Sanierung und Umbau eines Schwarzwaldhofs im Raitenbucher Tal
Architekt Martin Ohlf verwandelte den 1659 im Raitenbucher Tal erbauten Mühlradhof – einen typischen Schwarzwaldhof – mit viel Respekt vor dem Bestand in ein modernes Ferienhaus. Dabei legten die Handwerker der Firma HuGoBau viele der originalen Oberflächen wieder frei.
Bei dem 1659 im Raitenbucher Tal erbauten Mühlradhof handelt es sich um einen typischen Schwarzwaldhof
Foto: Roland Halbe
Das Raitenbucher Tal liegt südlich von Neustadt im Schwarzwald auf rund 1000 m Höhe. Der dort 1659 erbaute Mühlradhof ist ein typischer Schwarzwaldhof. Er wurde mit großem Walmdach und aufwendigen Zimmermannskonstruktionen als Doppelhof für zwei Bauern erbaut, die sich eine gemeinsame Küche mit zwei offenen Feuerstellen teilten. Doch der Hof hieß nicht immer so. Im Ort wird er als „s´Schindlers“ bezeichnet, weil zwei der Vorbesitzer Schindler hießen. „Den Namen Mühlradhof haben wir ihm gegeben, da einer unserer Vorbesitzer, nachdem der letzte Bauer 1969 den Hof aufgegeben hatte, auf die Idee kam, ein Mühlrad neben das Haus zu stellen, obwohl dort kein Bach direkt am Haus vorbeifließt. So musste eine Wasserleitung zum Mühlrad gelegt werden, und per Wasserhahn dreht sich das Mühlrad und treibt drei Maschinen im Dachboden an“, erinnert sich Architekt Martin Ohlf, der zusammen mit seiner Frau Christine Müller-Welt den Hof 2016 kaufte.
Vom Schwarzwaldhof zum Ferienhaus
Schon 1986 wurde der Hof unter Denkmalschutz gestellt, da er als „Zeugnis der hochstehenden bäuerlichen Baukultur der Gegend“ gilt. Nach der 2021 begonnenen denkmalgerechten Sanierung befindet sich heute im ehemaligen Wohnteil ein Ferienhaus für Familien und Gruppen bis zu zwölf Personen ( www.urlaubsarchitektur.de/de/muehlradhof/ ). „Dabei sollte der ursprüngliche Charakter des Hofes erhalten bleiben“, so Martin Ohlf.
Große Stube mit grünem Grundofen und originalem Dielenboden
Foto: Roland Halbe
Man betritt das Haus über die Holzterrasse, die so genannte Bruck. Von dort aus gelangt man in die Diele und weiter zu beiden Seiten in die großen Stuben. Darüber hinaus gibt es noch ein etwas kleineres „Stübele“. Neben der großzügigen Rauchküche befinden sich im Erdgeschoss drei Bäder: das schmale Bad mit originalen Stein- und Holzwänden, das „Lehmwand-Bad“ und das „Terrassenbad“ im ehemaligen Brunnenhaus, das von einer mittlerweile wärmegedämmten Bergwand aus Grundgebirgsstein und kleinen Fenstern umschlossen wird. Über die Treppe in der Diele gelangt man zu den Schlafzimmern im Obergeschoss.
Originaler Dielenboden
Originaler Dielenboden von 1659 mit einigen Schäden
Foto: Martin Ohlf
Schicht für Schicht entfernten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Firma HuGoBau aus Rutesheim das über die Jahrhunderte Hinzugefügte und legten so die historischen Besonderheiten des Hauses frei. Dazu zählt der originale Holzboden von 1659 in der großen Stube mit dem grünen Grundofen links der Diele. Er war dort unter fünf übereinanderliegenden Dielenböden verborgen, die auch der Grund für die geringe Raumhöhe waren. Statt den Dielenboden auszubessern, hatten die Bewohner einfach immer wieder einen neuen Dielenboden auf dem alten verlegt. Nach der Entfernung der fünf übereinanderliegenden Böden hat die Stube heute 15 cm zusätzliche Raumhöhe und damit ihr ursprüngliches Erscheinungsbild wiedergewonnen. Fehlstellen am originalen Dielenboden wurden tischlermäßig ergänzt.
