Vakuumglas für die energetische Sanierung alter Fenster
Für die energetische Sanierung alter Isolierglasfenster oder einfachverglaster Fenster bieten sich Vakuumgläser an. Sie sind optisch kaum von Einfachglas zu unterscheiden. Trotz ihres schlanken Querschnitts erreichen sie gute Dämmwerte.
Wenn Bestandsgebäude modernisiert werden, stellt sich oft die Frage, was die optimale Lösung für die energetische Sanierung veralteter Isolierglasfenster oder einfachverglaster Fenster ist. Die Antwort gleich vorab: Es gibt keine Ideallösung. Ausschlaggebend sind der Dämmzustand des Gebäudes selbst, der Zustand der bestehenden Rahmen und Profile und sowohl ökonomische als auch ästhetische Aspekte.
Vakuumglas verwandelt alte Sprossenfenster in Energiespar-Weltmeister – und die schönen Holzprofile und Fensterrahmen bleiben erhalten
Fotos: Fineo
Bei denkmalgeschützten Gebäuden mit einfachverglasten Fenstern oder Kastenfenstern ist die Ideallösung häufig der (Teil-)Austausch von Verglasungen gegen monolithische Vakuumgläser in den bestehenden Fenstern – wenn Rahmen und Profile gut erhalten oder restaurierbar sind und eine ausreichende Falztiefe ermöglichen. Bei Häusern neueren Datums, die zuletzt in den 80er oder 90er-Jahren saniert oder erbaut wurden, können sich so genannte Hybridgläser, Dreifachverglasungen oder gleich neue Komplettfenster anbieten.
Was ist ein Altbau?
Es gibt kein definiertes Mindestalter, das ein Haus zu einem „Altbau“ macht. Ausschlaggebend für eine sinnvolle Betrachtung dürfte die Bausubstanz sein, ihre Nutzungsdauer, der Stand der Technik zum Zeitpunkt der Erbauung sowie der Zustand vor allem der tragenden und raumabschließenden Bauteile.
Vakuumtechnologie bestens geeignet
Bei „Fineo“ werden die Scheiben in einem nur wenige Millimeter breiten Randverbund keramisch aufeinander geschmolzen. Das Vakuum wird dauerhaft versiegelt
Foto: Fineo
Bei Gebäuden, die bereits dem Denkmalschutz unterliegen, ist die Installation moderner Dreifach-Isolierglasfenster und oft auch Zweifach-Isoliergläser auszuschließen. Bei alten Fachwerkhäusern beispielsweise, wie sie noch in Altstädten oder in ländlichen Gegenden zu finden sind, ist dies augenscheinlich: Dreifach-Isolierglasfenster sind hier in der Regel aus statischen Gründen ungeeignet (zu schwer), würden die Ästhetik der Fassade negativ beeinflussen (zu modern) oder sind aus baurechtlichen Gründen keine Option (Denkmalschutz). Hier bietet sich der Austausch der energetisch veralteten Einfachverglasungen gegen monolithische Vakuumgläser an. Sie besitzen die Ästhetik filigraner Verbundglasscheiben, sind optisch kaum von Einfachglas zu unterscheiden und unterstützen so die ursprüngliche Ästhetik des historischen Fensters, erreichen aber trotz ihres schlanken Querschnitts (ab rund 6 mm) bereits gute Wärmedämmwerte von 0,7 W/m2K. Dieser Wert entspricht der Dämmleistung rund 40 mm dicker Dreifach-Isoliergläser mit Argon-Gasfüllung und Low-E-Beschichtungen.
Mehrscheiben-Gläser sind dicker
Die höhere Dicke von Mehrscheiben-Isoliergläsern ist im Übrigen konzeptionell bedingt und kaum auflösbar: Um steigende Anforderungen an die Energieeffizienz von Gebäuden zu erfüllen, konzentrierten sich Glashersteller in den vergangenen Jahrzehnten auf die Optimierungen bestehender Zweischeiben-Isoliergläser hin zu Dreifachverglasungen mit weiterentwickelten Schichtsystemen (Low-E-Coatings) und energetisch optimierten Randverbundsystemen. Mittler-
weile dürfte in dieser Technologie das physikalisch Machbare aber annähernd erreicht sein.
Problematisch sind auch das hohe Gewicht, das nicht immer für die Statik älterer Gebäude geeignet ist, und die schlechte Verfügbarkeit dämmender Edelgase, die somit immer kostspieliger werden – das teure Krypton wird häufig nur noch für High-End-Lösungen eingesetzt, bei denen die Kosten im Gesamtkonzept eine vergleichsweise kleine Rolle spielen. Im Normalfall kommt das weniger leistungsfähige Argon zum Einsatz.
