteile zerstört werden (Zerbrechen, Zerschlagen, Bohren, Sägen, Schleifen, Fräsen) oder durch Abrieb (beispielsweise Dampfstrahlen, Sandstrahlen, Bürsten) Asbestfasern freigesetzt werden.
Die technischen Regeln für Gefahrstoffe „Asbest – Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten“ (TRGS 519) unterscheiden nach der freigesetzten Fasermenge pro Kubikmeter Luft:
Bei den Verfahren „geringer Exposition“ handelt es sich um spezielle Arbeitsverfahren, die sicherstellen, dass bei strikter Einhaltung der Sicherheitsanweisungen die Belastung unter 15 000 F/m³ liegt. Bei Arbeiten „geringen Umfangs“ mit ≤ 100 000 F/m³ muss eine zeitliche Begrenzung des Arbeitsumfangs (Fläche) sowie die Zahl der Arbeiter festgelegt werden. In beiden Fällen dürfen Arbeitnehmer nur mit Körperschutzmittel und persönlicher Schutzausrüstung tätig werden.
Bei Arbeiten in Innenräumen müssen die Handwerker nach der TRGS 519 vorgehen, damit der Raum nicht kontaminiert wird. Hauptursache für die Freisetzung von Asbestfasern in Innenräumen sind entsprechende Abbrucharbeiten von Spritzasbest und andere schwach gebundene Produkte für den Brandschutz. Nach der Asbestrichtlinie (Länderrichtlinie) sind der Schutz der Gebäudenutzer (Nutzerschutz) und der Sanierungsbedarf von asbestkontaminierten Innenräumen wesentlich von der analytisch nachgewiesenen Faserzahl pro Kubikmeter Raumluft abhängig. Generell muss vor Beginn der Arbeiten eine protokollierte Begehung und Fasermessung stattfinden. Darauf muss auch in der öffentlichen Ausschreibung hingewiesen werden.
Asbestsanierung in der Praxis
Für die baupraktische Anwendung unterscheidet man grundsätzlich zwischen drei verschiedenen Asbestsanierungsverfahren: Entfernen, Beschichten und räumliche Trennung.
Beim Entfernen aller asbesthaltigen Bauteile und Baustoffe muss für entsprechenden Ersatz gesorgt sein, um die bauphysikalischen Eigenschaften des Brand-, Wärme- und Schallschutzes wiederherzustellen. Es dürfen dabei nur die bauaufsichtlich zugelassenen asbestfaserfreien Baustoffe und Bauteile eingesetzt werden.
Bei der Beschichtung werden Asbestfasern durch Auftrag von Schutzlacken oder Schutzsystemen staubdicht eingeschlossen. Das System muss anerkannt und von einer für deren Anwendung gekennzeichneten Firma ausgeführt werden. Beschichtungen sollten allerdings möglichst nur in Ausnahmefällen eingesetzt werden.
Bei der räumlichen Trennung wird das asbesthaltige Bauteil zum Beispiel durch Vorhänge oder dichtes Verbauen (bekleiden) mit anderen Baustoffen dauerhaft staubdicht abgetrennt. Es dürfen keine Lücken, Öffnungen oder Anschlüsse entstehen, bei denen die Gefahr einer Undichtheit entstehen kann. Das ist besonders bei beweglichen Bauteilen der Fall. Letztlich ist allerdings nur die komplette und sorgfältige Entfernung ein vernünftiges und sicheres Sanierungsverfahren im Umgang mit dem Gefahrstoff Asbest.
Abfallbeseitigung
Da Asbestzementabfälle im Abfallverzeichnis als gefährliche Stoffe eingestuft wurden, muss man eine ganze Reihe rechtlicher Punkte beachten. Bereits auf der Baustelle müssen die Abfälle so behandelt werden, dass bei der Verladung, während des Transports und der anschließenden Entsorgung keine Asbestfasern freigesetzt werden können. Alle Abfallbehälter müssen mit einer speziellen „Asbestkennung“ und die Fahrzeuge mit dem Gefahrenzettel Nr. 9 gekennzeichnet sein. Asbestabfälle dürfen gewerbsmäßig nur mit Genehmigung der zuständigen Abfallentsorgungsbehörde eingesammelt und befördert werden. Bei nicht verfestigtem Spritzasbest oder Asbeststäuben werden besonders hohe Anforderungen an die Verpackung, den Fahrzeugführer sowie Kennzeichnung und Fahrzeugausstattung gestellt.
Autor
Hans Jürgen Krolkiewicz ist als Fachjournalist, Buchautor, beratender Ingenieur und Sachverständiger für Dach, Wand, Fassade, energieeffizientes Bauen und Gebäudeinstandhaltung sowie als freier Autor unter anderem der Zeitschrift bauhandwerk tätig.
Die gesundheitliche Gefahr beim Rückbau ist bei schwacher Asbestbindung am höchsten
Bewährte Sanierungsverfahren: Entfernen, Beschichten, räumliche Trennung