Fenstersanierung durch Glastausch
Der Austausch der Verglasung kann eine interessante Alternative zum Fenstertausch sein, wenn Fensterrahmen und Beschläge intakt und ausreichend tragfähig für das neue Isolierglas sind. Zudem muss die Verglasung nach den Regeln der Technik möglich und der Uf-Wert des Rahmens akzeptabel sein.
Zu den eingangs genannten Voraussetzungen für einen Austausch der Verglasung kommt noch eine Luftdurchlässigkeit des Fensters mindestens der Klasse 2 nach EN 12207. Außerdem müssen die Anforderungen der EnEV erfüllt werden können.
Sanierungspotenziale im Bestand
Nach Untersuchungen der Deutschen Energieagentur (dena) lässt sich der Energieverbrauch von Bestandbauten um bis zu 85 Prozent reduzieren. Dies gilt in besonderem Maße für den Austausch energetisch veralteter Fenster und Verglasungen. Vereinfacht gerechnet können jährlich rund 1,2 l Heizöl pro m² und pro U-Wert Verbesserung von 0,1 W/m²K eingespart werden, also bis zu 720 l bei einem Haus mit 30 m² Fensterfläche und Fenstern mit Uw von 1,0 anstatt 3,0 W/ m²K.
Neben dem U-Wert als bekannte Kenngröße für den Wärmeverlust muss vor allem die Gesamt-Energiedurchlässigkeit (g-Wert) des Glases nach DIN EN 410 beachtet werden. Diese gibt an, wie hoch der Anteil der Sonnenstrahlung ist, der durch die Verglasung in den Raum gelangt und als passive Solargewinne genutzt werden kann. Mit neuen Isoliergläsern werden auch die unangenehmen kalten Oberflächen alter Verglasungen vermieden. Eine zu niedrige raumseitige Glasoberflächentemperatur im Vergleich zur Wandtemperatur empfinden Bewohner nämlich als unbehaglich (Strahlungsasymmetrie). Oft kann nach dem Glas- beziehungsweise Fenstertausch die Raumtemperatur um 2 bis 3 °C gesenkt werden, so dass sich pro Grad der Energieverbrauch um etwa 6 Prozent reduzieren lässt. Hoch wärmedämmende Isoliergläser können so auch die Bildung von Kondensat am Glasrand und auf der Scheibenfläche reduzieren. Dies gilt umso mehr beim Einsatz von so genannten „Warm-Edge-Systemen“, die einen verbesserten Wärmeschutz am Glasrand haben. Bei der Suche nach der idealen kosten- und energieeffizienten Fenstermodernisierung wird von Bauherren oft die Frage gestellt, ob der Austausch der Verglasungen sinnvoll ist oder besser das gesamte Fenster ausgetauscht werden soll. Als erster Schritt sollte dann der U-Wert des Glases Ug abgeschätzt werden, um das energetische Verbesserungspotenzial zu bestimmen. Danach muss die Eignung des Fensterrahmens, der Beschläge und des Baukörperanschlusses geprüft werden, um die Wirtschaftlichkeit eines Verglasungsaustauschs realistisch bewerten zu können.
Abschätzung Ug-Wert Bestand
Ein Austausch alter Einfach-Verglasungen ist immer sinnvoll. Einfachglas lässt sich optisch sehr einfach an der monolithischen Scheibe erkennen. Hierbei kann es sich um Floatglas, aber auch um Sicherheitsgläser (Einscheiben/Verbund-Sicherheitsglas, Drahtglas) handeln. Einfachglas hat einen sehr hohen Ug-Wert von 5,8 W/m²K. Aufgrund der hohen Energieverluste und unbehaglich niedrigen Oberflächentemperaturen lohnt sich deshalb ein Glasaustausch hier in jedem Fall.
Bei vorhandenen Isoliergläsern muss zwischen beschichteten und unbeschichteten Isoliergläsern unterschieden werden. Die heute übliche Wärmeschutzbeschichtung auf Silberbasis macht sich durch einen deutlich niedrigeren Ug-Wert bemerkbar. Unbeschichtete Isoliergläser ohne Gasfüllung wurden noch bis zur zweiten Novellierung der Wärmeschutzverordnung 1995 (WSchVo) eingesetzt und haben einen U-Wert von etwa 2,7 W/m²K. Wenn keine Lieferunterlagen, Produktnamen oder eine Stempelung auf dem Abstandhalter im Scheibenzwischenraum vorhanden sind, die Aufschluss über den Ug-Wert geben, kann man den U-Wert der Verglasung über das Einbaujahr oder mit dem „Flammentest“ abschätzen, bei dem die beschichtete Glasscheibe in Reflektion durch eine andere Flammenfärbung erkannt werden kann. Eine Aussage zu den Eigenschaften der Beschichtung ist jedoch nicht möglich. Vorsicht ist dennoch geboten, da bei einigen Beschichtungen (zum Beispiel bei einer pyrolytischen Beschichtung) keine Verfärbung der Flamme auftritt. Der Fachmann vor Ort kann jedoch mit weiteren Hilfsmitteln den U-Wert der Verglasung abschätzen.
