Warum Baustaub für Handwerker gefährlich ist
Kaum eine Baustelle ist staubfrei. In der Regel entsteht mineralischer Mischstaub aus Sand, Kalk, Gips, Zement oder Beton. Besonders gefährlich ist Quarzfeinstaub. Handwerker können sich aber durch geeignete Maßnahmen effektiv schützen.
Baustäube bestehen aus einem Gemisch aus Luft, Partikeln und gegebenenfalls auch Fasern. Diese werden bei mechanischer Bearbeitung von Oberflächen verschiedenster Materialien freigesetzt. Das kann durch Bohren, Stemmen, Schleifen oder Fräsen erfolgen. Die Bestandteile des Staubgemisches unterscheiden sich je nach Teilchengröße, -form, biologisch-toxischen und physikalischen Eigenschaften.
Unterteilt werden die Stäube in drei Kategorien:
einatembare Stäube (E-Stäube): Mit einer Partikelgröße ≤ 100 µm (Mikrometer) können diese Stäube über Nase und Mund eingeatmet werden. Üblicherweise sind diese Stäube gut sichtbar.
alveolengängige Stäube (A-Stäube): Mit einer Partikelgröße ≤ 5 µm (Mikrometer) können diese Stäube bis in die Lungenbläschen, den so genannten Alveolen, vordringen. In der Regel entstehen diese Stäube durch mechanische Bearbeitung.
ultrafeine Stäube (U-Staub): Mit einer Partikelgröße ≤ 100 nm (Nanometer) werden sie auch als Nanopartikel bezeichnet. Ultrafeine Staubteilchen sind zum Beispiel enthalten in Schweißrauchen, Polymerrauchen, technischen Rußen oder Dieselmotoremissionen; aber auch bei Nanotechnologie, die unter anderem bei Lacken, Beschichtungen und Anstrichen zum Einsatz kommen.
Krebsrisiko durch Quarzfeinstaub
Bei Umbauarbeiten eines Badezimmers, mit Rückbau von nichttragenden Wänden ohne geeignete Maßnahmen, werden die Arbeitsplatzgrenzwerte für E- und A-Stäube überschritten
Foto: deconta
Bei den überwiegenden Baustäuben handelt es sich um mineralische Stäube. Sie entstehen insbesondere bei der Gewinnung, Be- oder Verarbeitung natürlich vorkommender Mineralien und Gesteine (zum Beispiel Granit, Basalt, Diabas, Kalkstein). Eine chronisch schädigende Wirkung kann Quarzfeinstaub entfalten. Quarzfeinstaub ist lungengängig (alveolengängig). Er ist die so genannte A-Staubfraktion des kristallinen Siliziumdioxids (SiO2). Beispiele für besonders quarzhaltige Gesteine sind Sandstein mit < 50 Massen-%, Granit mit 10 - 35 Massen-%, Kalkstein mit bis zu 10 Massen-%, Ton mit 30 - 40 Massen-% und Porzellanmasse mit 8 - 12 Massen-%.
Eine dauerhafte hohe Belastung quarzhaltiger Baustäube kann über einen längeren Zeitraum Erkrankungen wie chronische Bronchitis, Staublungenkrankheiten (Silikose, Asbestose) oder Lungenkrebs hervorrufen. Mit Inkrafttreten der Gefahrstoffverordnung von 2005 wurde ein Grenzwertkonzept eingeführt, das auf Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW) für acht-stündige Arbeitsschichten beruht.
Die geltenden AGW sind in der technischen Regel für Gefahrstoffe 900 (kurz TRGS 900) zusammengestellt. Es erfolgte eine Begrenzung der zulässigen Aufnahmedosis für A-Stäube auf 1,25 mg/m³ und für E-Stäube auf 10 mg/m³ (s.h. Abs. 2.4, TRGS 900). Für die U-Stäube liegen noch keine Grenzwerte vor, da noch fundierte medizinische Erkenntnisse fehlen.
Für ausreichende Lüftung sorgen
Die Staubschutztür „Smart Door+“ mit Rohrschleuse von deconta: Zum Ausschleusen von Materialien ist ein Verlassen des Arbeitsbereiches nicht mehr nötig. Gleichzeitig wird über das Unterdruckhaltegerät eine gerichtete Luftführung im Arbeitsbereich hergestellt und die Abluft gefiltert
Foto: deconta
Durch Maschinen mit Absaugungstechnik, Nassbearbeitung und geringe Umfüllhöhen beim Leeren von Sackware wird die Staubentstehung deutlich verringert. Nach Möglichkeit sollte die Verwendung von staubenden Materialien reduziert oder durch nicht staubende ersetzet werden. Generell sollten Handwerker in abgeschotteten Bereichen arbeiten.
In den Arbeitsräumen muss für ausreichende Lüftung beziehungsweise technische Lüftung gesorgt werden. Abfälle sollten möglichst sofort staubfrei entsorgt werden. Hier kommen Industriestaubsauger zum Einsatz. Vorsicht: Keine Besen verwenden! Durch das Fegen werden die Stäube erneut aufgewirbelt und können bis zu acht Stunden in der Raumluft schweben bis sie sich wieder auf Oberflächen legen.
Persönliche Schutzausrüstungen
Lassen sich aus arbeitstechnischen Gründen diese genannten Maßnahmen zur Staubreduktion nicht realisieren, müssen persönliche Schutzausrüstungen gemäß Anlage 3 der technischen Regel für Gefahrstoffe 559 „Quarzhaltiger Staub“ (kurz: TRGS 559) benutzt werden. In der Regel sind Halbmasken mit Partikelfilter der Kategorie P2 oder filtrierende Halbmasken FFP2 ausreichend.
