Umnutzung einer ehemaligen Zuckerfabrik in Ljubljana zum Kunst- und Kulturzentrum

Die Fassadenplatte „Alucobond“ von 3A Composites wird – wie der Name schon sagt – an der Fassade eingesetzt. Beim Umbau einer ehemaligen Zuckerfabrik in Ljubljana zum Kunst- und Kulturzentrum wurde sie als gelochte und damit akustisch wirksame Variante im Inneren verbaut.

Es ist stets äußerst inspirierend, angenehm überrascht zu werden, auch im Berufsleben. Und selbst wenn man sich bereits längere Zeit mit einem Thema beschäftigt, und glaubt, bereits einiges gesehen zu haben, kommt man glücklicherweise immer mal wieder an einen Punkt, an dem eine gestalterische oder eine technische Idee, oder eine Kombination aus beidem, einen schlicht umhaut und begeistert. Das gilt insbesondere für den kreativen Umgang mit bekannten Materialien, die einem eigentlich vertraut scheinen, in denen aber ein kluger Kopf ein weiteres Potenzial entdeckt und zur Anwendung bringt.

Fassadenplatten mit sandwichartigem Aufbau

In diesem Fall findet das Aha-Erlebnis im Zusammenhang mit der Fassadenplatte „Alucobond“ von 3A Composites statt. Diese verfügt über einen sandwichartigen Aufbau, bestehend aus zwei Aluminiumblechen, die durch einen Kern miteinander verbunden sind. Der Vorteil dieses Aufbaus leitet sich aus den Grundlagen der Statik ab. Wirkt nämlich auf einen Körper, der auf zwei Punkten gelagert ist, zwischen beiden Punkten von oben eine Kraft auf diesen ein, entsteht im oberen Bereich eine Druck- und im unteren Bereich eine Zugzone. Zum Inneren des Körpers hin nehmen die Kräfte ab, und in der Mitte befindet sich sogar eine Nulllinie, in der sich die Kräfte aufheben. Aus diesem Grund müssen auf Biegung beanspruchte Körper lediglich in den äußeren Bereichen ihr Maximum an Stabilität aufweisen; in der Mitte wird diese nicht gefordert, solange beide Zonen fest miteinander verbunden sind. Ein I-Träger im Profil betrachtet, veranschaulicht das Prinzip ebenso deutlich wie eine Bahnschiene.

Auf den ersten Blick ist nur schwer ersichtlich, warum man dieses Phänomen auch bei einem flächigen Material anwenden sollte, zumal bei einem, das sich auf der Fassade im Prinzip nur „selbst tragen“ muss. Nun, Sandwichaufbauten werden stets dort eingesetzt, wo ein Maximum an Stabilität mit einem Minimum an Materialeinsatz und Gewicht erreicht werden soll, also beispielsweise im Fahrzeugbau sowie in der Luft- und Raumfahrt. Auf der Fassade spielen zunächst weder der Materialeinsatz noch das Gewicht die Hauptrollen, wohl aber die Stabilität, denn die Konstruktion erreicht eine hohe Biegesteifigkeit und eine hohe Planebenheit. In der Praxis bedeutet das, es lassen sich großflächige Gebäudehüllen herstellen, die nicht wellig verlaufen, sich nicht verziehen und nicht schüsseln. Und was sich auf der Fassade weltweit und tausendfach bewährt hat, das funktioniert natürlich auch im Inneren – auch mit einem hohen ästhetischen Anspruch.

Zuckerfabrik mit wechselvoller Geschichte

Obwohl unter Denkmalschutz stehend, verfiel der Bau zunehmend Obwohl unter Denkmalschutz stehend, verfiel der Bau zunehmend
Foto: Peter Uhan

Obwohl unter Denkmalschutz stehend, verfiel der Bau zunehmend
Foto: Peter Uhan
Die ehemalige Zuckerfabrik in Ljubljana ist ein industrielles Gebäude mit langer, wechselvoller Geschichte. Es wurde im Jahr 1828 als Zuckerfabrik erbaut, die mit lediglich 22 Arbeitern und einem einzigen großen Kessel den Betrieb aufnahm, um sich dann rasch zur größten Zuckerraffinerie der Habsburgermonarchie zu entwickeln. Ein Großbrand zerstörte 1858 die industriellen Anlagen so stark, dass der Betrieb eingestellt werden musste. Später nutzten eine Tabak-, noch später eine Textilfabrik das Gebäude. In Notzeiten fanden in der Fabrik Soldaten Unterschlupf, zeitweilig gemeinsam mit den Ärmsten der Armen, insbesondere nach einem schweren Erdbeben im Jahr 1895, bei dem viele Menschen ihre Bleibe verloren.

In dem 1828 als Zuckerfabrik erbauten Gebäude in Ljubljana befindet sich heute ein Kunst- und Kulturzentrum In dem 1828 als Zuckerfabrik erbauten Gebäude in Ljubljana befindet sich heute ein Kunst- und Kulturzentrum
Foto: Scapelab

In dem 1828 als Zuckerfabrik erbauten Gebäude in Ljubljana befindet sich heute ein Kunst- und Kulturzentrum
Foto: Scapelab
Später zogen die jungen Dichter Dragotin Kette und Josip Murn, Mitbegründer der slowenischen Moderne, in die Ruine und machten die ehemalige Fabrik vorübergehend zu einem kulturellen Zentrum. Beide starben dort an Tuberkulose, was dem Gebäude bis in die jüngste Vergangenheit eine morbide Aura verlieh. Obwohl unter Denkmalschutz stehend, verfiel der Bau zunehmend, musste wegen Einsturzgefahr eingezäunt werden, und verkam immer mehr zum Schandfleck. Bis die Stadt die gesamte Liegenschaft erwarb und einen Architektenwettbewerb ausschrieb, den das Büro Scapelab aus Ljubljana mit der Idee gewann, das „Cukrarna“ (Zuckerfabrik) genannte Gebäude als Kunst- und Kulturzentrum neu entstehen zu lassen.