Ressourcenschonende Lösungen
Im Zuge eines erhöhten Ressourcenschutzes muss auch die Frage gestellt werden, wieviel Materialeinsatz zur Erreichung von Energieeffizienz sinnvoll ist – Stichwort „frugale Innovation“: Für das nachhaltige Bauen sind einfache und ressourcenschonende Lösungen gefragt. Vakuumverglasungen setzen darum lediglich auf zwei 3 bis 4 mm dünne Scheiben, die eine extrem schlanke Vakuumkammer versiegeln. Durch das Vakuum fehlt in diesem kleinen Zwischenraum das Medium, das Wärme und Schall zwischen der Innen- und Außenscheibe transportiert. Darum verfügen Vakuumverglasungen über einen besonders guten
Ug-Wert und erhöhten Schallschutz.
Lange Zeit wurden die Glasscheiben aufgrund des massiven Unterdrucks durch ein gut sichtbares Raster von kleinen Stützen voneinander getrennt, damit sich die Scheiben nicht konkav durchbiegen und aufeinandertreffen. Heute sind diese bei einzelnen Herstellern auch auf geringe Entfernung kaum noch sichtbar. Das Vakuumglas „Fineo“ von AGC Glass Europe zum Beispiel verwendet Micropillars, die filigraner sind als winzige Nadelspitzen, um die nur 0,1 mm schmale Vakuumkammer zu stützen. Zur Erzeugung des „luftleeren“ Raumes sind bei herkömmlichen Produkten Evakuierungsöffnungen notwendig – ein kleines, aber sichtbares Absaug-Ventil in einer der unteren Ecken der raumseitigen Scheibe.
Vakuum dauerhaft versiegeln
Die Passgenauigkeit wird geprüft, anschließend ein schnell aushärtender Reparaturkitt eingebracht und die Verglasung eingesetzt
Foto: Fineo
Die modernste Technologie bietet derzeit wahrscheinlich auch hier „Fineo“ aus dem Hause AGC. Bei „Fineo“ werden die Scheiben im Produktionsprozess in einem nur wenige Millimeter breiten Randverbund keramisch aufeinander geschmolzen, um das Vakuum dauerhaft zu versiegeln. Evakuierungsöffnungen oder herkömmliche Dichtungen entfallen. Lebensdauertests haben ergeben, dass die Dämmleistung von „Fineo“ mindestens 60 Jahre lang konstant bleibt, solange das Glas nicht zerbrochen wird.
Einige Hersteller bieten ihre Produkte in Kombination mit historisierenden Gläsern an, so dass für Gebäude unterschiedlicher Baujahre auch eine passende Optik und Haptik verfügbar ist – beispielhaft sind die „Fineo“-Heritage-Variationen. Besitzer von Gebäuden mit einem Baujahr nach 1960 bevorzugen zur energetischen Sanierung Verglasungen, die den heutigen ästhetisch gleichen – in denen also normale, wenn auch dünne Floatgläser verarbeitet werden. Für Gebäude aus den 1920er bis 1960er Jahren sind Gläser mit sanften Oberflächenstrukturen beliebt, für Baudenkmäler aus der Ära vor 1920 mit noch ausgeprägteren Strukturen.
Nicht nur gut gedämmt: Weitere technische Vorteile
Konvektionsverluste bei horizontalem oder schrägem Einbau treten bei monolithischem Vakuumglas nicht auf. Die Dämmleistung ist, anders als bei normalen Isolierverglasungen, auf jeder Position des Glases gleich. Vakuumglas für die historische Sanierung ist auch in besonders kleinen Abmessungen bis 20 x 20 cm verfügbar – für die Neuverglasung von Sprossenfenstern ideal. Auch Freiformen, zum Beispiel für Segmentbogengläser, stellen keine Hürde dar, so dass potenziell jedes historische Glas getauscht werden kann. Vom dünnen Aufbau ohne herkömmlichen Scheibenzwischenraum und Füllgasen profitiert im Übrigen die Tageslichttransmission, die bei „Fineo“, verglichen mit einem durchschnittlichen Dreifach-Wärmedämmglas mit zwei Low-E-Beschichtungen, um bis zu 20 Prozent höher ausfällt. Das spart in den Morgenstunden und in der Dämmerung Energie für das Zuschalten elektrischen Lichts. Das bewertete Schalldämmmaß verbessert sich bei „Fineo“ um 3 Dezibel (RW + Ctr nach EN 12 758) und minimiert insbesondere das Durchdringen niederfrequenten Verkehrslärms.
Glastausch in der Praxis
Die Fräse stellt automatisch die perfekte Glasfalz her, die Ecken werden nachgestochen
Foto: Fineo
Der Austausch von Einfachverglasungen gegen monolithische Vakuumgläser ist in der Regel unkompliziert: Bei einem ersten Termin werden die alten Fenster eingehend begutachtet, vor allem dahingehend, wie gut die Rahmen und Profile erhalten sind und ob sie genügend Falztiefe bieten: Weil Vakuumglas extrem gut dämmt, verschiebt sich der Taupunkt vom Glas in das Profil, so dass am Übergang, rein rechnerisch, vermehrt Kondensat auftreten müsste.