Ein gebläseunterstütztes Filtergerät mit Helm kann aufgrund der Gefährdungsbeurteilung notwendig werden. Insbesondere dann, wenn eine Baustaubkombination mit Gefahrstoffen auftaucht
Foto: Michaela Podschun
Liegen jedoch Kombinationen von quarzhaltigen Stäuben mit anderen Gefahrstoffen vor – PCB-haltige Anstriche/Lacke, asbesthaltige Putz-/ Spachtelmassen und Fliesenkleber, Blei- und/oder Chrom-VI-haltige Korrosionsbeschichtungen – werden weitere, zum Teil deutlich umfangreichere Schutzmaßnahmen, und sogar besondere Sach- und Fachkenntnisse des Personals erforderlich. Bei wasserlöslichen Substanzen muss auch eine geeignete Wasserfiltrierung geplant werden. Ergänzende technische Regeln für zusätzlich vorhandene Gefahrstoffe können dann die TRGS 519 (Asbest), TRGS 521 (alte künstliche Mineralfasern), TRGS 524 (PCB), TRGS 551 (Teer, PAK) und TRGS 559 (Blei) sein.
Gefährdungsbeurteilung und Gefahrstofffreiheit
Vor der Aufnahme der Tätigkeiten ist daher unbedingt eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen und vom Fachunternehmen ein Nachweis über die Gefahrstoffreiheit beim Veranlasser einzufordern. Denn gemäß Arbeitsschutzgesetz und der Berufsgenossenschaftlichen DGUV-Vorschrift 1 ist der Arbeitgeber verpflichtet, für Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu sorgen. Das wichtigste Instrument ist die Gefährdungsbeurteilung. Diese kann vom Arbeitgeber selbst oder von fachkundigen Personen durchgeführt werden. Die rechtliche Verantwortung für die Beurteilung bleibt aber in jedem Fall beim Arbeitgeber. Er ist auch verpflichtet, die Durchführung zu kontrollieren. Bezüglich der bescheinigten Gefahrstofffreiheit ist der Veranlasser von Tätigkeiten angesprochen; das kann der Bauherr, ein Investor, ein Architekt oder auch der private Eigentümer sein, je nachdem, wer die Aufnahme der Arbeiten veranlasst. Es ist also im Sinne des Handwerks, eine Bescheinigung oder einen Nachweis über Gefahrstofffreiheit im Arbeitsbereich einzufordern, damit eine korrekte Beurteilung der Gefährdungen am Arbeitsplatz durchgeführt werden kann. Ist diese nicht vorhanden, muss ein Schadstoffgutachter eingebunden werden.
„Schutzpaket für das Bauen im Bestand“
Persönliche und technische Schutzmaßnahmen sind für Handwerker also unumgänglich. Die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau) bezuschusst den Einsatz verschiedenster Maßnahmen. Es gibt Fördermöglichkeiten zu zahlreichen staubmindernden Techniken, wie etwa Abbruchhammer und andere Handgeräte mit Absaugung, Entstauber, Luftreiniger, Staubschutztüren und 1-Kammer-Schleusen.
Für einen umfangreichen Schutz ist das „Schutzpaket für das Bauen im Bestand“ interessant. Hier gilt, dass pro Antrag 50 Prozent der Anschaffungskosten bis maximal 5000 Euro beitragsunabhängig gefördert werden. Das BG-Bau-Förderpaket beinhaltet:
Handmaschinen mit Absaugung
Bau-Entstauber der Staubklasse H
Luftreiniger oder Unterdruckhaltegeräte der Staubklasse H
Staubschutztür in faltbarer Ausführung
1-Kammer-Personenschleuse
50 Einweganzüge „Kat III Typ 5/6“
10 Halbmasken mit P3-Filter
Außer diesen Bestandteilen des BG-Förderpakets sind „Grundkenntnisse Asbest“ von mindestens 50 Prozent der Beschäftigten des antragstellenden Unternehmens nachzuweisen. Erfolgen kann dies online über die e-Learning-Anwendung der BG Bau oder über bereits vorhandene Sachkundenachweise nach TRGS 519.
Autor
Dipl.- Ing. (FH) Florian L. Tiemann ist Technischer Berater Gebäudeschadstoffe und Feinstäube bei der deconta GmbH in Isselburg.
1. Fachkongress Bauen im Bestand 2023
Am 7. und 8. November 2023 veranstaltet der Bauverlag gemeinsam mit seinen Marken bauhandwerk, dach+holzbau,THIS, metallbau und Facility Management in Kooperation mit der BG Bau im Landschaftspark Duisburg-Nord den 1. Fachkongress Bauen im Bestand 2023. Ziel ist es, allen Verantwortlichen und Beteiligten – Planern, SiGeKos, Bauleitern, Bauausführenden, Handwerkern, Facility Managern, Wohnungsbaugesellschaften – Lösungen zur Staub- und Gefahrstoffvermeidung bei Umbau- und Sanierungsarbeiten aufzuzeigen.
Der Fachkongress gibt Anregungen zu Kontroll- und Unterweisungspflichten, informiert über den aktuellen Stand der Technik bei staub- und asbestreduzierenden Arbeitsverfahren, Arbeitsmitteln und Materialien sowie über umfassende technische und persönliche Schutzmaßnahmen.
Der Kongress findet im Landschaftspark Duisburg-Nord statt, einem ehemaligen Stahlwerk, das heute als Event- und Veranstaltungslocation genutzt.
Jetzt anmelden: https://bauverlag-events.de/event/fachkongress-bauen-im-bestand