Neue Dielenböden
In anderen Räumen im Erdgeschoss des Hauses war der Dielenboden so marode, dass er erneuert werden musste. Zum Teil hatte sich die Kelleraußenwand nach außen verschoben, so dass der Dielenboden nicht mehr in der Schwellennut steckte. Daher mauerten die Handwerker der Firma HuGoBau, die alle Sanierungs- und Umbauarbeiten aus einer Hand erledigte, die Kelleraußenwand aus Bruchsteinen als Auflager für den neuen Dielenboden wieder auf. Der neue Fußbodenaufbau besteht aus Balken, gegen die von unten OSB-Platten genagelt sind, mit Holzwolledämmplatten und Dampfbremse dazwischen. Den Oberbelag bilden Dielenbohlen. Zum Teil wurde für den neuen Dielenboden auch das noch gute Holz alter Böden verwendet. „Unser Ziel war es, vorhandenes Material wiederzuverwenden“, sagt Architekt Martin Ohlf.
Auch im Ober- und Dachgeschoss gab es nicht mehr tragfähige Dielen, die gegen neue Dielenböden mit Dampfbremse und Holzwolledämmung ersetzt werden mussten. Im Zuge dieser Arbeiten konnte die Treppe ins Obergeschoss gedreht werden, so dass die versetzte Flurwand rechts im Erd- und Obergeschoss nun wieder in einer Flucht ist. Von der Flurwand entfernten die Handwerker vorab die Wandverkleidung, um die Wand an ihre originale Position versetzen zu können.
Die später hinzugekommene Verkleidung der Decken wurde entfernt, so dass heute sowohl die originalen Dielendecken als auch die Balken der Holzbalkendecken wieder zu sehen sind.
Alte und neue Wandverkleidung
Dämmung der Außenwand mit Holzwolleplatten und Dampfbremse
Foto: Martin Ohlf
Auch die alten Wandverkleidungen wurden entfernt und eingelagert, die Außenwände von innen mit Holzwolleplatten gedämmt, darauf eine Dampfbremse verlegt und die Wandverkleidungen wieder eingebaut. Zum Teil waren aber auch hier einige der Wandverkleidungen so defekt, dass sie durch neues Holz ersetzt werden mussten. Das galt auch für beschädigte Wandbohlen der Innenwände. So entstand ein spannender Kontrast zwischen dem zum Teil rauchgeschwärzten Altholz und dem hellen, neuen Holz. Bei einigen Außenwänden wurden die Holzwolleplatten mit Lehm verputzt. Auch die Kellerwände wurden mit Lehm verputzt und die Kellerdecke von unten mit Mineralwolle gedämmt. Die Bergmauer dämmten die Handwerker von außen mit Glasschotter.
Wiederherstellung der Rauchküche
Heute ist die Küche mit der Kochinsel wieder der ursprüngliche, großzügige und offene Raum, der sie auch früher einmal war
Fotos: Roland Halbe
Ein wesentliches Ziel der Sanierung war die Wiederherstellung der zweigeschossigen Rauchküche. Hierzu musste die später hinzugekommene Mittelwand, die die Küche in zwei Hälften geteilt hatte, und der Dielenboden oberhalb der beiden Küchen ausgebaut werden. In einer Küchenhälfte bauten die Handwerker den alten Ziegelboden aus. Zum Vorschein kamen verfaulte Bodenschwellen, die ebenfalls ausgebaut werden mussten. In der anderen Küchenhälfte entfernten sie den aufgeständerten Dielenboden. Um nach Entfernen der Mittelwand die Statik wieder herzustellen, positionierten die Handwerker eine Holzstütze mit eigenem Fundament an der Stelle, an der sich auch ursprünglich eine Stütze befunden hatte. Danach verlegten sie auf dem Boden ein Geotextil und eine Ausgleichsschüttung. Darauf folgten die Wärmedämmung und Folie, auf der eine neue Bodenplatte betoniert wurde. Auf der Bodenplatte verlegten die Mitarbeiter der HuGoBau einen Estrich mit Fußbodenheizung.
Von der Küche aus führt eine Treppe aus Bohlen ohne Geländer in einen Gang ins Obergeschoss. Die Bohlen lieferte der Rückbau eines Dielenbodens. Die Handwerker packten die Enden der Bohlen in Dachpappe ein und mörtelten sie in tiefe Aussparungen in der Bruchsteinwand ein.
Heute ist die Küche mit der Kochinsel wieder der ursprüngliche, großzügige und offene Raum, der sie auch früher einmal war. So wird die Küche auch für die Feriengäste zum Mittelpunkt des Hauses.
AutorDipl.-Ing. Thomas Wieckhorst ist Chefredakteur der Zeitschrift bauhandwerk.
Baubeteiligte (Auswahl)
Bauherr und Planung
Martin Ohlf, Ohlf Schoch Architekten, Stuttgart, www.ohlfschoch.de
Energieberatung
Markus Roll, Stuttgart
Sanierungsarbeiten
HuGoBau, Rutesheim