Kriterien für den Glastausch
Auch beim Glastausch müssen Fragen der Bauphysik, Wärmebrücken und Kondensatbildung geklärt werden. Wird das Einfachglas durch ein Isolierglas mit besserem U-Wert ersetzt, ist die Glasfläche eventuell nicht mehr die kälteste Fläche des Raumes – der Tauwasserausfall kann nun an anderen Flächen der Außenwand auftreten und Bauschäden verursachen. Es empfiehlt sich deshalb einen Fachplaner hinzuzuziehen, der geeignete Vorschläge für eine Gesamtsanierung erstellen kann. Aus energetischer Sicht ist der Austausch gegen ein Dreifach-Isolierglas (Ug-Wert 0,7 W/m²K) und einem g-Wert von etwa 60 Prozent am sinnvollsten. Dies erfordert jedoch eine geeignete Fensterkonstruktion, die in der Lage ist, ein Dreifach-Isolierglas mit einer Einbaudicke von mindestens 36 mm aufzunehmen. Außerdem müssen die alten Beschläge das höhere Glasgewicht dauerhaft aushalten können.
Aber auch mit dem Austausch gegen moderne Zweifachisoliergläser (Ug-Wert 1,1 W/m²K) können erhebliche Verbesserungen erreicht werden. Der Ersatz von Mehrscheiben-Isoliergläsern (Ug von 1,7 – 1,3 W/m²K) ist nur dann sinnvoll, wenn andere Gesichtspunkte wie das Alter der Verglasung, Farbneutralität oder veränderte Nutzungsanforderungen eine Rolle spielen (zum Beispiel Sicherheit oder Schallschutz). Bei der Beurteilung der Energieeinsparung sollte immer auch der g-Wert der Verglasung berücksichtigt werden, da passive Solargewinne durch optimierte g-Werte der Verglasung den Energieverbrauch spürbar senken können.
Anforderungen der EnEV 2009
Die EnEV 2009, die am 1. Oktober vergangenen Jahres in Kraft getreten ist, fordert auch für den Glastausch einen deutlich verschärften Höchstwert. Für die Isolierverglasung wurde der Wert gegenüber der EnEV 2007 von 1,50 auf 1,10 W/m²K heruntergesetzt, für das gesamte Fenster von 1,70 auf 1,30 W/m²K. Falls das Fenster eine Verglasung mit einem Ug-Wert von 1,10 W/m²K aus technischen Gründen nicht aufnehmen kann, so ist es nach Anlage 3, Abschnitt 2 der EnEV 2009 ebenfalls möglich, eine Verglasung mit einem Wärmedurchgangskoeffizienten von 1,30 W/m²K einzusetzen. Die Anforderungen der EnEV nach Abschnitt 3 müssen immer dann eingehalten werden, wenn die Fläche der geänderten Bauteile, also hier der Verglasung, mehr als 10 Prozent der jeweiligen Bauteilfläche des Gebäudes betreffen. Die einfache Reparaturverglasung fällt also nicht unter die EnEV. Handwerker sollten darüber hinaus auch die Regelungen der EnEV für Sonderverglasungen der Tabelle 3 in Anlage 3 beachten.
Fenstertausch
Neben energetischen und funktionalen Gründen sind es vor allem gestalterische Motive, die für einen Austausch des gesamten Fensters sprechen. Mit neuen Fenstern sind andere Abmessungen, Formen und Materialien realisierbar, während sich mit raumhohen Fenstern die Ausleuchtung der Innenräume mit Tageslicht erheblich verbessern lässt.
Beim Austausch der Fenster können auch Schwachstellen des Baukörperanschlusses behoben werden, beispielsweise Wärmebrücken oder undichte Abdichtungen, so dass das Gesamtsystem „Fenster-Fassade“ deutlich verbessert wird.
Die Fenstererneuerung im Bestand bedeutet allerdings einen erheblichen Eingriff in die Fassadengestaltung und das vorhandene bauphysikalische Gleichgewicht des Gebäudes. Beispielsweise ergibt sich ein reduzierter nutzerunabhängiger Luftwechsel aufgrund dichterer Fensterkonstruktion und Einbaufugen oder es sind zusätzliche Sonnenschutzanlagen notwendig, wenn die Fensterfläche vergrößert wird. Deshalb ist eine sorgfältige Planung und Bauaufnahme durch einen Architekten, Gebäudeenergieberater oder den Fensterhersteller beziehungsweise -lieferanten notwendig. Auch die Montage ist komplexer und aufwendiger als beim Tausch der Verglasung und sollte durch qualifizierte Handwerksbetriebe ausgeführt werden. Dabei kann der vom ift Rosenheim erarbeitete „Leitfaden zur Planung und Ausführung der Montage von Fenstern und Haustüren“ mit vielen Checklisten, Zeichnungen und Erläuterungen eine wertvolle Hilfe leisten.