Mit Stahlbeton aufgedoppeltes Mauerwerk und massive Stahlkonstruktion

Nach der Entkernung blieben nur die Außenmauern stehen Nach der Entkernung blieben nur die Außenmauern stehen
Foto: Scapelab

Nach der Entkernung blieben nur die Außenmauern stehen
Foto: Scapelab
Am Beginn der Bauarbeiten stand eine vollständige Entkernung, die nur die Außenmauern stehen ließ. Deren Lochfassade mit ihren 366 Fenstern blieb erhalten, wurde aber mit einem hellen Putz versehen, der sie etwas freundlicher erscheinen lässt. Auf der Innenseite erfuhr das Mauerwerk eine Aufdopplung aus Stahlbeton, auf der nun eine massive Stahlkonstruktion ruht. An dieser sind drei vollständige Geschosse aufgehängt, teilweise ohne jegliche Verbindung zum Boden.

Die Dachkonstruktion nimmt die historischen Proportionen auf, und so entsteht eine hohe gestalterische Spannung: Von außen wirkt das Gebäude auf den ersten Blick „erhaltend restauriert“, doch im Inneren ist im tatsächlichen Wortsinn kein Stein auf dem anderen geblieben; es entstanden stattdessen große, helle Räume für Ausstellungen, Begegnungen, Schulungen usw. Im Untergeschoss, das im Zuge der Bauarbeiten neu errichtet wurde, ist ein Raum für allgemeine Performances untergebracht. Das Erdgeschoss, das frei und unentgeltlich zugänglich ist und einen ersten ­Eindruck vom beeindruckenden Volumen vermittelt, hat sich bereits als Ort der Begegnung etabliert. Die schwebenden Etagen beinhalten zwei Galerieräume sowie einen Schulungsraum und im Dachgeschoss befinden sich die Heizungs- sowie die Klima- und die Lüftungstechnik.

Gelochte Platten reduzieren schallharte Reflexion

Die Fassadenplatte ?Alucobond? von 3A Composites wird im Gebäude als gelochte und damit akustisch wirksame Variante eingesetzt Die Fassadenplatte „Alucobond“ von 3A Composites wird im Gebäude als gelochte und damit akustisch wirksame Variante eingesetzt
Foto: Scapelab

Die Fassadenplatte „Alucobond“ von 3A Composites wird im Gebäude als gelochte und damit akustisch wirksame Variante eingesetzt
Foto: Scapelab
Einen entscheidenden Einfluss auf die Innenarchitektur nehmen die bereits erwähnten Fassadenplatten, die hier in der Farbe Pure White 10 verwendet wurden. Aufgrund deren beschriebener Flächenstabilität war es vollkommen unproblematisch, zahlreiche Löcher auszufräsen, die verschiedene Funktionen übernehmen. Die große Anzahl der Ausfräsungen, sowie ihre regelmäßige Wiederkehr sollen an industrielle Prozesse erinnern und gelten als Reminiszenz an die früheren Leben des Gebäudes. Die Löcher sind aber auch akustisch wirksam, indem sie den Schall an ihren Rändern brechen und im Inneren teilweise absorbieren, also in Wärmeenergie umwandeln. Sie reduzieren außerdem die vorhandenen schallharten Reflexionsflächen und wirken sich somit günstig auf die Nachhallzeit aus, die einen wichtigen Einfluss auf die Raumakustik ausübt.

Fazit

Die Standfähigkeit der Aluminiumverbundplatten und die damit einhergehende, gute Bearbeitbarkeit erlauben zahlreiche Formgebungen bei minimalen Toleranzen. Auf diese Weise konnten zum Beispiel Fugenbilder mit einer Genauigkeit entstehen, wie sie eher im Möbel- als im Hochbau üblich sind. Das gelungene Beispiel zeigt anschaulich, dass das „Denken über den Tellerrand hinaus“ hoch erfreuliche Ergebnisse bringt, dass eine „Fassade“ auch in Innenräumen entstehen, und dass das Verständnis von Materialien durchaus als Quelle der Inspiration dienen kann.

 

Autor

Kay Rosansky ist Innenarchitekt, betreibt die Agentur rosansky-presse in Verl und unterstützt die Firma 3A Composites in Singen bei der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 1-2/2013

Fabrik wird Effizienzhaus 55 Umnutzung einer Textilfarbik in Berlin

Der Entwurf für die Umnutzung der ehemaligen Fabrik in Berlin Prenzlauer Berg stammt von der Planungsgesellschaft hmp hertfelder & montojo und realisiert die Vision vom vernetzten Leben des...

mehr
Ausgabe 11/2018

Fotoreportage: Museum Wäschefabrik Bielefeld

Die Zentrale direkt hinter dem Eingang ins heutige Museum

Als hätten die Näherinnen gerade Feierabend gemacht und ihre Maschinen verlassen, als wäre der Direktor kurz mal raus aus seinem Büro – so sieht es aus, wenn man in Bielefeld das Museum...

mehr