Anschließend erfolgt das Aufmaß und die Produktion maßgeschneiderter Vakuumgläser. Beim nächsten Vor-Ort-Termin kann bereits der Glastausch erfolgen. Bei Holzfenstern wird der Fensterflügel ausgebaut und die alten Scheiben werden ausgeglast. Anschließend wird der Kittfalz im Holzprofil von alten Vorlegebändern, Dichtungen und Glasdreiecken gesäubert. Der erforderliche Einstand wird, wenn nötig, etwas tiefer ausgefräst. Dies wird jedoch nicht bei jedem denkmalgeschützten Gebäude durchgeführt – im Zweifel ist immer die Prüfung durch Restaurationsspezialisten ratsam. Je mehr Falztiefe, desto besser ist das thermische Randverhalten am Übergang der Scheibe zum Profil.
Ecken mit Stemmeisen nacharbeiten
Die Kittfalz wird händisch grob gesäubert
Foto: Fineo
Weil Fräsköpfe rund sind, werden anschließend die Ecken mit dem Stemmeisen von Hand nachgestochen und der Rahmen noch einmal sauber überschliffen. Im nächsten Schritt wird die monolithische Vakuumverglasung sauber ins neue Kitt-Bett eingesetzt, die Scheibe wird verklotzt und mit einem schnell aushärtenden Montagekitt fixiert. Eventuell sind noch Dichtungen einzufräsen und die Beschläge zu überarbeiten. Die Dichtungsnut sollte gegebenenfalls mit Farbe geschützt werden, der Kit voll aushärten. Anschließend werden die Fensterflügel wieder eingehängt und das Fenster ist energetisch saniert.
Bei historischen Kastenfenstern wird als Dichtungs- und Dämmebene lediglich die innere Scheibe gegen das Vakuumglas getauscht, die außenliegende Scheibe bleibt bestehen. Der Glastausch ist besonders nachhaltig, vermeidet Schmutz und Folgearbeiten an der Fassade (oft auch ein Kostenvorteil) und kann in allen herkömmlichen Fensterprofilen vorgenommen werden.
Hybridlösungen oder herkömmliche Isoliergläser
Bei Gebäuden mit Fenstern ab den späten 1980er-Jahren findet sich häufig bereits eine Mehrscheiben-Isolierverglasung, wenn auch mittlerweile energetisch und technisch veraltet. Auch hier entscheidet vor allem der Zustand der Rahmen und Profile über das geeignete Vorgehen bei der energetischen Sanierung. Sind zum Beispiel Kunststoff- oder Mischprofile verbaut und sind diese bereits defekt oder nur schwer aufzuarbeiten, ist ein Austausch des gesamten Bauteils zu empfehlen. Sind sie jedoch gut erhalten, bietet sich erneut der Glastausch statt Isolierverglasungen an oder die High-End-Lösung statt Hybrid-Produkte: Durch die Kombination einer Vakuumglas-Unit mit einer beschichteten Gegenscheibe und einem Edelgas-Zwischenraum könnten Ug-Werte von unter 0,5 W/m²K erreicht werden.
Ein Beispiel bildet „Fineo Hybrid“, das schon jetzt 0,45 W/m2K erzielt – bei einer maßgeschneiderten Dicke ab 22 mm. Das Ende der Fahnenstange ist jedoch noch nicht erreicht. So würde beispielsweise jede Erhöhung des Abstandes der Micropillars (weniger Wärmebrücken, höhere Dämmung) den Wärmedurchgang weiter verringern, so dass künftig unter 0,4 W/m2K erreicht werden dürften. Durch die Kombination einer normalen außenliegenden Scheibe und einer inneren Vakuumscheibe im Isolierglasaufbau verbessert sich auch der Schallschutz (bei Fineo Acoustic erreicht der
Rw-Wert bis zu 42 dB). Wie die monolithische Variante kommt das Hybridglas ohne Evakuierungsöffnung aus, darum ist es wartungsfrei.
Von der Nische zum Massenmarkt?
„Fineo“ produziert als erster Hersteller in Europa räumlich günstig gelegen in Belgien, so dass naheliegende Märkte in den Beneluxstaaten und Mitteleuropa von schnelleren Lieferzeiten profitieren. Damit die Integration von Vakuumglas künftig auch im Neubau praxisüblich wird, überarbeiten zahlreiche Hersteller von Profil- und Rahmensystemen bereits ihre Programme – das geringe Gewicht und der schmale Querschnitt der Verglasungen machen materialsparende Fenster und Fassaden möglich.
AutorMarc Everling hat sich auf die PR-Beratung von baustoffproduzierenden Unternehmen, Initiativen, Verbänden und Architekten spezialisiert, die im Sinne der ökologischen Transformation der Bauwirtschaft produzieren. Er arbeitet in Braunschweig.